Entscheidungsstichwort (Thema)
Weihnachtsgeld. 13. Monatsgehalt. Rückwirkender Wegfall tarifvertraglicher Ansprüche. Vertrauensschutz
Leitsatz (amtlich)
Bei dem Anspruch auf Zahlung von Weihnachtsgeld aus § 34 MTV Kabine Nr. 7 – LTU handelt es sich um eine pro rata temporis entstehende Sonderzahlung (BAG vom 22.10.2003 – 10 AZR 152/03). Der damit zeitanteilig für die Monate Juli 2001 bis einschließlich Oktober 2001 entstandene Anspruch ist jedoch durch den zum 01.11.2001 in Kraft getretenen SanTV rückwirkend beseitigt worden. Inhaltsangabe: Gesichtspunkte des Vertrauensschutzes stehen der rückwirkenden Beseitigung des Anspruchs auf das 13. Monatseinkommen durch den SanTV nicht entgegen. Aufgrund des Ergebnisses der Beweisaufnahme steht zwar nicht fest, dass das Ergebnisprotokoll vom 28.08.2000 dem Kabinenpersonal schon Ende 2000, spätestens jedoch Anfang Juli 2001 bekannt war. Es kann und muss aber davon ausgegangen werden, dass dieser Mitarbeitergruppe nicht nur der maßgebliche Inhalt des Tarifabschlusses, sondern insbesondere auch die in dem fraglichen Ergebnisprotokoll niedergelegten Vorbehalte bekannt waren, auf die das Bundesarbeitsgericht im Urteil vom 22.10.2003 seine Wertung gestützt hat, das Kabinenpersonal habe nicht darauf vertrauen können, § 34 MTV werde nicht erneut und rückwirkend zu seinen Lasten korrigiert. Ausschlaggebend für diese Einschätzung ist das nach dem unstreitigen Sachverhalt an die gesamte Mitarbeiterschaft verteilte, von der Geschäftsführung der Beklagten und dem Verhandlungsführer der Gewerkschaft DAG gemeinsam unterzeichnete Schreiben vom 06.07.2000 unter Einschluss der ihm beigefügten Informationsblätter. tragende Gründe: Seite 16 ff.
Normenkette
MTV Kabine Nr. 7 LTU § 34; SanTV
Verfahrensgang
ArbG Düsseldorf (Urteil vom 06.09.2002; Aktenzeichen 12 Ca 4519/02) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird dasUrteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom06.09.2002 – 12 Ca 4519/02 – abgeändert und die Klage abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Gegenstand des Rechtsstreits ist ein möglicher Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte auf Zahlung der anteiligen 2. Rate eines tariflichen 13. Monatsgehalts (Weihnachtsgeld) für das Jahr 2001.
Die Klägerin ist bei der Beklagten, einer Fluggesellschaft, seit dem 01.03.1985 als Purserin beschäftigt. Das monatliche Bruttogrundgehalt betrug im Jahre 2001 4.629,55 DM (2.367,05 EUR). Auf das Arbeitsverhältnis finden kraft Verweisung im Arbeitsvertrag die bei der Beklagten verwendeten (Haus-) Tarifverträge für das Kabinenpersonal Anwendung.
Der somit anwendbare (s. übereinstimmende Erklärung der Parteien in der Sitzung des Arbeitsgerichts vom 06.09.2002) Manteltarifvertrag Nr. 7 für das Kabinenpersonal der Beklagten (Bl. 107 – 136 d.A.), nach § 58 ebd. in Kraft ab 11.09.2000 und erstmals kündbar zum 31.12.2003, regelt in § 34 das 13. Monatsgehalt. Die Regelung lautet wie folgt:
„§ 34
Dreizehntes Monatsgehalt (Urlaubsgeld/Weihnachtsgeld)
(1) Der Arbeitgeber gewährt den Arbeitnehmern ein dreizehntes Gehalt auf der Basis der Grundgehälter nach dem jeweils gültigen Vergütungstarifvertrag. Die Auszahlung erfolgt zu 50 % als Urlaubsgeld auf der Basis des im Mai gültigen Vergütungstarifvertrages mit dem Maigehalt und zu 50 % als Weihnachtsgeld auf der Basis des im November gültigen Vergütungstarifvertrages mit dem Novembergehalt.
(2) Arbeitnehmer, die im Laufe eines Kalenderjahres eintreten oder ausscheiden, erhalten für jeden vollen Kalendermonat vom Arbeitgeber 1/12 und für jeden darüber hinausgehenden Kalendertag 1/360 der Bezüge nach Abs. 1
(3) Für Zeiten des Wehr-, Zivildienstes und Erziehungsurlaubes sind die Bezüge der Arbeitnehmer/innen des Kabinenpersonals nach Absatz 1 für jeden vollen Abwesenheitsmonat um 1/12 zu kürzen.”
Das Urlaubsgeld erhielt die Klägerin im Mai 2001 ausgezahlt. Die für November 2001 vorgesehene Zahlung von 50 % als Weihnachtsgeld unterblieb im Hinblick auf einen zwischen den Tarifvertragsparteien abgeschlossenen, am 01.11.2001 unterzeichneten Tarifvertrag „Sanierung Kabine” (Bl. 148 – 157 d.A.). Dieser Sanierungs-Tarifvertrag enthält unter lit. hh. folgende Regelung:
„hh. § 34 Dreizehntes Monatsgehalt lautet künftig wie folgt:
(1) unverändert;
(2) unverändert;
(3) Im November 2002 wird das Weihnachtsgeld gemäß Ziffer (1) und im Mai 2002 und 2003 wird das Urlaubsgeld – bisher mit dem Maigehalt ausbezahlt – nicht gezahlt. Insoweit besteht kein Anspruch.”
Die Klägerin machte den Anspruch auf das anteilige 13. Gehalt am 15.05.2002 gegenüber der Beklagten geltend.
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, ihr stehe trotz des am 01.11.2001 abgeschlossenen Sanierungs-Tarifvertrags ein anteiliger Anspruch (bis einschließlich Oktober) auf das Wehnachtsgeld zu (10/12 von 2.367,05 EUR = 1.972,54 EUR, abzüglich im Mai erhaltener 1.183,52 EUR, Rest: 789,02 EUR). Der Sanierungs-Tarifvertrag greife unzulässigerweise rückwirkend in wohlerworbene
Rechte ein. Ein derartiger einseitiger Eingriff vers...