Verfahrensgang
ArbG Hamburg (Beschluss vom 30.11.1988; Aktenzeichen 7 Ca 300/88) |
Tenor
Der Beschluß des Arbeitsgerichts Hamburg vom 30. November 1988 – 7 Ca 300/88 – wird auf die Beschwerde des Klägers wie folgt abgeändert:
Die Kündigungsschutzklage wird nachträglich zugelassen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Beklagte bei einem Beschwerdewert von 15.750,– DM.
Tatbestand
I.
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Kündigung des Arbeitsverhältnisses des Klägers durch die Beklagte mit Schreiben vom 6. Juni 1988.
Die Kündigungsschutzklage des Klägers vom 4. August 1988 ist verbunden mit einem Antrag auf nachträgliche Zulassung beim Arbeitsgericht Hamburg eingegangen am 5. August 1988.
Der Kläger hat zur Begründung seines Antrags auf nachträgliche Zulassung in der Antragsschrift vom 4. August 1988 vorgetragen, er sei alkoholkrank und habe am 9. Mai 1988 einen Rückfall erlitten. Aufgrund dieses Rückfalles habe er sich in einem völligen Delirium befunden, welches ihn jeglicher Handlungen völlig unfähig gemacht habe. Er habe in der damaligen Wohnung in einem zunehmende verwahrlosenden Zustand gelegen, nicht in der Lage, sowohl geistig als auch körperlich, die einfachsten Angelegenheiten zu verrichten. Sein Zustand sei derartig schlecht gewesen, daß er am 10. Juni 1988 aufgrund seines andauernden Deliriums und einer vollkommenen Verwahrlosung auf Veranlassung der von der Gesundheitsbehörde eingeschalteten Ärzte in die geschlossene Abteilung des AK Ochsenzoll eingeliefert worden sei. Er sei dort in der geschlossenen Abteilung bis zum 16. Juni 1988 verblieben und dann ab 17. Juni 1988 in die offene Psychiatrie des AK Ochsenzoll verlegt worden. Dort habe er sich bis zum 10. Juli 1988 aufgehalten und sei anschließend nahtlos ab dem 11. Juli 1988 in das Sozialtherapeutische Wohnheim … umgezogen, wo er seitdem bei sozialtherapeutischer Betreuung wohne.
Seine Ehefrau sei am 16. Juni 1988 zusammen mit den Kindern aus der gemeinsamen Wohnung oder Mitnahme ihrer persönlichen Sachen ausgezogen. Den Hausrat, soweit er ihn betreffe, und seine persönlichen Sachen, habe sie einschließlich sämtlicher für ihn bestimmter Post in der Wohnung zurückgelassen. Er sei erst am 29. Juli 1988 in der Lage gewesen, seine Wohnung zu räumen. Dabei habe er beim Auspacken von Kisten die für ihn bestimmte Post vorgefunden, welche sich im Laufe der Zeit angesammelt hatte. Bei dieser Post hätten sich dann auch die zwei Kündigungsschreiben der Beklagten vom 6. Juni 1988 befunden, von denen eines durch die Beklagte per Einschreiben übersandt worden sei.
Nach allem habe er unverschuldet die Klagfrist gemäß § 4 KSchG versäumt. Er sei aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage gewesen, vor dem 29. Juli 1988 die Wohnung zu räumen und seine Angelegenheiten insoweit zu erledigen.
Zur Glaubhaftmachung seines Vorbringens in der Antragsschrift hat der Kläger seinem Antrag eine eidesstattliche Erklärung vom 4. August 1988 beigefügt, in der die Richtigkeit des Vorbringens in dem Antrag an Eides Statt versichert (vgl. Anlage K 3, Bl. 9 d.A.).
Die 7. Kammer des Arbeitsgerichts Hamburg hat auf die mündliche Verhandlung vom 2. November 1988 den Kläger darauf hingewiesen, daß sein bisheriges Vorbringen zur Begründung seines Antrages auf nachträgliche Zulassung ergänzungsbedürftig ist. Der Kläger hat daraufhin mit Schriftsatz vom 29. November 1988 sein Vorbringen ergänzt und als ergänzendes Mittel zur Glaubhaftmachung eine eidesstattliche Versicherung seines Prozeßbevollmächtigten vom 29. November 1988, ein Schreiben des Sozialtherapeuten W. Warskulat vom 29. November 1988, eine Ausfertigung der Gemeinschaftsregeln für das Wohnen im Sozialtherapeutische Wohnheim … und eine eigene eidesstattliche Erklärung vom 29. November 1988 zur Akte gereicht (vgl. Anl. K 4 – K 7, Bl. 28 ff. d.A.). … In seinem ergänzenden Schriftsatz vom 29. November 1988 hat der Kläger im wesentlichen folgendes vorgetragen:
Ihn habe nicht nur eine schwere reaktive Depression vom Betreten seiner Wohnung bis zum 29. Juli 1988 abgehalten, sondern darüber hinaus sei ihm auch ärztlicherseits aus psychiatrischen Gründen dringend nahegelegt worden, auf ein Betreten seiner Wohnung zu verzichten, um nicht eine erneute Traumatisierung mit den dann entsprechenden gesundheitlichen Folgen zu erleiden. Aufgrund seiner reaktiven Depression sei er nicht in der Lage gewesen, seine Wohnung vor dem 29. Juli 1988 aufzusuchen, und sei ihm von jeder Berührung mit seinem privaten Lebenskreis, so auch vom Ausräumen seiner Wohnung vor dem genannten Zeitpunkt, ärztlicherseits dringend abgeraten worden. Nach allem habe die Frist gemäß § 5 Abs. 3 Satz 1 KSchG frühestens am 29. Juli 1988 begonnen, so daß der Antrag auf nachträgliche Zulassung rechtzeitig gestellt worden sei. Deshalb könne auch dahingestellt bleiben, daß die Kündigung ihm ohnehin nicht wirksam zugegangen sei, weil er zum Zeitpunkt des Zuganges der Kündigung geschäftsunfähig gewesen sei.
Das Arbeitsgericht Hamburg hat durch den dem Kläger am 13. J...