Entscheidungsstichwort (Thema)
Auslegung einer Vertragsklausel als konstitutive Zusage. Wirksamkeit einer Betriebsvereinbarung über eine variable Erfolgsvergütung (Bindungsklausel)
Leitsatz (amtlich)
1. Verweisungen im Arbeitsvertrag auf eine Betriebsvereinbarung sind im Zweifel deklatorisch gemeint und begründen keinen eigenen individualvertraglichen Anspruch.
2. Auf Betriebsvereinbarungen finden nach § 310 Abs. 4 Satz 1 BGB die Vorschriften der § 305 ff. BGB keine Anwendung. Bindungsklauseln in Betriebsvereinbarungen unterliegen keiner Inhaltskontrolle. Dies gilt im Arbeitsvertrag bei einer Bezugnahme auf die Betriebsvereinbarung.
3. Die Unwirksamkeit einer Klausel in einer Betriebsvereinbarung führt nicht zur Unwirksamkeit aller Regelungen, soweit ohne die Klausel eine sinnvolle und geschlossene Regelung verbleibt (hier verneint).
Normenkette
BGB §§ 611, 133, 157, 307; BetrVG § 75
Verfahrensgang
ArbG Düsseldorf (Urteil vom 26.09.2008; Aktenzeichen 1 Ca 3987/08) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 26.09.2008 – 1 Ca 3987/08 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über den Anspruch des Klägers auf Zahlung einer variablen Vergütung für das Geschäftsjahr 2007/2008.
Der Kläger war seit dem 01.08.1999 bei der Beklagten, einer überregional tätigen Bank mit Sitz in E., aufgrund Arbeitsvertrages vom 06.03.2001 beschäftigt. Der Kläger kündigte das Arbeitsverhältnis unter Einhaltung der vertraglichen Kündigungsfrist zum 30.06.2008. Aufgrund Vereinbarung schied er bereits zum 31.03.2006 aus dem Arbeitsverhältnis aus.
Der Arbeitsvertrag hat u.a. folgenden Inhalt:
„§ 3 VERGÜTUNGIhre Bezüge gliedern sich wie folgt:Festgehalt
13. Monatsgehalt
Variable Erfolgsvergütung (VE)
Die nach Beendigung eines Geschäftsjahres von der Bank an Sie auszuzahlende variable Erfolgsvergütung erfolgt gemäß der entsprechenden Betriebsvereinbarung auf der Grundlage einer individuell festgelegten Zielgröße (Ziel-VE). In Ihrem Falle setzten wir für das erste volle Geschäftsjahr Ihrer Tätigkeit eine Ziel-VE in Höhe von EUR 7.200,– (in Worten: Euro Fünftausend) brutto fest. Bei einem Eintritt im laufenden Geschäftsjahr erfolgt die Auszahlung der VE zeitanteilig.
Abgeltung/Ausschluss
Mit der Zahlung der vereinbarten Bezüge ist die Leistung von Mehrarbeit abgegolten. Die Abtretung oder Verpfändung von Vergütungsansprüchen ist ausgeschlossen.”
In der Betriebsvereinbarung „Variable Erfolgsvergütung” vom 25.02.2001 (Bl. 11– 19 d. A.) heißt es u.a.:
„§ 8 Ausnahmen
Eine Ist-VE kommt nicht zur Auszahlung, wenn der Mitarbeiter unterjährig durch Kündigung ausscheidet oder bis zum Auszahlungstag das Arbeitsverhältnis gekündigt wird. Bei Austritt durch Erreichen der Altersgrenze oder Vorruhestand sowie bei Mutterschutz-/Erziehungsurlaub und Erwerbsunfähigkeit kommt die Ist-VE pro rata temporis zur Auszahlung”…
Der Kläger erhielt jährlich Mitteilungen über die Neufestsetzung seiner Vergütung zuletzt mit Schreiben vom 12.06.2007. Für das Geschäftsjahr 2007/2008 wurde eine Ziel-VE von Euro 16.000,00 brutto festgelegt.
Für das Geschäftsjahr 2007/2008 begehrte der Kläger eine variable Vergütung von 22.880,00 EUR brutto. Dies lehnte die Beklagte mit Schreiben vom 29.05.2008 ab.
Mit der am 08.07.2008 beim Arbeitsgericht Düsseldorf eingegangenen Klage verfolgt er seinen Zahlungsanspruch weiter.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, dass ihm ein durch Arbeitsleistung verdienter Entgeltbestandteil nicht durch § 8 der Betriebsvereinbarung entzogen werden könne. Der Teil der Betriebsvereinbarung sei wegen Verstoßes gegen den Tarifvertrag unwirksam, jedenfalls unbillig. Die Regelung sei auch überraschend und benachteilige ihn unangemessen. Zudem habe die Beklagte die Ziel-VE auch an andere ausscheidende Mitarbeiter unabhängig von der Entfallklausel gezahlt.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 22.800.00 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hält einen Anspruch des Klägers für nicht gegeben. Sie verweist auf die Ausnahmeregelungen in § 8 der Betriebsvereinbarung. Die Betriebsvereinbarung sei ihrerseits wirksam und im Arbeitsvertrag nur deklaratorisch in Bezug genommen. Sie behauptet, dass der Ergebnisfaktor wegen des schlechten Ergebnisses nur auf 0,8 festgesetzt worden sei, so dass dem Kläger allenfalls 18.304,00 EUR zu stünden.
Mit Urteil vom 26.09.2008 hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen und im Wesentlichen ausgeführt, dass sich kein Anspruch aus dem Arbeitsvertrag herleiten lasse. Im Arbeitsvertrag sei lediglich deklaratorisch auf die, die variable Erfolgsvergütung regelnde Betriebsvereinbarung verwiesen worden.
Dies ergebe die Auslegung des Arbeitsvertrages. Auf die Betriebsvereinbarung könne der Kläger seinen Anspruch auch nicht stützen, da nach § 8 Abs....