Entscheidungsstichwort (Thema)
Abfindung als einzusetzendes Vermögen. Abfindung. Prozeßkostenhilfe. einzusetzendes Vermögen. Schonvermögen. besondere Belastungen
Leitsatz (amtlich)
Wird für eine Kündigungsschutzklage Prozeßkostenhilfe beantragt und schließen die Parteien einen Abfindungsvergleich, bevor über den Antrag entschieden worden ist, so ist die Abfindung als Vermögen des Antragstellers im Rahmen der §§ 115 Abs. 2 ZPO, 88 Abs. 2 Nr. 8 BSHG nach Maßgabe der einschlägigen Durchführungs-VO anteilig zu berücksichtigen.
Normenkette
ZPO § 115 Abs. 1, 1 Sätze 3, 3 Nr. 4, § 115; BSHG § 88
Verfahrensgang
ArbG Hamburg (Beschluss vom 14.02.1997; Aktenzeichen 1 Ca 172/96) |
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluß des Arbeitsgerichts Hamburg vom 14.2.1997 – 1 Ca 172/96 – wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Beschwerdegebühr zu tragen.
Tatbestand
I.
Der Kläger hat gegen die am 27.3.1996 zum 30.4.1996 erklärte Kündigung Kündigungsschutzklage erhoben und am 28.3.1996 Prozeßkostenhilfe beantragt.
Vor dem 30.8.1996 schlossen die Parteien einen außergerichtlichen Vergleich, der am 3.9.1996 wie folgt protokolliert wurde: „Die Beklagte verpflichtet sich, an den Kläger für den Verlust des Arbeitsplatzes eine Abfindung gemäß §§ 9, 10 KSchG in Verbindung mit § 3 Ziffer 9 EStG in Höhe von DM 28.000,– (i.W.: Deutsche Mark achtundzwanzigtausend) brutto zu zahlen.”
Im selben Termin überreichte der Kläger nach einem Hinweis durch das Arbeitsgericht Hamburg Belege über sein Einkommen und das seiner Ehefrau sowie den aktuellen Mietvertrag und beantragte nochmals, ihm Prozeßkostenhilfe zu bewilligen.
Das Arbeitsgericht hat mit Beschluß vom 14.2.1997 – 1 Ca 172/96 – den Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozeßkostenhilfe zurückgewiesen. In den Gründen des Beschlusses ist angeführt, daß der Kläger nach seinen wirtschaftlichen Verhältnissen in der Lage sei, die Prozeßkosten in Höhe von DM 2.581,75 aufzubringen, weil die vereinbarte Abfindung einen berücksichtigungsfähigen Vermögenswert darstelle. Die Berücksichtigung der Abfindung sei in diesem Fall auch zumutbar im Sinne von § 115 Absatz 2 Satz 1 ZPO, da die Vermittlungschancen des 28jährigen Klägers auf dem Arbeitsmarkt nicht als ungünstig anzusehen seien. Auch die gesundheitliche Situation des Klägers habe sich stabilisiert. Selbst wenn man berücksichtige, daß er Geld für eine neue Wohnung verwendet und Schulden für ein Mobiltelefon getilgt habe, sei es für ihn zumutbar, die Prozeßkosten selbst zu tragen.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde des Klägers. Er hat dazu die Auffassung vertreten, daß die Versagung von Prozeßkostenhilfe nicht gerechtfertigt sei und ihn in unangemessener Weise belaste. Eine Kündigungsabfindung solle über den Verlust des Arbeitsplatzes hinweghelfen, bis eine neue Einkommensquelle gefunden werde. Im Verhältnis zu dem Einkommen, welches der Gekündigte ohne Verlust des Arbeitsplatzes erzielt hätte, sei diese Abfindung als verschwindend gering anzusehen. Zudem sei über den Prozeßkostenhilfeantrag nach den Voraussetzungen bei Antragstellung zu entscheiden. Auch aus diesen Gründen müsse die später vereinbarte Abfindung außer acht bleiben. Des weiteren sei zu berücksichtigen, daß der Kläger nicht mehr über den Abfindungsbetrag verfüge. Er habe die Abfindung für die Bezahlung seiner bereits vor dem Vergleichsabschluß bestehenden Verbindlichkeiten verwandt, nämlich insgesamt DM 22.545,44 für die Anmietung und Einrichtung einer neuen Wohnung unter dem 15.6.1996, sowie weitere DM 4.438,94 für die Tilgung seiner Schulden für ein Mobiltelefon und bei der Landeshauptkasse.
Entscheidungsgründe
II.
1.
Die Beschwerde des Klägers ist gemäß §§ 567 Absatz 1, 127 Absatz 2 Satz 2 ZPO in Verbindung mit 78 Absatz 1 Satz 1 ArbGG statthaft und auch im übrigen zulässig, insbesondere formgerecht eingelegt gemäß § 569 ZPO. Da das Arbeitsgericht der Beschwerde nicht abgeholfen hat, ist durch das Landesarbeitsgericht als Beschwerdegericht gemäß § 571 ZPO in Verbindung mit § 78 Absatz 1 Satz 2 ArbGG zu entscheiden.
2.
Die Beschwerde ist aber nicht begründet.
Das Arbeitsgericht Hamburg hat den Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozeßkostenhilfte zu Recht zurückgewiesen, weil die Voraussetzungen des § 114 ZPO nicht gegeben sind. Der Kläger kann nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten des Rechtsstreits in Höhe von DM 2.581,75 aus der Vergleichssumme von DM 28.000,– aufbringen.
a)
Der Kläger kann sich demgegenüber nicht darauf berufen, daß ihm die Vergleichssumme erst nach der Antragstellung zugeflossen ist. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung sind die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Partei zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung über den Prozeßkostenhilfeantrag (Landesarbeitsgericht Berlin in EzA § 115 ZPO Nr. 6; Thomas-Putzo, ZPO, 20. Aufl., § 119 Rdnr. 4).
b)
Der Einsatz dieser Abfindung als Vermögen ist dem Kläger auch zumutbar im Sinne des § 115 Absatz 2 Satz 1 ZPO; § 88 des Bundessozialhilfegesetzes (BSHG...