Entscheidungsstichwort (Thema)
Kindertagesstätten. Sozialeinrichtungen
Leitsatz (amtlich)
Bei der Frage, ob es sich bei den von einem Unternehmen betriebenen Kindertagesstätten um eine Sozialeinrichtung i.S. des § 87 Abs. 1 Nr. 8 BetrVG handelt, steht es dem sozialen Zweck der Einrichtung nicht entgegen, wenn Kinder nicht betriebsangehöriger Eltern als gleichberechtigte Nutzer der Kindertagesstätten zugelassen sind, sofern der Zweck und das äußere Erscheinungsbild der Kindertagesstätten dafür sprechen, dass der Wirkungsbereich sich auf das Unternehmen der Arbeitgeberin beschränkt, weil die Kindertagesstätten deren Mitarbeitern / Mitarbeiterinnen gewidmet sind.
Normenkette
BetrVG § 87 Abs. 1 Nr. 8
Verfahrensgang
ArbG Hamburg (Beschluss vom 21.11.2006; Aktenzeichen 21 BV 29/06) |
Nachgehend
Tenor
Die Beschwerde der Beteiligten zu 2. gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Hamburg vom 21. November 2006 – 21 BV 29/06 – wird zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Tatbestand
I.
Die Beteiligten streiten darüber, ob die von der Beteiligten zu 2) betriebenen Kindertagesstätten Sozialeinrichtungen sind, und ob ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates bezüglich der Festlegung der Öffnungszeiten dieser Kindertagesstätten besteht.
Die Beteiligte zu 2) betreibt im H. Stadtgebiet eine Vielzahl von Krankenhäusern.
Der Beteiligte zu 1) ist der bei der Beteiligten zu 2) gebildete Gesamtbetriebsrat.
Zu 6 Krankenhäusern gehören jeweils Kindertagesstätten. Diese befinden sich entweder direkt auf dem Krankenhausgelände oder aber in dessen unmittelbarer Umgebung. Die Kindertagesstätten nehmen auch Kinder auf, deren Eltern nicht bei der Beteiligten zu 2) beschäftigt sind. In der Vergangenheit betrug dieser Anteil ca. 10 %.
Bis zum 27. Januar 2006 wurde dem jeweiligen Betriebsrat des Krankenhauses ohne Einschränkung ein Mitbestimmungsrecht gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 8 BetrVG, insbesondere im Bereich der Neuaufnahme von Kindern und Festlegung von Öffnungszeiten, eingeräumt.
Die Beteiligte zu 2) wurde teilprivatisiert. In dem Teilprivatisierungsvertrag heißt es u. a.:
„Der Investor wird Betriebskindergärten und andere, von der Gesellschaft betriebene Sozialeinrichtungen grundsätzlich weiterführen. Betriebskindergärten sollen arbeitsplatznah und im ausreichenden Umfang vorhandensein.”
Mit Vereinbarung vom 20. März 2006 schlossen die Betriebsparteien, der Beteiligte zu 1) und die Beteiligte zu 2) einen Interessenausgleich und Sozialplan betreffend die Zusammenfassung der organisatorisch zu den Kliniken gehörenden Kindertagesstätten, mit Ausnahme der Kita am Standort der A-Klinik E., zu einem zentralen Dienst (ZD Kita). Danach sollten die Kitas an ihren bisherigen Standorten weitergeführt werden. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt des Interessenausgleichs und Sozialplans (Anlage Ast. 2, Bl. 12 ff d. A.) verwiesen.
Mit Beschluss vom 26. September 2006 (Anl. Ag 1, Blatt 35 d. A.), beschloss die Geschäftsführung der Beteiligten zu 2), dass die Kindertagesstätten der Beteiligten zu 2) als öffentliche Kindertagesstätten von Mitarbeitern der Beteiligten zu 2), aber auch von nicht bei der Beteiligten zu 2) beschäftigten Eltern genutzt werden sollen. Dort heißt es u.a.:
„§ 2
Die Finanzierung des ZD Kita erfolgt über das Kita-Gutschein-System der Freien und Hansestadt Hamburg. Dauerhafte Zuschüsse der L. GmbH zum Ausgleich eines Betriebsverlustes des ZD Kita sind nicht vorgesehen…
§ 3
Die Kindertagesstätten des ZD Kita nehmen als öffentliche Kindertagesstätten grundsätzlich alle Kinder auf. Eine bevorzugte Aufnahme oder bevorzugte Behandlung der Kinder von Mitarbeitern der L. GmbH erfolgt nicht. Voraussetzung für die Aufnahme von Kindern in eine Kindertagesstätte sind ausschließlich die Vorlage eines entsprechenden Kita-Gutscheins und das Vorhandensein eines freien Platzes. Dem Kita-Gutschein gleichgestellt ist die Kostenzusage einer H. Umlandgemeinde.”
Die Kindertagesstätten wurden im Jahr 2006 nach dem Wirtschaftsplan von der Beteiligten zu 2) in Höhe von ca. EUR 490.000,00 finanziert.
Zum 26. Juli 2006 waren die insgesamt 376 Tagesplätze mit 120 Kindern von Eltern, die nicht bei der Beteiligten zu 2) beschäftigt sind, besetzt, mithin insgesamt zu 31,91 %.
Der Leiter des ZD Kita, Herr P., ist direkt der Geschäftsführung der Beteiligten zu 2) unterstellt. Die in den 6 Kindertagesstätten insgesamt beschäftigten 70 Arbeitnehmer, davon 57 Vollzeit- und 13 Teilzeitkräfte, stehen in einem Anstellungsverhältnis zu der Beteiligten zu 2).
Die Beteiligte zu 2) wirbt in Stellenanzeigen mit einer „hausinternen Betriebskindertagesstätte”. Informationen bezüglich der Kindertagesstätten werden über das interne E-Mail System der Beteiligten zu 2) verteilt. Die Kindertagesstätten öffnen morgens zwischen 5.30 Uhr und 6.00 Uhr und schließen abends zwischen 18.00 und 20.00 Uhr (vgl. Schriftsatz der Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten zu 2) vom 06. Juli 2007, S. 2 – 3, Bl. 96 u. 97 d. A.).
Die Be...