Entscheidungsstichwort (Thema)
Einsetzung einer Einigungsstelle zum Thema Verteilung der Arbeitszeit der Arbeitnehmer sowie Regelungen zur Gleitzeit
Leitsatz (redaktionell)
1. Eine Einigungsstelle ist offensichtlich unzuständig, soweit es um ein Mitbestimmungsrecht geht, das offensichtlich nicht dem antragstellenden örtlichen Betriebsrat, sondern dem Gesamtbetriebsrat zusteht.
2. Für die Regelung der Arbeitszeitfragen nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG ist im Fall der Betroffenheit sämtlicher Betriebsstätten des Arbeitgebers der Gesamtbetriebsrat nach § 50 Abs. 1 S. 1 BetrVG zuständig.
3. Desselbe Regelungsgegenstand liegt nur vor, wenn auch die Betriebsparteien dieselben sind.
Normenkette
BetrVG § 76 Abs. 5, § 87 Abs. 2
Verfahrensgang
ArbG Hamburg (Entscheidung vom 04.04.2023; Aktenzeichen 19 BV 6/23) |
Tenor
Der Beschluss des Arbeitsgerichts Hamburg vom 4. April 2023, Az.: 19 BV 6/23, wird teilweise abgeändert.
Es wird eine Einigungsstelle zu dem Regelungsgegenstand 11Lage und Verteilung der Arbeitszeit der Arbeitnehmer der Beteiligten zu 2. des Betriebs Hamburg/Lübeck/Rostock" unter dem Vorsitz des Vorsitzenden Richters am Landesarbeitsgericht Hamburg Herrn ... eingesetzt. Die Zahl der Besitzer wird auf 3 pro Seite festgelegt.
Im Übrigen wird die Beschwerde des Beteiligten zu 1. zurückgewiesen.
Gründe
1.
Die Beteiligten streiten über die Einsetzung einer Einigungsstelle.
Bei der Arbeitgeberin und Beteiligten zu 2. handelt es sich um die deutsche Tochtergesellschaft eines Herstellers von Aufzügen, Rolltreppen und Automatiktüren. Bei ihr sind jeweils mehrere Standorte zu einem Betrieb zusammengefasst. Antragsteller und Beteiligter zu 1. ist der für den Betrieb Hamburg/Lübeck/Rostock gebildete Betriebsrat.
Ursprünglich bestand für den Betrieb Hamburg/Lübeck/Rostock die "Betriebsvereinbarung Gleitzeit" vom 22. Oktober 2003, abgeschlossen noch von der ... KG (GmbH & Co.) und dem dortigen Betriebsrat, (Anlage AST 1) mit dem grundsätzlichen Geltungsbereich "für alle Beschäftigten". Diese Betriebsvereinbarung enthielt umfangreiche Arbeitszeitregelungen, u.a. auch Regelungen zur Verteilung der Arbeitszeit von Mitarbeitern, die ganz oder vorübergehend von der Gleitzeit ausgenommen waren. In Ziffer 12 der Betriebsvereinbarung wurde für Monteure, die eingeteilt waren in Notdienst-Einsatzplan, Rufbereitschaft oder Freitag Spätmelder (versetzte Arbeitszeit), auf die entsprechende betriebliche Notdienstvereinbarung verwiesen. Außerdem bestand für den Betrieb Hamburg/Lübeck/Rostock die Betriebsvereinbarung über "Versetzte Arbeitszeit und Rufbereitschaft" vom 15. Juni 2021 (Anlage AST 2), geltend "für alle fachlich geeigneten Mitarbeiter aus den Bereichen Service/Wartung/Reparatur" (vgl. Ziffer 2 dieser Betriebsvereinbarung). Beide Betriebsvereinbarungen wurden durch die Arbeitgeberin zum 31. Dezember 2021 gekündigt.
Die Arbeitgeberin traf die unternehmerische Entscheidung, die Gebiete zur Erbringung der Rufbereitschafts- und Notrufdienste zukünftig überbetrieblich zu konzipieren. Sie beabsichtigte, die Fragen der Arbeitszeitgestaltung für die Arbeitnehmer durch eine Vereinbarung mit dem Gesamtbetriebsrat in einem betriebsübergreifenden Modell regeln. Die Arbeitgeberin vertrat und vertritt die Auffassung, dieser sei originär hierfür zuständig und versuchte, Verhandlungen mit dem Gesamtbetriebsrat aufzunehmen. Der Gesamtbetriebsrat ging zunächst von der Zuständigkeit der lokalen Betriebsräte aus und verweigerte Verhandlungen über eine Gesamtbetriebsvereinbarung Arbeitszeit. Einen Delegationsbeschluss seitens des lokalen Betriebsrats Hamburg/Lübeck/Rostock gibt es nicht.
Der hier antragstellende Betriebsrat forderte die Arbeitgeberin im September 2021 auf, mit ihm Verhandlungen über eine Betriebsvereinbarung zur Gleitzeit auf der Grundlage eines von ihm erstellten Entwurfs (Anlage AST3), der sich inhaltlich an die bisher bestehende Betriebsvereinbarung Gleitzeit anlehnt, mit dem vorgesehenen Geltungsbereich "alle Beschäftigten des Betriebs Hamburg/Lübeck/Rostock" aufzunehmen. In diesem Entwurf heißt es u.a.:
12. Rufbereitschaft
Für Monteure, die für die Rufbereitschaft eingeteilt sind, gilt die entsprechende Betriebsvereinbarung.
Sie unterliegen in den eingeteilten Zeiträumen nicht dieser BV.
Die Arbeitgeberin lehnte dies am 17. September 2021 (vgl. Anlage AST4) ab, weil aus ihrer Sicht nicht abschließend geklärt sei, wer für die Verhandlungen zum Thema Gleitzeit/Rufbereitschaft zuständig sei, unter Verweis auf ein Verfahren vor dem Landesarbeitsgericht Niedersachsen (Az. 2 TaBV 78/21) zur Einsetzung einer Einigungsstelle auf Ebene des Gesamtbetriebsrats, welches abgewartet werden solle. Das Landesarbeitsgericht Niedersachsen setzte in diesem Verfahren auf Antrag der Arbeitgeberin vom 22.-Juni 2021 mit Beschluss vom 13. Oktober 2021 (Anlage AG 3) eine Einigungsstelle mit dem Regelungsgegenstand "Gesamtbetriebsvereinbarung Arbeitszeit/Rufbereitschaft und Notruf für die Monteure, Servicemeister und Technischen Spezialisten einschließlich der im Ge...