Entscheidungsstichwort (Thema)
Tantiemeanspruch bei pflichtwidrig unterlassener Zielvorgabe
Leitsatz (amtlich)
1.) Sieht der Arbeitsvertrag vor, dass bei Erreichen bestimmter Ziele an den Arbeitnehmer eine Tantieme gezahlt wird und dass die zu erreichenden Ziele einseitig von dem Arbeitgeber vorgegeben und festgelegt werden und unterlässt der Arbeitgeber dann pflichtwidrig im Bezugszeitraum die Zielvorgabe und vereitelt damit die Zielerreichung durch den Arbeitnehmer, ist in entsprechender Anwendung des § 162 Abs. 1 BGB der Bedingungseintritt, nämlich die Zielerreichung zu fingieren. Dem Arbeitnehmer steht dann der Erfüllungsanspruch auf die vertraglich geregelte Tantieme zu.
2.) Der entsprechenden Anwendung des § 162 Abs. 1 BGB steht die Regelung des § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB in diesen Fällen nicht entgegen. Über § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB könnte lediglich die Zielvorgabe als solche ersetzt werden. Damit wird aber nicht die Frage beantwortet, ob der Arbeitnehmer die Ziele bei rechtzeitig im Bezugszeitraum erfolgter Vorgabe auch erreicht hätte.
Normenkette
BGB § 162 Abs. 1, § 315 Abs. 3
Verfahrensgang
ArbG Düsseldorf (Urteil vom 30.03.2006; Aktenzeichen 14 Ca 1076/06) |
Tenor
I. Auf die Berufung der Beklagten wird unter Zurückweisung ihres Rechtsmittels im Übrigen das Teilurteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 30.03.2006 – Az.: 14 Ca 1076/06 – teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
1) Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger eine Tantieme für das Jahr 2005 in Höhe von 6.666,67 EUR brutto zuzüglich 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 16.02.2006 zu zahlen.
2) Im Übrigen wird die Zahlungsklage abgewiesen.
II. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger zu 57 % und die Beklagte zu 43 %.
III. Die Revision wird für die Beklagte zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über den Anspruch des Klägers auf Zahlung einer Tantie me für das Jahr 2005 in Höhe von 10.000,00 EUR sowie über den Anspruch auf Zahlung von Urlaubsabgeltung in Höhe von 5.384,60 EUR.
Der Kläger, 42 Jahre alt, verheiratet und zwei Kindern gegenüber zum Unterhalt verpflichtet, war in der Zeit vom 01.05. bis zum 31.12.2005 als Personalleiter bei der Beklagten auf der Grundlage des schriftlichen Anstellungsvertrages vom 21.02.2005 beschäftigt. In dem Anstellungsvertrag heißt es auszugsweise wört lich wie folgt (Bl. 9 ff. d.A.):
„2
BEZÜGE
Herr L. erhält ein frei vereinbartes Jahresgehalt in Höhe von 70.000,00 EUR brutto, zahlbar in zwölf gleichen monatlichen Raten.
Die tarifliche Jahresleistung sowie das tarifliche Urlaubsgeld werden auf das Jahresgehalt angerechnet.
Außerdem erhält Herr L. für jedes Geschäftsjahr eine variable Tantieme. Die Ziele zur Erreichung dieser Tantieme werden jedes Jahr mit Herrn L. besprochen und schriftlich fixiert. Für das Jahr 2005 wurde eine maximale Tantieme von brutto 10.000,00 EUR vereinbart.
Ab dem 01.Januar 2006 erhöht sich das frei vereinbarte Jahresgehalt auf 75.000,00 EUR brutto, sowie die maximale Tantieme auf 15.000,00 EUR brutto.
Die nächste Überprüfung des Jahresgehaltes sowie der Tantieme erfolgt dann zum 1.Januar 2008.
Die Zahlung der Bezüge erfolgt im Jahr des Eintritts bzw. Ausscheidens anteilig…
7
URLAUB
Der Urlaubsanspruch richtet sich nach den Bestimmungen des Manteltarifvertrages für kaufmännische Angestellte in den Verlagen von Tageszeitungen im Lande Nordrhein-Westfalen…
11
VERTRAGSDAUER UND KÜNDIGUNG
Das Anstellungsverhältnis kann von beiden Seiten mit einer Frist von sechs Monaten zum Ende eines Monats gekündigt werden.
Die Kündigung bedarf der Schriftform…
Der Verlag ist berechtigt, nach Ausspruch einer Kündigung bei Fortzahlung der Bezüge auf die Arbeitsleistung von Herrn L. zu verzichten…”
Nach dem übereinstimmenden Verständnis beider Parteien ist die Zielfestle gung gemäß Ziffer 2 des Arbeitsvertrages so zu verstehen, dass die Ziele ein seitig von der Beklagten festgelegt, aber mit dem Kläger besprochen und schriftlich fixiert werden. Geschäftsjahr im Sinne der Ziffer 2 des Arbeitsvertra ges ist das Kalenderjahr.
Der Manteltarifvertrag für die kaufmännischen Angestellten in den Verlagen von Tageszeitungen im Lande Nordrhein-Westfalen enthält unter § 6 zum Urlaubs anspruch u.a. folgende Regelungen:
„§ 6 Urlaub
1. Jeder Angestellte hat in jedem Urlaubsjahr Anspruch auf Gewährung eines bezahlten Erholungsurlaubs nach Maßgabe der nachstehenden Bestimmungen…
2. Der erste Urlaubsanspruch kann nach sechsmonatiger Verlagszugehörigkeit geltend gemacht werden, jedoch mit der Maßgabe, dass im Falle des Ausscheidens eines Angestellten vor Ablauf der sechs Monate auch der Anspruch auf den anteiligen Urlaub gemäß der Beschäftigungs- dauer besteht.
3. Für jeden Monat der Beschäftigungsdauer im gleichen Betrieb entsteht Anspruch auf 1/12 des Urlaubs. Angefangene Kalendermonate werden als volle gerechnet, wenn der Angestellte bis zum 15. des Mo nats eintritt.
4. Scheidet der Angestellte im Laufe des Urlaubsjahres aus dem Verlag aus, oder kann er bei Neueintritt die Wartezeit nicht mehr erfüllen, so hat er für jeden ...