Entscheidungsstichwort (Thema)

Sonderzahlung aufgrund Eintritts in den Ruhestand

 

Leitsatz (amtlich)

1. Eine aus Anlass des Eintritts in den Ruhestand gewährleistete Sonderzahlung, die als „Treuegeld” bezeichnet wird und deren Höhe sich nach der Anzahl der bei Eintritt in den Ruhestand zurückgelegten Dienstjahren richtet, hat den ausschließlichen Zweck, die von einem Arbeitnehmer in der Vergangenheit längstens bis zum Eintritt in den Ruhestand zurückgelegte Betriebszugehörigkeit zu vergüten.

2. Eine derartige Sonderzahlung kann, nachdem der Arbeitnehmer eine für ihre Höhe maßgebliche Zahl von Jahren der Betriebszugehörigkeit zurückgelegt hat, nicht gekürzt werden, wenn der Arbeitnehmer vor Erreichen des 65. Lebensjahres aus dem Arbeitsverhältnis scheidet.

 

Normenkette

BGB § 611 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Düsseldorf (Urteil vom 07.09.2010; Aktenzeichen 7 Ca 908/10)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 25.06.2013; Aktenzeichen 3 AZR 219/11)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 07.09.2010 – 7 Ca 908/10 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Höhe einer der Beklagten zustehenden Ruhestandszuwendung.

Die am 04.12.1946 geborene Klägerin war vom 01.10.1982 bis zum 31.10.2007, d. h. insgesamt 25 Jahre und 1 Monat, bei der Beklagten beschäftigt.

Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien fanden gemäß Ziff. 11 des im Schreiben der Beklagten vom 19.07.1982 formulierten Arbeitsvertrages die jeweils gültigen Tarifverträge für die Eisen-, Metall- und Elektroindustrie NRW Anwendung, d. h. auch der Einheitliche Manteltarifvertrag in der Metall- und Elektroindustrie Nordrhein-Westfalens vom 18.12.2003 (im Folgenden: EMTV).

Die Klägerin erhielt zuletzt eine monatliche Vergütung in Höhe von 5.244,– EUR brutto. Seit dem 01.11.2009 bezieht sie vorgezogene gesetzliche Altersrente.

Aus Anlass der damaligen Übernahme von Mitarbeitern der U. T. Technik GmbH, E. (U.), der S. Export GmbH, F. (S.) und der S. AG, Anlagentechnik, F. (S.) durch die Beklagte, war zur Harmonisierung der Arbeitsbedingungen dieser Mitarbeiter eine paritätische Kommission eingesetzt worden. Diese verfasste am 24.05.1977 ein „Schlussprotokoll", dessen Inhalt gemäß der Betriebsvereinbarung vom 01.07.1977 als Betriebsvereinbarung zwischen Geschäftsführung und Betriebsrat der Beklagten galt. Gemäß Ziff. 8 des „Schlussprotokolls” waren „Ruhestandszuwendungen bei Pensionseintritt” vorgesehen. Diese betrugen nach 10-, 20- bzw. 30-jähriger Betriebszugehörigkeit 1, 2 bzw. 3 Monatsverdienst(e).

In der von der Beklagten erlassenen „RICHTLINIE” vom 26.06.1985 betreffend „Ruhestandszuwendung für Belegschaftsmitglieder der U. Handelsunion AG” heißt es:

„Mit Wirkung vom 01. Juli 1985 wird die bisherige Regelung des sogenannten Treuegeldes bei Eintritt in den Ruhestand für Mitarbeiter der U. Handelsunion AG mit Anspruch auf Leistungen nach der Werkspensionsordnung wie folgt geändert:

1. Höhe der Ruhestandszuwendung

Die Ruhestandszuwendung beträgt

nach 15 vollendeten Dienstjahren das 1,5 fache eines Monatsbezuges nach 16 vollendeten Dienstjahren das 1,6 fache eines Monatsbezuges etc. nach 30 vollendeten Dienstjahren das 3,0 fache eines Monatsbezuges (max.)

Als Dienstjahre gelten anrechnungsfähige Dienstzeiten im Sinne des § 4 Ziffer 1 – 3 der Pensionsordnung vom 13.05.1985 mit der Maßgabe, dass nur vollständig zurückgelegte Dienstjahre zur Anrechnung gelangen. Als Monatsbezug gilt die arbeitsvertraglich zuletzt gezahlte Bruttomonatsvergütung. Mehrarbeitsvergütung, Urlaubsgeld, Weihnachtsgeld/Jahresabschlussvergütung, Jubiläumsgeld, Aufwandsentschädigung sowie sonstige einmalige Zuwendungen bleiben außer Betracht.

2. Anrechnung anderweitiger Leistungen

Die Ruhestandszuwendung wird den Mitarbeitern der U. Handelsunion AG bei Eintritt in den Ruhestand, d. h. mit Bezug einer Alters- oder unbefristeten Erwerbsunfähigkeitsrente gezahlt. Wird eine unbefristete Erwerbsunfähigkeitsrente rückwirkend zuerkannt für einen Zeitraum, in dem gleichzeitig Lohn- bzw. Gehaltszahlungen, z. B. wegen Arbeitsunfähigkeit, geleistet worden sind, werden die Lohn- bzw. Gehaltszahlungen ab Beginn der Rentenleistungen mit der Ruhestandszuwendung verrechnet.

3. Übergangsregelung

Mitarbeiter, die am 01. Juli 1985 mindestens 10 Dienstjahre im Sinne der Ziffer 1 dieser Richtlinie zurückgelegt haben und vor Vollendung von 15 Dienstjahren in den Ruhestand treten, erhalten die Ruhestandszuwendung nach der bisherigen Regelung (1 Monatsbezug).”

Nach dieser „RICHTLINIE” ergibt sich für die Klägerin aufgrund der Dauer ihrer Betriebszugehörigkeit sowie nach der zuletzt erhaltenen Bruttomonatsvergütung ein Betrag in Höhe von 13.110,– Euro brutto, entsprechend dem 2,5-fachen von 5.244,– Euro. Die Beklagte zahlte der Klägerin lediglich 12.173,74 Euro. Sie begründete die Kürzung der Ruhestandszuwendung im Wesentlichen mit der vorzeitigen Inanspruchnahme durch die Klägerin und lehnte die Zahlung des Differenzbetrages in Höhe von 936,26 Eu...

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