Entscheidungsstichwort (Thema)

Dienstordnungsangestellte. Schwerbehinderung. Versetzung in den Ruhestand. Zustimmung des Integrationsamtes

 

Leitsatz (amtlich)

Die Versetzung eines schwerbehinderten Dienstordnungsangestellten in den Ruhestand bedarf der vorherigen Zustimmung des Integrationsamtes in entsprechender Anwendung des § 92 SGB IX.

 

Normenkette

SGB IX § 92

 

Verfahrensgang

ArbG Düsseldorf (Urteil vom 10.05.2010; Aktenzeichen 2 Ca 7428/09)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 24.05.2012; Aktenzeichen 6 AZR 679/10)

 

Tenor

1) Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 10.05.2010 – 2 Ca 7428/09 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2) Die Revision wird für die Beklagte zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Frage, ob die von der Beklagten verfügte Versetzung des Klägers in den Ruhestand rechtswirksam ist.

Der am 12.01.1943 geborene verheiratete Kläger ist seit dem 28.07.1973 als Dienstordnungsangestellter bei der Beklagten bzw. ihrer Rechtsvorgängerin beschäftigt. Dem Anstellungsverhältnis der Parteien liegt ein Vertrag vom 18.09.1973 nebst Nachträgen (Bl. 41 ff. d. A.) zugrunde. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden die Regelungen der Dienstordnung der AOK Rheinland/Hamburg Anwendung. Der Kläger war zuletzt seit dem Jahre 2003 im Wege der Abordnung als Beitragsprüfer in dem Bereich Beiträge/Leistungen der Unternehmenssteuerung tätig. Seine Bruttomonatsvergütung betrug zuletzt 3.585,98 EUR.

Der Kläger ist schwerbehindert mit einem Grad der Behinderung von 90.

Er war seit dem 23.01.2008 durchgehend dienstunfähig erkrankt. Mit Schreiben vom 15.01.2009 hörte die Beklagte die Gesamtschwerbehindertenvertretung zur beabsichtigten amtsärztlichen Untersuchung des Klägers an. Einwände hiergegen wurden nicht erhoben.

Am 04.03.2009 führte der Amtsarzt eine ärztliche Untersuchung des Klägers durch, die er in einem Gutachten vom 09.04.2009 zusammenfasste. In diesem Gutachten (Bl. 11 ff. d. A.) heißt es unter anderem:

Nach dem zu erhebenden Befund erscheint es wahrscheinlich, dass die Dienstunfähigkeit in den kommenden drei Monaten beendet wird.

Aus hiesiger Sicht ist der Wunsch des Patienten, wieder im Bereich der Prüfung der Agenturen für Arbeit eingesetzt zu werden, zu unterstützen.

Für die Dauer eines Vierteljahres ist die Reduzierung der Arbeitszeit auf die Hälfte sinnvoll.

In der Folgezeit machte die Beklagte dem Kläger am 17.04.2009 einen Vorschlag zur Wiedereingliederung. Der Kläger antwortete mit Schreiben vom 20.04.2009 und meldete Bedenken gegen das Angebot der Beklagten an. Er wandte sich insbesondere gegen den Einsatz als Prüfer der RAG-Zahlstellen.

Die Beklagte unterließ es danach, einen Wiedereingliederungsversuch vorzunehmen. Unter dem 15.06.2009 kam es stattdessen zu einer erneuten amtsärztlichen Untersuchung. Im Gutachten der beauftragten Amtsärztin vom 19.06.2009 heißt es u. a.:

Zum Zeitpunkt der Voruntersuchung schien der Unterzeichnerin noch die Möglichkeit gegeben zu sein, dass in einem Gespräch zwischen den Patienten und der Dienststelle einen Weg der Wiedereingliederung gefunden wird. Zu diesem Gespräch war Herr C. aber offensichtlich nicht bereit oder vor dem Hintergrund seiner Persönlichkeitsstörung nicht imstande. Die Unterzeichnerin sieht nunmehr keine realisierbare Möglichkeit der beruflichen Wiedereingliederung, in diesem Sinne ist dauernde Dienstunfähigkeit festzustellen.

Herr C. ist subjektiv psychisch überfordert und aufgrund seiner Persönlichkeitsstruktur auch objektiv nicht imstande, zu einer konstruktiven Problembewältigung beizutragen.

Eine grundsätzliche Änderung der Persönlichkeitsstruktur ist auch mittelfristig nicht zu erwarten.

Im Übrigen wird wegen des weiteren Inhalts des Gutachtens auf Blatt 19 ff. der Akten verwiesen.

Mit Schreiben vom 10.08.2009 informierte die Beklagte die Schwerbehindertenvertretung von der beabsichtigten Versetzung des Klägers in den Ruhestand. Die Schwerbehindertenvertretung teilte der Beklagten mit Schreiben vom 10.08.2009 mit, dass es ihr schwerfalle, der Versetzung zuzustimmen, da nach ihrer Auffassung nicht alle Möglichkeiten der Weiterbeschäftigung aufgegriffen worden wären.

Mit Verfügung vom 21.09.2009 (Bl. 6 d. A.) teilte die Beklagte dem Kläger gleichwohl die Versetzung in den Ruhestand mit Ablauf des Monats September 2009 mit.

Mit seiner am 09.10.2009 beim Arbeitsgericht Düsseldorf anhängig gemachten Klage hat der Kläger die Rechtsunwirksamkeit der mit Schreiben vom 21.09.2009 erklärten Versetzung in den Ruhestand geltend gemacht.

Er hat dabei unter anderem die fehlende Zustimmung des Integrationsamtes gerügt und beantragt,

festzustellen, dass die von der Beklagten mit Schreiben vom 21.09.2009 erklärte Versetzung in den Ruhestand rechtsunwirksam ist.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat sich zur Begründung ihrer Entscheidung auf die amtsärztliche Untersuchung vom 15.06.2009 berufen und auf die im Gutachten vom 19.06.2009 bestätigte dauernde Dienstunfähigkeit des Klägers. Sie hat zudem die Au...

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