Entscheidungsstichwort (Thema)
Außerordentliche Kündigung wegen Arbeitsverweigerung. aufgrund anwaltlicher Falschberatung rechtsirrtümliche Zurückbehaltung der Arbeitsleistung
Leitsatz (amtlich)
1. Beruft sich der Arbeitnehmer zur Entschuldigung seines Fehlverhaltens (Arbeitsverweigerung) auf einen Rechtsirrtum (irrtümliche Annahme eines Zurückbehaltungsrechts), hat er konkret vorzutragen, wie und bei wem er sich nach der Rechtslage erkundigt und welche Auskünfte er erhalten hat.
2. Der Umstand, dass der Rechtsirrtum auf falsche anwaltliche Beratung zurückgeht und für den Arbeitnehmer unverschuldet ist, führt nicht zur Unwirksamkeit der außerordentlichen Kündigung, wenn die Pflichtverletzung besonders schwer wiegt und die Gefahr ihrer Fortdauer (Wiederholung) besteht.
Normenkette
BGB § 626
Verfahrensgang
ArbG Oberhausen (Urteil vom 18.04.2001; Aktenzeichen 4 Ca 578/01) |
Tenor
DasUrteil des Arbeitsgerichts Oberhausen vom 18.04.2001 wird abgeändert. Die Klage wird abgewiesen.
Die kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über Rechtswirksamkeit von zwei fristlos, hilfsweise fristgerecht ausgesprochenen arbeitgeberseitigen Kündigungen.
Der Kläger ist der Bruder des Alleingeschäftsführers und Mehrheitsgesellschafters der Beklagten, einem in M./R. ansässigen Immobilienunternehmen. Die Beklagte wurde vom Vater der Beteiligten gegründet. Der Bruder des Klägers wurde 1982 testamentarisch zum Alleinerben einsetzt.
Der Kläger ist seit 1966 oder 1969 für die Beklagte tätig, zuletzt als Mitarbeiter des Verkaufs gegen ein Monatsentgelt von DM 6.090,00 brutto. Seine Ehefrau war ebenfalls bei der Beklagten beschäftigt. Sie kündigte das Arbeitsverhältnis zum 31.10.2000 und gründete anschließend eine eigene Immobiliengesellschaft.
Zwischen dem Kläger und dem Geschäftsführer der Beklagten gab es in der Vergangenheit eine Vielzahl persönlicher, familiärer, erb- und gesellschaftsrechtlicher Auseinandersetzungen. Im August 2000 stellten sie den persönlichen Kontakt zueinander ein und korrespondierten fortan ausschließlich über ihre Prozessbevollmächtigten.
Der Kläger wurde vom 24.08.2000 bis zum 05.12.2000 arbeitsunfähig krank geschrieben, zuletzt durch den Arbeitsmedizinischen Dienst der Krankenkassen.
Mit anwaltlichem Schreiben vom 07.11.2000 kündigte der Kläger an, nach Beendigung der Arbeitsunfähigkeit seinen Erholungsurlaub von 24 Arbeitstagen anzutreten. Außerdem forderte er die Beklagte zur Schaffung einer ordnungsgemäßen Arbeitsatmosphäre auf. Mit anwaltlichem Schreiben vom 09.11.2000, dessen Zugang der Kläger bestreitet, widersprach die Beklagte dem Urlaubsverlangen. Unter dem 24.11.2000 monierte der Prozessbevollmächtigte des Klägers die fehlende Beantwortung seines Schreibens vom 07.11.2000 und führte aus, dass er deshalb (scil. im frühren Schreiben genannte verbale Entgleisungen des Geschäftsführers der Beklagten), wenn nicht kurzfristig die Erklärung der Beklagten komme, künftig einen ordnungsgemäßen Umgangston an den Tag zu legen, seinem Mandanten (dem Kläger) anraten werde, von seinem arbeitsrechtlichen Zurückbehaltungsrecht Gebrauch zu machen und den Dienst erst wieder anzutreten, wenn diese atmosphärische Grundfrage der gedeihlichen Zusammenarbeit geklärt sei.
Mit anwaltlichem Schreiben vom 11.12.2000 widersprach die Beklagte einem Urlaubsantrag des Klägers im Dezember und erklärte, dass sie das Nichterscheinen des Klägers als Arbeitsverweigerung mit entsprechenden arbeitsrechtlichen Konsequenzen ansehe werde. Mit anwaltlichem Schreiben vom 31.12.2000 machte der Kläger geltend, dass Voraussetzung für eine gedeihliche weitere Zusammenarbeit sei, dass der Geschäftsführer der Beklagten klipp und klar sage, dass er sich jeder Ausfälligkeit in Wort und Taten enthalte. Er mache von seinem vertraglichen Zurückbehaltungsrecht Gebrauch, bis die entsprechende Erklärung der Beklagten zum umfassenden Wohlverhalten im Sinne einer sachlichen Zusammenarbeit abgegeben sei. Die Beklagte erwiderte mit anwaltlichem Schreiben vom 24.01.2001, dass der Kläger ohne Zustimmung Urlaub genommen habe und ihm ein Zurückbehaltungsrecht nicht zustehe, weil die betrieblichen Verhältnisse so gestaltet seien, dass er ohne weiteres seinen Dienst wieder aufnehmen und pflichtgemäß verrichten könne. Sie forderte ihn unter Androhung arbeitsrechtlicher Maßnahmen zum Dienstantritt sowie zur Auskunftserteilung, u.a. in dem Vorgang T. und B., auf. Mit anwaltlichem Schreiben vom 29.01.2001 wies der Kläger die Abmahnung und Aufforderung zur Wiederaufnahme des Dienstes wegen der fehlenden Wohlverhaltenserklärung zurück.
Nachdem der Kläger weiter der Arbeit fernblieb, sprach die Beklagte mit anwaltlichem Schreiben vom 05.02.2001 die außerordentliche, hilfsweise ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses wegen Arbeitsverweigerung aus. Mit anwaltlichem Schreiben vom 27.02.2001 erklärte sie eine weitere außerordentliche, hilfsweise ordentliche Kündigung mit der Begründung, dass der Kläger unberechtigt...