Entscheidungsstichwort (Thema)
Änderungskündigung zur Aufteilung der Abteilungen. Verlust des privaten Liquidationsrechts des Chefarztes. Entwicklungsklausel im Chefarztvertrag
Leitsatz (amtlich)
1. Änderungskündigung gegenüber dem bisherigen Chefarzt einer einheitlichen Abteilung der Inneren Medizin zur Aufteilung der Abteilung in zwei getrennte Kliniken mit den Schwerpunkten Gastroenterologie und Diabetologie einerseits und Kardiologie und konservative Intensivmedizin andererseits mit zwei Chefärzten.
2. Anforderungen an die inhaltliche Ausgestaltung der Zuordnung der Behandlungsfälle.
3. Der entschädigungslose Verlust des privaten Liquidationsrechts des bisherigen alleinigen Chefarztes für den ihm nicht mehr unterstehenden Bereich nach der Aufteilung führt nicht zur Unwirksamkeit der Änderungskündigung.
4. Die Entwicklungsklausel im Chefarztvertrag stand der Änderungskündigung nicht entgegen.
Normenkette
BGB § 611; ZPO § 256 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Krefeld (Entscheidung vom 19.04.2013; Aktenzeichen 2 Ca 1562/12) |
Tenor
1.
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Krefeld vom 19.04.2013 - 2 Ca 1562/12 - abgeändert und die Klage abgewiesen.
2.
Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger auferlegt.
3.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Änderungskündigung.
Der am 20.06.1954 geborene, verheiratete und einem Kind zum Unterhalt verpflichtete Kläger war auf der Grundlage des Dienstvertrags vom 17.06.1998 seit dem 01.10.1998 als Chefarzt der Abteilung für Innere Medizin des St. K. hospitals bei der Beklagten, bei der regelmäßig mehr als zehn Arbeitnehmer beschäftigt waren, bzw. deren Rechtsvorgängerin tätig. In dem Dienstvertrag hieß es u.a.:
"§ 2
Stellung dienstliche Aufgaben
(1) Stellung des Arztes
1. Dem Arzt obliegt die Führung und fachliche Leitung seiner Abteilung. ...
4. Bei Meinungsverschiedenheiten zwischen dem Arzt und/oder anderen Abteilungs- und Belegärzten entscheidet in ärztlich organisatorischen Fragen der Leitende Arzt des Krankenhauses, ansonsten der Träger. ...
(2) Behandlung von Patienten
1. Der Arzt ist für die medizinische Versorgung der Kranken in seiner Abteilung verantwortlich. Hierzu gehört auch die Versorgung von Patienten mit führenden internistischen Krankheitsbildern auf der Intensivstation. ...
§ 3
Entgelte für die Tätigkeiten im dienstlichen Aufgabenbereich
(1) Vergütung
1. Der Arzt erhält für seine Tätigkeit im dienstlichen Aufgabenbereich eine monatlich, nachträglich zahlbare Vergütung, die sich aus einer dem Lebensalter entsprechenden Grundvergütung und dem Ortszuschlag zusammensetzt und in Anlehnung an die Vergütungsgruppe 1 der AVR in der jeweils geltenden Fassung berechnet wird. ...
§ 4
Gesonderte Berechnung ärztlicher Leistungen
(1) Soweit das ärztliche Berufsrecht, das Krankenhausrecht sowie die Bestimmungen der Abgabenordnung über die Gemeinnützigkeit und die caritative Aufgabenstellung des Krankenhauses es ermöglichen, wird dem Arzt unter den nachstehenden Bedingungen gestattet, im vollstationären, teilstationären-, vor- und nachstationären Bereich für ärztliche Leistungen bei den Patienten gesondert abzurechnen, die eine persönliche Behandlung ausdrücklich gewählt und dies mit dem Krankenhaus vereinbart haben (Liquidationsrecht)....
§ 11
Entwicklungsklausel
Der Träger behält sich das Recht vor, jederzeit selbständige Fachabteilungen, jedoch nicht solche der gleichen Fachrichtung, oder Institute neu einzurichten oder abzutrennen und dafür weitere Abteilungsärzte einzustellen oder Belegärzte zuzulassen sowie neue Institutsleistungen zu erbringen. Er hat weiterhin das Recht, die Bettenzahl der Abteilungen zu ändern, Behandlungseinrichtungen zu ändern, aufzulösen oder neu einzurichten. Soweit der Arzt davon betroffen ist, ist er vorher zu hören.
Bei diesen Maßnahmen ist ein Ersatzanspruch des Arztes ausgeschlossen. Die Vergütung nach § 3 Abs. 1 bleibt unberührt.
Die Einrichtung oder Zulassung von Arztpraxen der gleichen Fachrichtung auf dem Gelände des Krankenhauses bedarf der Zustimmung des Arztes...."
Die Innere Abteilung des Krankenhauses war als eine Abteilung konzipiert, welche die Allgemeine Innere Medizin verbunden mit den Schwerpunkten Gastroenterologie, Kardiologie und Diabetologie umfasste. Die Beklagte strebte die Einrichtung einer weiteren Abteilung für Innere Medizin mit dem Schwerpunkt Kardiologie und konservative Intensivmedizin an. Hierüber verhandelte sie mit dem Kläger. Dieser Verselbständigung widersetzte der Kläger sich nicht grundsätzlich. Eine Einigung der Parteien zu der von dem Kläger geforderten finanziellen Entschädigung wurde jedoch nicht erzielt.
Die Beklagte sprach gegenüber dem Kläger unter dem 24.06.2010 zum 31.12.2010 eine Änderungskündigung mit dem Ziel, den Kläger künftig nicht mehr im Bereich der kardiologischen Erkrankungen tätig werden zu lassen, aus. Die Unwirksamkeit der Änderungen des Arbeitsvertrags durch diese Änderungskündigung, die der Kläger unter Vorbehalt angenommen hatte, w...