Entscheidungsstichwort (Thema)
Bestandsstreitigkeiten (§ 61 a ArbGG). Prozesskostenhilfe
Leitsatz (amtlich)
Eine aufgrund eines Prozessvergleichs im Kündigungsschutzverfahren gezahlte Abfindung zählt in zumutbarem Rahmen zu dem nach § 115 Abs. 2 Satz 1 ZPO einzusetzenden Vermögen.
Die Zumutbarkeit des Einsatzes der Abfindungsleistung zum Tragen der Kosten der Prozessführung ist anhand von §115 Abs. 2 Satz 2 ZPO i.V.m. §88 Abs. 2 Ziff. 8 BSHG zu prüfen.
Normenkette
ZPO § 120 Abs. 4, § 115; BSHG § 88; KSchG §§ 9-10
Verfahrensgang
Tenor
Die Erinnerung des Klägers vom 28.12.1999 gegen den Beschluss des Rechtspflegers des Landesarbeitsgerichts Nürnberg vom 13.12.1999 – 3 Sa 140/99 – wird zurückgewiesen.
Tatbestand
I.
Mit Beschluss vom 13.12.1999 hat der Rechtspfleger beim Landesarbeitsgericht Nürnberg den Prozesskostenhilfebewilligungsbeschluss des Landesarbeitsgerichts vom 22.09.1999 dahingehend abgeändert, dass der Kläger aus seinem Vermögen einen einmaligen Betrag in Höhe von DM 2.059,58 zu zahlen hat, da sich die dem Rechtsstreit beigetretene Firma E. GmbH im Rahmen eines gerichtlichen Vergleiches verpflichtet hat, dem Kläger eine Abfindung in Höhe von DM 32.500,– zu zahlen. Gegen diesen den Prozessbevollmächtigten des Klägers am 15.12.1999 zugestellten Beschluss haben diese mit Schriftsatz vom 28.12.1999, beim Landesarbeitsgericht am 29.12.1999 eingegangen, Erinnerung eingelegt und wenden sich dagegen, dass die dem Kläger gezahlte Abfindung in Höhe von DM 32.500,– zum anrechenbaren Vermögen gezählt werde. Eine solche Anrechnung würde in eklatanter Weise gegen den Sinn und Zweck einer Abfindungszahlung, nämlich den Ausgleich für den Verlust des Arbeitsplatzes, verstoßen. Ferner müsse Berücksichtigung finden, dass der Kläger aus eigenen Ersparnissen, welche der Alterssicherung hätten dienen sollen, in einer Größenordnung von ca. DM 42.000,– Sollstände auf einem Firmenkonto ausgeglichen habe.
Entscheidungsgründe
II.
Die zulässige, in der Sache als Beschwerde geltende Erinnerung ist unbegründet. Der Rechtspfleger des Landesarbeitsgerichts Nürnberg hat zu Recht gemäß § 120 Abs. 4 Satz 1 ZPO den Prozesskostenhilfebewilligungsbeschluss abgeändert und den Kläger zu Recht zur Zahlung eines einmaligen Betrages in Höhe von DM 2.059,58 verpflichtet. Zunächst wird auf die umfassenden und im Ergebnis zutreffenden Gründe der angegriffenen Entscheidung, denen sich das Gericht anschließt, verwiesen. Ergänzend sind folgende Ausführungen veranlasst: Nach § 120 Abs. 4 Satz 1 ZPO kann ein Prozesskostenhilfebeschluss dann abgeändert werden, wenn sich die für die Prozesskostenhilfe maßgebenden persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse wesentlich geändert haben.
Durch die Zahlung der Abfindungssumme in Höhe von DM 32.500,– änderten sich die Vermögensverhältnisse des Klägers dahingehend, dass er nunmehr in der Lage ist, die von der Staatskasse verauslagte Prozesskostenhilfevergütung seines Prozessvertreters in Höhe von DM 2.059,58 für das Berufungsverfahren zu zahlen. Bei dem Abfindungsbetrag handelt es sich um anrechenbares Vermögen im Sinne von § 115 Abs. 2 ZPO. Die Frage, ob und in welchem Umfang die aufgrund eines Prozessvergleichs gezahlte Abfindung bei der Feststellung der wirtschaftlichen Voraussetzungen des Anspruchs auf Prozesskostenhilfe zu berücksichtigen ist, ist in der Rechtsprechung umstritten. Teilweise wird die Anrechnung abgelehnt, da sie infolge ihrer Funktion als Schmerzensgeld für den verlorenen Arbeitsplatz nicht als Vermögen im Sinne der Prozesskostenhilfe anzusehen sei (vgl. etwa LAG Bremen vom 20.07.1988, LAGE § 115 ZPO Nr. 29; LAG Berlin, NJW 1981, 2775; LAG Hamburg, BB 1980, 1801). Überwiegend wird dagegen die Auffassung vertreten, dass Kündigungsschutzabfindungen aus Prozessvergleichen als einsetzbares Vermögen zu berücksichtigen sind (vgl. etwa LAG Berlin vom 11.02.1983, EzA § 115 ZPO Nr. 6; LAG Schleswig-Holstein vom 24.06.1987, LAGE § 115 ZPO Nr. 25; LAG Berlin vom 05.04.1989, LAGE § 115 ZPO Nr. 34; LAG Rheinland-Pfalz vom 06.03.1995, LAGE § 115 ZPO Nr. 51; LAG Hamburg vom 13.08.1997, LAGE § 115 ZPO Nr. 52; LAG Schleswig-Holstein vom 24.09.1997, LAGE § 115 ZPO Nr. 53; ferner LAG Bremen vom 17.04.1998, LAGE § 115 ZPO Nr. 55, das den Abfindungsbetrag als Vermögenswert einsetzt, der die Grenzen der sich aus den Bemessungsgrundsätzen der §§ 9, 10 KSchG ergebenden Abfindungen übersteigt). Dieser nunmehr wohl als herrschend anzusehenden Rechtsauffassung, der sich auch das Landesarbeitsgericht Nürnberg (vgl. Beschluss vom 25.09.1998 – 8 Sa 699/97 – n.v.) angeschlossen hat, folgt auch das erkennende Gericht. Kündigungsabfindungen sind so zu behandeln wie andere Vermögensbestandteile auch. Denn sie unterliegen der freien Verfügung des Arbeitnehmers, und es ist nicht einzusehen, dass sie wegen einer Zweckbindung nicht einsetzbar sein sollen, während beispielsweise ererbtes Vermögen, das nach dem Willen von Erblasser und Erbe sicherlich auch einem and...