Entscheidungsstichwort (Thema)
Erfordernis der Hervorhebung selbständigen Arbeitens im Zeugnis einer Assistenzkraft mit Aufgaben des Sekretariatsbereichs eines Partners einer Rechtsanwaltskanzlei. Auslegung des Zeugnisses hinsichtlich des Führungverhaltens gegenüber dem direkt vorgesetzten Partner
Leitsatz (amtlich)
1. Im Bundesland Nordrhein-Westfalen besteht keine tatsächliche Übung (allgemeiner Zeugnisbrauch) im Zeugnis einer Assistenzkraft mit Aufgaben des Sekretariatsbereichs eines Partners einer Rechtsanwaltskanzlei mit internationaler Ausrichtung, die Arbeitseigenschaft selbstständig zu erwähnen. Fehlt in einem ansonsten guten bis sehr guten Arbeitszeugnis dieses Wort, kann daraus nicht geschlossen werden, dass die Assistenzkraft nur unterdurchschnittlich selbständig gearbeitet hat.
2. Wird in dem Arbeitszeugnis der Assistenzkraft der Vorgesetzte durchgehend herausgehoben als Partner bezeichnet, so fehlt es an einer Beurteilung des Führungsverhaltens in Bezug auf diesen als Vorgesetzten, wenn es im Zeugnis heißt: "Ihr Verhalten gegenüber den Rechtsanwälten, Kollegen und Mandanten war zu jeder Zeit einwandfrei."
Normenkette
ArBGG § 56 Abs. 1 S. 2 Nr. 2; ArbGG § 64 Abs. 7; GewO § 109; ZPO § 273 Abs. 2 Nr. 2, § 358a S. 2 Nr. 2
Verfahrensgang
ArbG Düsseldorf (Entscheidung vom 16.09.2016; Aktenzeichen 14 Ca 1460/16) |
Tenor
I.
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 16.09.2016 - 14 Ca 1460/16 - teilweise abgeändert und die Klage mit dem vom Arbeitsgericht zu Punkt 2.a. zugesprochenen Teil abgewiesen, soweit hinter dem Doppelpunkt in dem in Anführungszeichen gesetzten Satz die Worte "selbstständig sowie" enthalten sind.
II.
Die weitergehende Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.
III.
Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Klägerin und der Beklagten jeweils zur Hälfte auferlegt. Die gerichtlichen Kosten erster Instanz tragen die Klägerin zu 30 % und die Beklagte zu 70 %.
IV.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten in der Berufungsinstanz noch über die Berichtigung eines Zeugnisses.
Die Klägerin war vom 01.04.2013 bis zum 31.01.2015 auf der Grundlage des Anstellungsvertrags vom 28.02.2013 bei der Beklagten, einer internationalen Anwaltssozietät mit 27 Standorten in 18 Ländern und 1.100 Anwälten als Assistentin für den Partner des EU- und Kartellrechts sowie sein Team in E. zu einem monatlichen Bruttogehalt von 2.975,00 Euro beschäftigt. In der Zeit vom 22.09.2014 bis zum 31.10.2015 war die Klägerin arbeitsunfähig erkrankt. Nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses haben die Parteien in der ersten Instanz außerdem noch über Urlaubsabgeltung und die dafür geschuldeten Zinsen gestritten.
Unter dem 31.10.2015 erteilte die Beklagte der Klägerin ein Zeugnis. In diesem hieß es u.a.:
"Frau B. K. X., geboren am 22.02.1974, war in der Zeit vom 01.04.2013 bis 31.10.2015 als Assistentin für den Partner des EU- und Kartellrechts sowie sein Team in unserem Büro tätig.
C. & C. ist eine internationale Anwaltssozietät ... .
Zu den Aufgaben von Frau X. gehörten unter anderem
?die Unterstützung des Partners und des dazugehörigen Teams in allen organisatorischen und administrativen Aufgaben
?die Erledigung der externen und internen Korrespondenz in englischer und deutscher Sprache sowie die Annahme von Telefonaten und Anfertigung von Gesprächsnotizen
?Bearbeitung des Post ein- und -ausgangs
?Digitale und analoge Aktenführung
?Termin- und Wiedervorlagenmanagement
?die Erstellung und Konsolidierung von Kostennoten in Abstimmung mit der Buchhaltung und anderen Dezernenten
?Reisemanagement einschließlich Reisekostenabrechnungen
?Vor- und Nachbereitung von Besprechungen und Telefonkonferenzen
?Planung und Vorbereitung von internen und externen Konferenzen und Veranstaltungen einschließlich Cateringplanung
?Erstellung von PowerPoint-Präsentationen
Frau X. verfügt über ein fundiertes und breit gefächertes Fachwissen und identifizierte sich stark mit ihren Aufgaben. Sie hat eine schnelle Auffassungsgabe, die es ihr ermöglicht, auch komplexe Vorgänge innerhalb kurzer Zeit zu erfassen und umzusetzen. Dabei arbeitet sie stets sehr sorgfältig und zügig. Die Leistungsbereitschaft von Frau X. ist auch über die üblichen Bürozeiten hinaus sehr gut. Sie ist eine stets motivierte, zuverlässige und verantwortungsbewusste Mitarbeiterin.
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Ihr Verhalten gegenüber den Rechtsanwälten, Kollegen und Mandanten war zu jeder Zeit einwandfrei. Frau X. begegnete allen Mitarbeitern der Kanzlei stets offen, freundlich und zuvorkommend, so dass sie allseits als sehr angenehme und hilfsbereite Mitarbeiterin geschätzt wurde. Frau X. hat alle ihre Arbeiten in unserer Sozietät stets zu unserer vollsten Zufriedenheit erledigt und hat das in sie gesetzte Vertrauen jederzeit gerechtfertigt.
Frau X. verlässt unsere Sozietät auf eigenen Wunsch. Wir bedauern ihren Entschluss, bedanken uns bei ihr für die sehr gute Zusammenarbeit und wünschen ihr für ihre berufliche und persönliche Zukunft weiterhin viel Erfol...