Entscheidungsstichwort (Thema)

Gegenstandswertfestsetzung

 

Leitsatz (amtlich)

1.Streiten die Beteiligten in einem Beschlußverfahren nur um die betriebsverfassungsrechtliche Zuordnung einer Gruppe von Arbeitnehmern zu verschiedenen Betrieben, so fehlt es an einem Bezug zu einer personellen Einzelmaßnahme nach § 99 BetrVG und damit zu einer Wertfestsetzung in Anlehnung an § 12 Abs. 7 Satz 1 ArbGG.

2. Der Gegenstandswert ist nach billigem Ermessen i. S. von § 8 Abs. 2 Satz 2 BRAGO festzusetzen.

3. Bei der Festsetzung des Gegenstandswerts sind neben dem Umfang und dem Schwierigkeitsgrad der Sache und dem daraus resultierenden Arbeitsaufwand für den Rechtsanwalt insbesondere die Bedeutung der Angelegenheit für die Beteiligten zu berücksichtigen.

4. Eine Festsetzung auf dem in § 8 Abs. 2 Satz 2 BRAGO genannten Betrag von 8000,– DM kommt nur in Betracht, wenn Anhaltspunkte für eine individuelle Bewertung der Angelegenheit nicht gegeben sind.

 

Normenkette

BRAGO § 8 Abs. 2; BetrVG § 18 Abs. 2, § 99 Abs. 4; ArbGG § 12 Abs. 7 S. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Hamburg (Beschluss vom 07.10.1996; Aktenzeichen 21 Bv 6/96)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 2) wird der Beschluß des Arbeitsgerichts Hamburg vom 7. Oktober 1996 – 21 Bv 6/96 – abgeändert. Der Gegenstandswert für das Beschlußverfahren – 21 Bv 6/96 – wird auf DM 16.000,– festgesetzt.

 

Tatbestand

I.

Gegenstand des zugrunde liegenden Beschlußverfahrens war die Frage, ob elf namentlich benannte Arbeitnehmer im betriebsverfassungsrechtlichen Sinne Arbeitnehmer der Betriebsstätte L. der beteiligten Arbeitgeberin sind und somit von dem antragstellenden Betriebsrat im betriebsverfassungsrechtlichen Sinne vertreten werden oder ob sie der Betriebsstätte Oststeinbek der Arbeitgeberin zuzuordnen sind, für die ein anderer Betriebsrat gewählt ist.

Die Verfahrensbevollmächtigten des beteiligten Betriebsrates, die das vorliegende Gegenstandsfestsetzungsverfahren eingeleitet haben, haben geltend gemacht, in Anwendung der Vorschrift des § 8 Abs. 2 Satz 2 BRAGO entspreche es billigem Ermessen, für jeden der elf Arbeitnehmer den Hilfswert von DM 8.000,– in Ansatz zu bringen und den Gegenstandswert damit auf DM 88.000,– festzusetzen.

Das Arbeitsgericht hat in dem angefochtenen Beschluß den Gegenstandswert auf DM 79.750,– festgesetzt. Es ist dabei nach seiner Begründung offensichtlich davon ausgegangen, daß es sich bei dem zugrunde gelegten Verfahren um eine nicht vermögensrechtliche Streitigkeit im Sinne von § 8 Abs. 2 Satz 2 BRAGO handelt. Es hat dann in Anlehnung an die Rechtsprechung zur Gegenstandswertfestsetzung für Zustimmungsersetzungsverfahren nach § 99 BetrVG den Gegenstandswert in Anlehnung an § 12 Abs. 7 ArbGG bestimmt, indem es den Gegenstandswert auf die verdreifachte Summe der Bruttomonatsgehälter der in Rede stehenden Arbeitnehmer festgesetzt hat abzüglich eines Abschlages von einem Drittel wegen der Parallelität der Fälle.

Gegen diesen ihren Verfahrensbevollmächtigten am 9. Oktober 1996 zugestellten Gegenstandswertfestsetzungsbeschluß hat die Arbeitgeberin am 23. Oktober 1996 Beschwerde eingelegt mit dem Antrag, den Beschluß vom 7. Oktober 1996 aufzuheben und einen Gegenstandswert in Höhe von DM 8.000,– festzusetzen.

Die Arbeitgeberin macht unter anderem geltend:

Das zugrunde liegende Beschlußverfahren über die Zuständigkeit des Betriebsrates habe nicht konkrete, personelle Einzelmaßnahmen hinsichtlich der betroffenen einzelnen Arbeitnehmer zum Gegenstand. Bereits deshalb sei es sachlich nicht gerechtfertigt, für das vorliegende Verfahren den Gegenstandswert in der Weise festzusetzen, daß für jeden einzelnen betroffenen Arbeitnehmer in Anlehnung an § 12 Abs. 7 Satz 1 ArbGG drei Monatsgehälter in Ansatz gebracht werden und von dem sich hiernach ergebenden Gesamtwert wegen der Parallelität der Fälle ein Abschlag gemacht wird. Zum einen handele es sich nicht um eine Zusammenfassung von Parallelverfahren, sondern um ein einheitliches Verfahren zur Klärung der Zuordnung einer bestimmten Arbeitnehmergruppe. Zum anderen sei es auch verfehlt, bei einem solchen Verfahrensgegenstand in Anlehnung an eine verbreitete Festsetzungspraxis zu Beschlußverfahren nach § 99 Abs. 4 BetrVG auf die Bemessungsgrundsätze des § 12 Abs. 7 Satz 1 ArbGG zurückzugreifen.

Die Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrates verteidigen den arbeitsgerichtlichen Beschluß.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die nach § 10 Abs. 3 BRAGO zulässige, insbesondere rechtzeitig eingelegte Beschwerde hat in der Sache überwiegend Erfolg.

Der Gegenstandswert des zugrunde liegenden Verfahrens ist gem. § 8 Abs. 2 Satz 2 BRAGO auf 16.000,– DM festzusetzen.

Das Arbeitsgericht ist bei seiner Entscheidung zutreffend von § 8 Abs. 2 Satz 2 BRAGO ausgegangen, weil das zugrunde liegende Verfahren einen nicht vermögensrechtlichen Streitgegenstand hatte.

Bei der Festsetzung des Gegenstandswertes nach § 8 Abs. 2 Satz 2 BRAGO für eine nicht vermögensrechtliche Streitigkeit hat, soweit dieses möglich ist, eine Bewertung unter individuellen Gesichtspunkten zu er...

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