Entscheidungsstichwort (Thema)
Berechnung der Höhe einer Betriebsrenten für DRK Schwestern. Anwendung der Vorschriften des BetrAVG für vom Arbeitnehmerstatus unabhängig beschäftigten DRK-Schwestern
Leitsatz (amtlich)
1. Auf DRK-Schwestern finden die Bestimmungen der §§ 1 - 16 BetrAVG gemäß § 17 Abs. 1 S. 2 BetrAVG unabhängig davon Anwendung, ob sie als Arbeitnehmer zu qualifizieren sind.
2. Die Verweisung in § 17 Abs. 1 S. 2 BetrAVG umfasst entgegen des missverständlichen Gesetzeswortlauts auch § 19 Abs. 3 und § 30f Abs. 1 BetrAVG.
3. Eine Berechnung der Betriebsrente in entsprechender Anwendung des § 55 BeamtVG führt nicht zu einer Verdrängung des § 2a BetrAVG.
4. Es verstößt nicht gegen § 5 Abs. 1 BetrAVG, wenn im Rahmen einer Gesamtversorgung eine Betriebsrente gemäß Tariferhöhungen angepasst und anschließend bei Erhöhungen der anzurechnenden Sozialversicherungsrente entsprechend gekürzt wird, solange die Ausgangsrente hierdurch nicht unterschritten wird.
Normenkette
BetrAVG § 1b Abs. 1 S. 1, §§ 2, 2a Abs. 1, § 5 Abs. 1; BetrAVG § 17 Abs. 1 S. 2; BetrAVG § 19 Abs. 3, § 30f Abs. 1 S. 1 Nr. 1, Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Essen (Entscheidung vom 08.11.2022; Aktenzeichen 3 Ca 673/22) |
Tenor
I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Essen vom 08.11.2022 - AZ: 3 Ca 673/22 - teilweise abgeändert.
- Der Beklagte wird verurteilt, der Klägerin für die Zeit vom 01.06.2020 bis zum 30.04.2022 weiteres Ruhegehalt in Höhe von insgesamt 1.098,56 € brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 1.053,74 € seit dem 22.04.2022 und aus weiteren 44,82 € seit dem 02.05.2022 zu zahlen.
- Der Beklagte wird verurteilt, der Klägerin für die Zeit von Mai 2022 bis Oktober 2023 ein weiteres Ruhegehalt in Höhe von insgesamt 1.218,55 € brutto zu zahlen.
- Der Beklagte wird verurteilt, der Klägerin ab dem Monat November 2023 ein monatliches Ruhegehalt in Höhe von 258,88 € brutto zu zahlen, jeweils fällig zum 1. des Folgemonats, beginnend mit dem 01.12.2023.
II. Die weitergehende Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.
III. Die Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin zu 68% und der Beklagte zu 32% zu zahlen.
IV. Die Revision wird für beide Parteien zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Höhe der vom Beklagten zu zahlenden Betriebsrente.
Die am 21.09.1956 geborene Klägerin war in der Zeit vom 01.04.1977 bis zum 30.11.1998 für den beklagten Verein - einer sog. F. - als dessen Mitglied tätig. Zum Zeitpunkt ihres Ausscheidens war die Klägerin in die Vergütungsgruppe BAT KR XI Stufe 9 eingruppiert. Im Monat November 1998 erhielt sie ein Grundgehalt in Höhe DM 5.138,04 zuzüglich eines Ortszuschlags in Höhe von 873,48 und einer tarifvertraglichen Zulage in Höhe von DM 199,27.
Vom 01.12.1998 bis zum 30.09.2008 war sie für den F. Krefeld e.V. tätig.
Der Beklagte stellte Krankenhäusern auf der Grundlage von Gestellungsverträgen Schwestern zur Verfügung. In dem von dem Beklagten mit der Stadt Essen geschlossenen Gestellungsvertrag von 1949 wurde u.a. Folgendes geregelt:
"§ 6
...
c) Pensionsbezüge nach folgender Maßgabe:
1. Die Schwester hat Anspruch auf Ruheversorgung:
a) nach vollendetem 65. Lebensjahr,
b) ...
c) nach vollendetem 63. Lebensjahr ohne dauernde Dienstunfähigkeit, wenn sie selbst die Zurruhesetzung beantragt. Die vorzeitige Zurruhesetzung wird von der Zustimmung der Krankenanstalten abhängig gemacht.
2. ...
3. Das Ruhegeld beträgt nach zehnjähriger ununterbrochener Dienstzeit 35/100 und steigt mit jedem weitern zurückgelegten Dienstjahre bis zum vollendeten 25. Dienstjahr um 2/100 und von da ab um 1/100 bis zum Höchstbetrag von 80/100 des ruhegeldfähigen Einkommens der Schwester. Vom 65. Lebensjahr ab beträgt das Ruhegeld höchstens 75/100 des ruhegehaltsfähigen Einkommens. ...
4. Bei Berechnung der ruhegehaltsfähigen Dienstzeit wird die im Dienste der Z. an anderer Stelle geleistete Tätigkeit in vollem Umfange berücksichtigt.
5. Die Ruhegehaltsbezüge werden nur an die K. direkt, nicht an die pensionierten Schwestern gezahlt.
..."
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf Bl. 9f. d.A. Bezug genommen.
In dem Gestellungsvertrag mit dem Land NRW von 1986 wurde in § 11 Folgendes geregelt:
"(1) Für die bis zum 31.03.1980 der K. angehörigen T., die eine Versorgungszusage bzw. einen Pensionsanspruch gegenüber der K. haben (§ 6 des Gestellungsvertrages vom 4.6.1949), zahlt das Land der K. die zur Erfüllung der Ruhegelansprüche erforderlichen Beträge weiter.
(Hierzu Protokollnotiz)
Für die ab 1.4.1980 der K. beigetretenen T. gilt bereits die Regelung des § 6 Abs. 6 Satz 2.
(2) Die Ruhegelder der Schwestern werden in analoger Anwendung der beamtenrechtlichen Vorschriften errechnet. § 55 Beamtenversorgungsgesetz findet Anwendung.
Protokollnotiz zu § 11
Gem. § 9 des Vertrages über die Übertragung der J. auf das Land Nordrhein-Westfalen ist das Land NW in die Rechte und Pflichten der Stadt Essen gegenüber der F. eingetreten, ..."
Die bei Beginn der Mitgliedschaft der Klägerin gültige Schwestern-Ordnun...