Entscheidungsstichwort (Thema)
AGB-Kontrolle. Aufhebungsvertrag. Transparenzgebot. Wiedereinstellungsanspruch. Formularvertraglicher Ausschluss eines Wiedereinstellungsanspruchs. Klageänderung im Berufungsverfahren. Klauselkontrolle
Leitsatz (amtlich)
Wird in einem, vom Arbeitgeber vorformulierten Aufhebungsvertrag vereinbart, dass das Arbeitsverhältnis aus betriebsbedingten Gründen im gegenseitigen Einvernehmen an einem bestimmten Tag sein Ende finden wird und dem Arbeitnehmer kein Wiedereinstellungsanspruch zusteht, wenn es wider Erwarten zu einer Fortführung des Betriebes oder von Teilen des Betriebes kommt, handelt es sich um inhaltlich trennbare, einzeln aus sich heraus verständliche AGB-Bestimmungen, die jeweils Gegenstand einer gesonderten Wirksamkeitsprüfung sind.
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Bestimmung in einem formularmäßigen Aufhebungsvertrag, wonach das Arbeitsverhältnis auf Veranlassung des Arbeitgebers aus betriebsbedingten Gründen im gegenseitigen Einvernehmen sein Ende finden wird, ist hinreichend klar und verständlich. Für einen durchschnittlichen Arbeitnehmer ist klar erkennbar, dass er sich aufgrund dieser Klausel mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum angegebenen Termin einverstanden erklärt. Die Klausel verstößt nicht gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 S. 2 BGB.
2. Änderungen des Klageantrags i.S.v. § 264 Nr. 2 und 3 ZPO gelten auch im Berufungsverfahren nicht als Klageänderung. § 533 ZPO ist auf sie nicht anzuwenden.
Normenkette
BGB §§ 305, 305c, 306, 307 Abs. 1, §§ 311, 313 Abs. 1; ZPO § 264 Nrn. 2-3, § 533; BGB § 305c Abs. 1, §§ 307, 313
Verfahrensgang
ArbG Mönchengladbach (Urteil vom 15.02.2007; Aktenzeichen 3 Ca 3841/06) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen dasUrteil des Arbeitsgerichts Mönchengladbach vom15.02.2007 – 3 Ca 3841/06 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Auflösung ihres Arbeitsverhältnisses durch einen Aufhebungsvertrag und einen Wiedereinstellungsanspruch.
Der Kläger (geb. 16.05.1949) war seit dem 01.04.1963 bei der Beklagten beschäftigt. Er ist Industriemeister der Textilveredelung und arbeitete zuletzt bei der Beklagten als stellvertretender Abteilungsleiter in der Farbküche.
Am 01.08.2006 wurde über das Vermögen der Beklagten wegen Zahlungsunfähigkeit das Insolvenzverfahren eröffnet und Eigenverwaltung angeordnet. Zu diesem Zeitpunkt waren im Betrieb der Beklagten 50 Arbeitnehmer und Arbeit nehmerinnen tätig.
In der Farbküche arbeiteten ursprünglich einmal sechs Personen. Zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens waren dort noch ein Abteilungsleiter, der Kläger und ein „normaler” Arbeitnehmer beschäftigt.
In einem Schreiben, das die Beklagte nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens an die örtliche Agentur für Arbeit richtete, heißt es u.a.:
„Aus den oben geschilderten Fakten folgt, dass Ende September eine Sicherung des Geschäftsbetriebes in 2007 in keiner Weise gewährleistet sein kann. Aus Haftungsgründen sind die Insolvenzverwalter deshalb gezwungen, die bestehenden Arbeitsverträge zum 31.12.2006 zu kündigen.
Da die letzten Wochen jedoch sehr verheißungsvoll verlaufen sind, und uns alle Kunden die Treue gehalten haben, gibt es durchaus Anlass zur Hoffnung.
Ursprünglich war angedacht, allen Arbeitnehmern mit der in der Insolvenz gültigen Höchstkündigungsfrist von drei Monaten, d.h. spätestens zum 31.12.2006, betriebsbedingt wegen einer beabsichtigten Betriebsschließung zu kündigen. Diese Vorgehensweise ist allerdings aufgrund der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Wirksamkeit einer betriebsbedingten Kündigung problematisch. Nach dieser Rechtsprechung muss ein Arbeitgeber zum Zeitpunkt des Zugangs einer betriebsbedingten Kündigung endgültig und unbedingt entschlossen sein, den Betrieb stillzulegen. Daran fehlt es aber, wie wir oben bereits dargestellt haben, denn wir sehen durchaus noch Chancen, den Betrieb zumindest überwiegend fortführen zu können.
Von diesem Hintergrund ist für uns der Abschluss von Aufhebungsverträgen mit allen Arbeitnehmern die einzig zuverlässige Perspektive. Sollten einzelne Arbeitnehmer nicht zustimmen, würden sie per 31.12.2006 gekündigt werden. Aufhebungsverträge würden einerseits das Risiko der Haftung der Gesellschafter, die in Eigenverwaltung die Insolvenz durchführen, beseitigen; andererseits würde den Arbeitnehmern, die den Aufhebungsvertrag unterzeichnen, nicht die Chance genommen, dass für sie persönlich es doch noch zu einer Weiterbeschäftigung über den 31.12.2006 hinaus kommt, wenn sich die geschäftlichen Aktivitäten weiter positiv entwickeln. Eine Fortführung ist wegen der Struktur des Betriebes nur möglich, wenn mindestens 37 Arbeitnehmer beschäftigt werden können.
Wir sehen allerdings keine Möglichkeit, mit Arbeitnehmern zum Abschluss von Aufhebungsverträgen zu kommen, wenn diesen Arbeitnehmern eine Sperrzeit beim Arbeitslosengeld droht ….
Wichtig ist, dass durch den Abs...