Verfahrensgang

ArbG Hamburg (Beschluss vom 24.10.1994; Aktenzeichen 28 GaBV 2/94)

 

Tenor

Die Beschwerde der Beteiligten zu 1) gegen den Beschluß des Arbeitsgerichts Hamburg vom 24. Oktober 1994 – 28 GaBv 2/94 – wird zurückgewiesen.

 

Gründe

Die nach § 10 Abs. 3 BRAGO zulässige, insbesondere rechtzeitig eingelegte Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.

Das Arbeitsgericht hat den Gegenstandswert mit Recht auf 15.000,– DM festgesetzt.

Das Arbeitsgericht ist bei seiner Entscheidung zutreffend von § 8 Abs. 2 Satz 2 BRAGO ausgegangen, weil das zugrunde liegende Verfahren einen nicht vermögensrechtlichen Streitgegenstand hatte.

Bei der Festsetzung des Gegenstandswertes nach § 8 Abs. 2 Satz 2 BRAGO für eine nicht vermögensrechtliche Streitigkeit hat, soweit dieses möglich ist, eine Bewertung unter individuellen Gesichtspunkten zu erfolgen. Neben dem Umfang und der Schwierigkeit einer Sache und dem daraus resultierenden Arbeitsaufwand für den Rechtsanwalt findet insbesondere auch die Bedeutung der Angelegenheit für die Beteiligten, deren ideelles und materielles Interesse bei der Gegenstandswertfestsetzung Berücksichtigung. Eine Festsetzung auf den in § 8 Abs. 2 Satz 2 BRAGO genannten Wert von 8.000,– DM (bis zur Novelle zur BRAGO vom 24.06.1994 (BGBl. I 1325) 6.000,– DM) kommt nur in Betracht, wenn Anhaltspunkte für eine individuelle Bewertung der Angelegenheit nicht gegeben sind. Bei dem Betrag von 8.000,– DM handelt es sich nicht um einen Regelwert, sondern um einen Hilfswert (vgl. LAG Hamburg, Beschluß vom 04.08.1992 – 2 Ta 6/92 – LAGE § 8 BRAGO Nr. 18 m. w. N.).

Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin ist die vom Arbeitsgericht vorgenommene Festsetzung des Gegenstandswertes auf 15.000,– DM ermessensgerecht.

Bei der Wertfestsetzung für Streitigkeiten im Zusammenhang mit dem Tätigwerden eines Wahlvorstandes für die Betriebsratswahl, bei denen dem Wahlvorstand die Durchführung einer Betriebsratswahl untersagt werden soll, ist es sachgerecht, an die Wertfestsetzung für die Anfechtung einer Betriebsratswahl anzuknüpfen. Für diese ist wegen ihrer erheblichen Bedeutung für die Beteiligten bei einem Verfahren von durchschnittlichem Umfang und durchschnittlicher Schwierigkeit ein den Hilfswert von 8.000,– DM deutlich übersteigender Wert festzusetzen. Dabei erscheint es sachgerecht, bei der Anfechtung der Wahl eines dreiköpfigen Betriebsrates regelmäßig einen Wert von 20.000,– DM in Ansatz zu bringen. Dies entspricht dem Zweieinhalbfachen des Hilfswertes. Bei der Wahl nur eines Betriebsobmannes ist der Betrag angemessen niedriger und bei der Wahl eines größeren Betriebsrates angemessen höher in Ansatz zu bringen.

Soweit das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein in dem von der Arbeitgeberin zitierten Beschluß vom 14. September 1994 – 2 Ta 101/94 – von einem grundsätzlich niedrigeren Gegenstandswert für die Anfechtung einer Betriebsratswahl ausgeht, vermag die beschließende Kammer dem mit Rücksicht auf die Bedeutung einer Wahlanfechtung für die Beteiligten nicht zu folgen. Die von der beschließenden Kammer für angemessen erachteten Wertansätze für die Anfechtung einer Betriebsratswahl liegen geringfügig über denjenigen, die das Landesarbeitsgericht Bremen in seinem Beschluß vom 11. April 1988 – 2 Ta 75/87 – (LAGE § 8 BRAGO Nr. 5) zugrunde gelegt hat. Das LAG Bremen geht dabei davon aus, daß für Wahlanfechtungen in Betrieben zwischen 21 und 50 wahlberechtigten Arbeitnehmern je nach der Größe des Betriebes von einem Wert zwischen 6.000,– DM und 12.000,– DM auszugehen ist. Unter Zugrundelegung des erhöhten Hilfswertes auf 8.000,– DM entspräche dies nunmehr einem Wert zwischen 8.000,– DM und 16.000,– DM. Nach Auffassung der beschließenden Kammer ist es zum einen sachgerechter, bei der Bewertung nicht an die Zahl der beschäftigten Arbeitnehmer, sondern an die Größe des gewählten Betriebsrates anzuknüpfen. Im übrigen handelt es sich bei der Anfechtung einer Betriebsratswahl um eine Angelegenheit von so erheblicher Bedeutung für die Beteiligten, daß es nach Auffassung der Kammer ermessensgerecht ist, den Gegenstandswert jedenfalls auf das Zweieinhalbfache des Hilfswertes festzusetzen, sofern das Verfahren hinsichtlich seiner Schwierigkeit und seines Umfanges keine Besonderheiten aufweist.

Ausgehend von einem Gegenstandswert für die Anfechtung einer im Betrieb der Arbeitgeberin durchgeführten Betriebsratswahl von 20.000,– DM entspricht es im Ergebnis billigem Ermessen, für das vorliegende einstweilige Verfügungsverfahren den Gegenstandswert auf drei Viertel dieses Betrages und damit auf 15.000,– DM festzusetzen, wie dies das Arbeitsgericht getan hat.

Die von der Arbeitgeberin beantragte einstweilige Verfügung hätte, sofern sie vom Arbeitsgericht antragsgemäß erlassen worden wäre, dazu geführt, daß der Betrieb der Arbeitgeberin weiterhin ohne Betriebsrat gewesen wäre. Das Verfahren hätte damit im Hinblick auf das Bestehen eines Betriebsrates ein vergleichbares Ergebnis wie eine erfolgreiche Wahlanfechtung, bei der bis zur Neuwahl...

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