Entscheidungsstichwort (Thema)
Wiederkehrende Leistungen. keine Obergrenze gemäß § 12 VII 1 ArbGG
Leitsatz (amtlich)
Beim Streit um wiederkehrende Leistungen im Arbeitsverhältnis ist die Beschränkung des Gegenstandswerts auf 3 Monatsgehälter gemäß § 12 VII 1 ArbGG weder direkt noch analog anwendbar.
Normenkette
ArbGG § 12 Abs. 7 S. 1 a.F.
Verfahrensgang
ArbG Hamburg (Beschluss vom 23.06.2003; Aktenzeichen 14 Ca 476/02) |
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Hamburg vom 23. 6. 2003 (14 Ca 476/02) wird zurückgewiesen.
Tatbestand
I. Mit seiner am 30. 9. 2002 beim Arbeitsgericht erhobenen Klage verlangte der Kläger Freizeitausgleich für von ihm geleistete Mehrarbeit auf der Grundlage einer bei der Beklagten geltenden Betriebsvereinbarung. Mit Schriftsatz vom 13. 1. 2003 (Bl. 61 ff d. A.) erweiterte der Kläger die Klage und begehrte die Anerkennung von insgesamt 20 als Urlaubstage gebuchten Arbeitstagen im Jahr 2002 als Freizeitausgleich (Anträge 1, 2 und 4) sowie die Feststellung, dass der Kläger einen Rechtsanspruch darauf hat, für geleistete Überstunden Freizeitausgleich in Anspruch zu nehmen (Antrag 3). Das Jahreseinkommen des Klägers beträgt EUR 107.372,– und setzt sich aus Grundgehalt und Tantieme zusammen. Mit Urteil vom 20. 3. 2003 wies das Arbeitsgericht die Klage ab und setzte den Streitwert auf EUR 34.404, 48 fest.
Mit Schriftsatz vom 18. 6. 2003 beantragte der Kläger die gesonderte Festsetzung eines Gebührenstreitwertes auf nicht mehr als EUR 18.790, 11, hilfsweise auf EUR 21.750,– mit der Begründung, es stelle einen Wertungswiderspruch dar, wenn der Streit um Freizeitausgleich einen höheren Gegenstandswert aufweise als ein Streit um den Bestand des Arbeitsverhältnisses. Im angefochtenen Beschluss vom 23. 6. 2003 hat das Arbeitsgericht den Gebührenstreitwert in Anwendung von § 12 VII 2 ArbGG auf EUR 34.404, 48 festgesetzt. Dagegen wendet sich der Kläger mit seiner am 4. 7. 2003 bei Gericht eingegangenen Beschwerde, welcher das Arbeitsgericht nicht abgeholfen hat.
Entscheidungsgründe
II. Die Beschwerde ist gem. § 25 III GKG i. V. m. § 9 II BRAGO zulässig, sie ist insbesondere form- und fristgerecht eingelegt worden (§ 25 III 1 i. V. m. § 5 III sowie § 25 III 3 GKG). In der Sache hat die Beschwerde jedoch keinen Erfolg.
Das Arbeitsgericht ist bei seiner Wertfestsetzung zu Recht von § 12 VII 2 ArbGG ausgegangen, da der Kläger mit seiner Klage eine wiederkehrende Leistung geltend gemacht hat. Der Wortlaut der Norm bietet keinen Anhaltspunkt dafür, § 12 VII ArbGG so auszulegen, dass die Obergrenze des Satz 1 stets zu beachten ist und Satz 2 bei Streitigkeiten um wiederkehrende Leistungen eine zusätzliche Grenze beinhaltet. Hätte der Gesetzgeber eine solche Regelung gewollt, wäre es naheliegend gewesen, in Satz 1 die Streitwertbegrenzung nicht für Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses vorzusehen, sondern für arbeitsrechtliche Streitigkeiten insgesamt.
Für eine analoge Anwendung von § 12 VII 1 ArbGG fehlt es an einer vergleichbaren Interessenlage. § 12 VII 1 ArbGG hat einen sozialen Schutzzweck (Koch in ErfKom, 3. Aufl. 2003 § 12 Rz 11). Die Begrenzung des Gebührenstreitwertes für Bestandstreitigkeiten soll verhindern, dass Arbeitnehmer aus Furcht vor hohen Gebühren darauf verzichten, den Bestand ihres Arbeitsverhältnisses zu verteidigen. Bei einem Streit um Ansprüche des Arbeitnehmers aus dem unstreitig bestehenden Arbeitsverhältnis dürfte es regelmäßig bereits an einer entsprechenden Zwangslage des Arbeitnehmers fehlen. Selbst wenn dies aber der Fall ist, stehen dem Arbeitnehmer eine Reihe prozessualer Vorgehensweisen zur Verfügung, um mit geringen Kosten den Inhalt des Arbeitsverhältnisses klären zu lassen. So hätte der Kläger im vorliegenden Rechtsstreit durch eine Beschränkung der den Antrag zu 1) und / oder den Antrag zu 2) die zentrale Frage des Rechtsstreits, nämlich die Anwendbarkeit der Betriebsvereinbarung auf das Arbeitsverhältnis des Klägers, inzident klären lassen können. Die Effektivität des Rechtsschutzes wäre nicht hinter derjenigen des erhobenen umfassenden Feststellungsantrags zurückgeblieben. Da sich der anwaltlich beratene Kläger für eine andere Vorgehensweise entschieden hat, kann er sich nicht mit Erfolg gegen die vom Gesetz vorgesehene Kostenfolge wehren.
III. Die Entscheidung über die Beschwerde ergeht gem. § 25 IV GKG gebührenfrei. Gegen die vorliegende Entscheidung sind weitere Rechtsmittel nicht statthaft (§ 25 III 2 GKG).
Fundstellen