Entscheidungsstichwort (Thema)
Seniorität. Tarifliche Regelung zur Seniorität. Fluggesellschaft
Leitsatz (redaktionell)
Eine Tarifregelung kann rechtswirksam individuelle Ansprüche der Arbeitnehmer auf einen bestimmten Senioritätsrang in einer Senioritätsliste ausschließen.
Normenkette
TVG § 1; BGB § 611
Nachgehend
Tenor
1. Auf die Berufung der Beklagten wird dasUrteil des Arbeitsgerichts E. vom22.03.2002 – 1 Ca 6934/01 – teilweise abgeändert:
Die Klage wird insgesamt abgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
3. Streitwert: unverändert (5.000,00 EUR).
4. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über Ansprüche aus einer Tarifregelung zur Führung sogenannter Senioritätslisten.
Die Beklagte betreibt ein Luftfahrtunternehmen mit zirka 600 festangestellten Arbeitnehmern.
Die am 07.03.1968 geborene Klägerin, zur Zeit 34 Jahre alt, war dort zunächst befristet für den Zeitraum 12.02.1990 bis 31.10.1990 und erneut für den Zeitraum 01.03.1991 bis 30.11.1991 als Flugbegleiterin mit dem Dienstort E. beschäftigt. Ab dem 01.12.1991 ist sie fest angestellt. Ihre Vergütung betrug (als Teilzeitbeschäftigte) zuletzt zirka 4.600,00 DM brutto. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden vereinbarungsgemäß die bei der Beklagten geltenden (Haus-) Tarifverträge Anwendung, unter anderem der Tarifvertrag über die Auswahl bei Förderungen und Rückgruppierungen des Bordpersonals der I.-M. Fluggesellschaft (HF) vom 07.06.1993, gültig ab 01.04.1993. In § 3 dieses Tarifvertrags heißt es:
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Auswahllisten
Für die Auswahl bei Förderungen und Rückgruppierungen sind ausschließlich die folgenden Listen für
(1) Flugzeugführer (Kapitäne und Copiloten)
(2) Copiloten
(3) Flugbegleiter
entsprechend nachfolgenden Bestimmungen maßgebend.
…
Die Förderung und Rückgruppierung von Flugbegleitern erfolgt nach der Flugbegleiterliste gemäß Anlage 2.
- Arbeitnehmer, die beim Bordpersonal von HF neu eingestellt werden, werden entsprechend dem Datum der Eingliederung als Arbeitnehmer des Bordpersonals bei HF fortlaufend dem jeweiligen Ende ihrer Liste zugefügt. Haben mehrere neueingestellte Arbeitnehmer das gleiche Eingliederungsdatum, so ist für ihren Platz auf der jeweiligen Liste das höhere Lebensalter maßgebend. Ein Wechsel innerhalb der Gruppen im Sinne des Absatzes 1 gilt als Neueinstellung.
Bei der Wiedereinstellung eines Arbeitnehmers in die gleiche Gruppe gemäß Absatz 1 ist bei der Feststellung seines Listenplatzes so zu verfahren, als wäre der Arbeitnehmer nicht ausgeschieden.
Voraussetzung hierfür ist, dass zwischen Beendigung eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses und der Wiedereinstellung nicht mehr als ein Zeitraum von einem Jahr liegt und der Austritt nicht aus Gründen erfolgt ist, die der Arbeitnehmer zu vertreten hat.
Die Auswahllisten werden von HF fortgeführt, veröffentlicht und der Personalvertretung bis zum 01.12. eines jeden Jahres… zugeleitet.
Hat die Personalvertretung im Einzelfall gegen die Festsetzung bestimmter Listenplätze Bedenken, so kann sie unter Angabe der Gründe innerhalb einer Frist von 6 Wochen nach Veröffentlichung bei HF Einspruch einlegen. Ein Betroffener kann seine Bedenken nur gegenüber der Personalvertretung geltend machen.
Der Einspruch hat aufschiebende Wirkung. Erfolgt zwischen HF und der Personalvertretung keine Einigung, so kann die Personalvertretung innerhalb von drei Wochen nach Einlegung des Einspruchs die Einigungsstelle anrufen. Die Entscheidung der Einigungsstelle ist verbindlich.”
Mit dem Tarifvertrag über Förderungen und Rückgruppierungen des Kabinenpersonals vom 20.11.2000, gültig ab 01.10.2000, traten Neuregelungen in Kraft. § 3 Absatz 3 dieses Tarifvertrags schloss Eingriffe in die Senioritätsliste des Vorjahres aus.
Im Zusammenhang mit der tariflichen Neuregelung fand im Dezember 2000 gemeinsam mit der Personalvertretung eine Überprüfung und Überarbeitung der noch nach dem Tarifvertrag 1993 geltenden Senioritätsliste statt, da sie
nach Auffassung der Beteiligten Fehler enthielt. Die Klägerin fiel infolge der Überarbeitung vom damaligen Rang 269 auf Rang 284 der Liste. Hiergegen wandte sie sich mit Schreiben an die Personalvertretung vom 31.12.2000 und 19.03.2001 sowie mit weiterem Schreiben an die Beklagte vom 16.05.2001, mit denen sie die Wiederherstellung ihrer bisherigen Rangposition geltend machte. Die Beklagte lehnte dies mit Schreiben vom 12.06.2001 ab und begründete dies unter anderem damit, dass der nunmehr ermittelte Rang den Tarifregelungen entspreche, worüber auch mit der Personalvertretung Einigkeit erzielt worden sei. Darüber hinaus gewähre der Tarifvertrag den jeweiligen Mitarbeitern keinen individuellen Anspruch auf einen bestimmten Listenplatz, sondern lediglich eine Einspruchsmöglichkeit gegenüber der Personalvertretung. Mit der hiergegen am 27.09.2001 beim Arbeitsgericht E. eingegangenen Klage hat die Klägerin geltend gemacht:
Ihr nunmehr festgelegter Rangplatz entspreche nicht den Tarifregelungen und ...