Entscheidungsstichwort (Thema)
Urlaubsentgeltberechnung. Zeitgutschrift im Arbeitszeitkonto
Leitsatz (redaktionell)
1. Geleistete Arbeit ist gem. § 611 Abs.1 BGB in das Arbeitszeitkonto des Arbeitnehmers aufzunehmen „gutzuschreiben”). Dabei können Arbeitsleistungen nach besonderen Regelungen höher (z. B. Mehrarbeit, Feiertagsarbeit) oder niedriger (z. B. Bereitschaftsdienst) bewertet werden, als es ihrem zeitlichen Einsatz entspricht.
2. Der Arbeitnehmer kann eine Gutschrift für solche Zeiten der Nichtarbeit verlangen, die aufgrund von normativen oder einzelvertraglichen Regelungen ohne Verpflichtung zur Nachleistung zu vergüten sind. Denn die Arbeitspflicht gilt in diesen Fällen als erfüllt. Die vergütungsrechtliche Bedeutung der Regelung ist ggf. durch Auslegung zu ermitteln. Der Umfang der Zeitgutschrift muss nicht so bemessen sein, als ob der Arbeitnehmer in der betreffenden Zeit gearbeitet hätte. Aus der Gegenüberstellung der gutgeschriebenen Arbeitszeit und der vereinbarten Arbeitszeit „Arbeitszeitsoll”) ergibt sich der für den Vergütungsanspruch und/oder den Umfang der weiteren Arbeitspflicht maßgebliche Arbeitszeitsaldo.
Normenkette
BGB § 611; BUrlG § 11 Abs. 1 S. 1
Verfahrensgang
ArbG Wesel (Urteil vom 08.04.2010; Aktenzeichen 5 Ca 76/10) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Wesel vom 08.04.2010 – 5 Ca 76/10 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Die Revision wird für den Kläger zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die durchschnittliche Höhe des Urlaubsentgelts.
Der Kläger war seit dem 01.10.1973 im Einsatzbereich der Werksfeuerwehr im Chemiewerk T. J. GmbH in S. tätig. Seit dem 01.05.2003 besteht zwischen ihm und der Beklagten auf der Grundlage des Arbeitsvertrages vom 30.04.2003 ein Arbeitsverhältnis. Zwischen den Parteien ist streitig, ob ihr Arbeitsverhältnis seinerzeit aufgrund eines Betriebsübergangs auf die Beklagte übergegangen ist. Unabhängig davon findet auf das Arbeitsverhältnis der Haustarifvertrag vom 14.02.2003 nebst Protokollerklärung zum Haustarifvertrag über Werkfeuerwehrdienstleistungen vom 28.07.2006 Anwendung.
Der Kläger erhält gemäß Ziffer 3 des Arbeitsvertrages ein monatliches Gehalt auf der Basis eines Vergütungsanspruchs für jahresdurchschnittlich 276 Stunden pro Monat, zuletzt in Höhe von 3. 832,58 EUR brutto.
Im Arbeitsvertrag vom 30.04.2003 heißt es u.a.:
„4. Arbeitszeit, Schichtsystem
Der Mitarbeiter arbeitet in folgendem Schichtsystem:
24-Stunden-Schicht, 24 Stunden arbeitsfreie Zeit. Der Mitarbeiter hat Anspruch auf regelmäßig 39 unbezahlte Freischichten außerhalb der Urlaubszeit pro Jahr.
Die Freischichten sind so auf das Jahr zu verteilen, dass der Mitarbeiter mindestens 11 Schichten und maximal 15 Schichten pro Monat arbeitet. Die Zahlung eines Mehrarbeitszuschlags ab der 13. geleisteten Schicht pro Monat bleibt hiervon unberührt.
Eine 24-Stunden-Schicht besteht aus 8 Stunden reiner Arbeitszeit, 8 Stunden Arbeitsbereitschaft und 8 Stunden Ruhebereitschaft am Dienstort. Die Monatspauschalen gemäß Ziffer 3 beziehen sich auf durchschnittlich 11,5 Schichten pro Monat im Laufe eines Kalenderjahres. Auf diese durchschnittlichen Regelschichten hat der Mitarbeiter einen Rechtsanspruch.
5. Urlaub, Urlaubsvergütung, Urlaubsgeld
Der Mitarbeiter erhält 42 Kalendertage Urlaub. Dieses entspricht im 24/24-Stunden-Schichtsystem 21 Schichten.
Während des Urlaubs werden die Monatspauschalen insofern unverändert weitergezahlt.
Pro Kalendertag des Urlaubs geht ein Zeitäquivalent in das Zeitkonto des Mitarbeiters ein, dass der durchschnittlichen vereinbarten Arbeitszeit pro Kalendertag innerhalb eines Kalenderjahres entspricht.
…
7. Einsatz im Alarmfall
Der Mitarbeiter verpflichtet sich, bei einem Alarmfall in der schichtfreien Zeit dem Ruf über die zur Verfügung gestellten Kommunikationsmittel zum Einsatz Folge zu leisten, sofern er zu diesem Zeitpunkt den Dienstort innerhalb von einer Stunde Fahrzeit erreichen kann und dienstfähig ist. Für den Einsatz wird folgende Vergütung gezahlt:
…
Sofern die Schicht keine Ruhebereitschaft am Dienstort beinhaltet, wird der Stundenlohn gemäß Ziffer 3 um 38 % erhöht.
…”
Der Haustarifvertrag vom 14.02.2003 enthält u. a. folgende Regelung:
§ 3 Urlaub
(1) Der Urlaub beträgt 35 Kalendertage pro Kalenderjahr.
Der Urlaubsberechnung liegt eine 7-Tage-Arbeitswoche zugrunde. Bei der Berechnung des Anspruchs auf Urlaub werden die in die Urlaubszeit fallenden Sonn- und Feiertage mitgerechnet.
(2) Darüber hinaus erhalten Mitarbeiter/Mitarbeiterinnen folgenden Zusatzurlaub:
nach 3-jähriger Betriebszugehörigkeit 2 Kalendertage
nach 7-jähriger Betriebszugehörigkeit4 Kalendertage
nach 9-jähriger Betriebszugehörigkeit7 Kalendertage
bis zu einer Höchstdauer von max. 42 Kalendertagen pro Kalenderjahr.
(3) Das Urlaubsentgelt errechnet sich nach dem Bruttoverdienst, den der Arbeitnehmer/die Arbeitnehmerin in den letzten 12 Monaten vor Beginn des Urlaubs erhalten hat. Einmalzahlungen, wie z. B...