Entscheidungsstichwort (Thema)

Verschaffung eines Versorgungsanspruchs bei unterhälftiger Beschäftigung im öffentlichen Dienst (Lehrer)

 

Leitsatz (amtlich)

1. Aufgrund des Gleichheitssatzes (Art. 3 Abs. 1 GG) ist es geboten, Voll- und Teilzeitbeschäftigte in der betrieblichen Altersversorgung gleichzustellen. Dieses Gleichstellungsgebot wird nicht durch die Tarifautonomie verdrängt (BAG 07.03.1995 – 3 AZR 282/94 –).

2. Für die Vergangenheit kann der Gleichstellungsanspruch der Teilzeitbeschäftigten auf betriebliche Altersversorgung nur erfüllt werden, wenn dem Teilzeitbeschäftigten die ihm vorenthaltene Leistung verschafft wird.

3. Der sich aus dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) ergebende Vertrauensschutz gegenüber rückwirkenden Belastungen führt nicht zum Wegfall oder zu einer Einschränkung dieses Verschaffungsanspruchs.

 

Normenkette

BAT § 46; GG Art. 3 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Düsseldorf (Urteil vom 02.06.1995; Aktenzeichen 3 Ca 8257/94)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 21.01.1997; Aktenzeichen 3 AZR 90/96)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 2.6.1995 – 3 Ca 8257/94 – abgeändert.

2. Es wird festgestellt, daß das beklagte Land verpflichtet ist, der Klägerin die Versorgungsleistungen zu verschaffen, die ihr zustünden, wenn sie seit dem 1.12.1969 bei der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder versichert gewesen wäre.

3. Das beklagte Land hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

4. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob die Klägerin einen Anspruch auf Zusatzversorgung erworben hat.

Die am 12.04.1930 geborene Klägerin war seit dem 01.12.1969 bei dem beklagten Land als nebenberufliche Lehrkraft für das Fach Nadelarbeit an dem Städtischen Gymnasium K.-H. mit wöchentlich acht Unterrichtsstunden beschäftigt. Ab 01.01.1988 wurde die Klägerin aufgrund eines schriftlichen Arbeitsvertrages vom 10./24.08.1988 als Lehrerin im Angestelltenverhältnis mit einer Pflichtstundenzahl von wöchentlich zehn Stunden als Lehrerin im Angestelltenverhältnis von dem beklagten Land weiterbeschäftigt. Das Arbeitsverhältnis sollte sich danach nach dem BAT vom 23.02.1961 sowie den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen bestimmen. Mit Schreiben vom 11.11.1988 übersandte der Regierungspräsident K. der Klägerin eine Festsetzung der Beschäftigungs- und Dienstzeit, wonach die Dienstzeit der Klägerin mit dem 01.12.1969 begann.

Ab 01.01.1988 wurde die Klägerin seitens des beklagten Landes bei der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL) versichert.

Mit einer bei dem Arbeitsgericht Düsseldorf am 16.12.1994 anhängig gemachten Klage hat die Klägerin die Auffassung vertreten, der Ausschluß unterhälftig beschäftigter Teilzeitkräfte von Leistungen der betrieblichen Altersversorgung sei unwirksam. Sie müsse deshalb beginnend mit dem 01.08.1994 eine monatliche Rente erhalten, die zu zahlen wäre, wenn die Klägerin in der Zeit vom 01.12.1969 bis zum 31.07.1994 bei der VBL versichert gewesen wäre.

Die Klägerin hat beantragt,

festzustellen, daß das beklagte Land verpflichtet ist, der Klägerin beginnend mit dem 01.08.1994 eine monatliche Rente in Höhe zu zahlen, die zu zahlen wäre, wenn die Klägerin in der Zeit vom 01.12.1969 bis zum 31.07.1994 bei der VBL versichert gewesen wäre, und zwar nebst 4 % Zinsen ab jeweiliger Fälligkeit.

Das beklagte Land hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das beklagte Land hat sich vor allem damit verteidigt, vor dem 01.01.1988 nach der eindeutigen Rechtslage und Rechtsauffassung aller Beteiligten nicht verpflichtet gewesen zu sein, die Klägerin bei der Versicherungsanstalt des Bundes und der Länder anzumelden. Der Klägerin habe infolge der unterhälftigen Beschäftigung kein derartiger Anspruch zugestanden. Die insoweit anders lautende Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts mißachte den Grundsatz der Tarifautonomie, aber auch das Rechtsstaatsprinzip.

Durch Urteil vom 02.06.1995 hat die 3. Kammer des Arbeitsgerichts Düsseldorf – 3 Ca 8257/94 – die Klage der Klägerin abgewiesen und den Wert des Streitgegenstandes auf 5.400,– DM festgesetzt.

In den Entscheidungsgründen ist das Arbeitsgericht davon ausgegangen, die Klägerin sei von dem beklagten Land korrekt behandelt worden. Das beklagte Land habe sich nach dem BAT und dem Versorgungs-TV richten dürfen. Auch der Europäische Gerichtshof habe eine entsprechende Korrektur für die Vergangenheit abgelehnt.

Gegen das am 26.07.1995 zugestellte Urteil hat die Klägerin mit einem bei dem Landesarbeitsgericht am 22.08.1995 eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese mit einem weiteren bei dem Landesarbeitsgericht am 18.09.1995 vorliegenden Schriftsatz begründet.

Die Klägerin wendet sich unter Hinweis auf die ständige Spruchpraxis des Bundesarbeitsgerichts gegen das angefochtene Urteil.

Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils festzustellen, daß das beklagte Land verpflichtet ist, der Klägerin beginnend mit dem 01.08.1994 eine monatliche Rente...

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