Entscheidungsstichwort (Thema)
Entschädigungsanspruch wegen Diskriminierung. subjektiv nicht ernsthafte Bewerbung. Prozesskostenhilfe
Leitsatz (amtlich)
1. Wenn ein Bewerber, der Entschädigungsansprüche wegen geschlechtsdiskriminierender Stellenausschreibung geltend gemacht hat, die Einladung zur Teilnahme an einem Vorstellungsgespräch ausschlägt, ohne dass es dafür nachvollziehbare Gründe gibt, stellt dies ein hinreichendes Indiz dafür dar, dass seine Bewerbung nicht ernsthaft gemeint war.
2. Liegen hinreichende Indizien vor, die gegen eine ernsthafte Bewerbungsabsicht sprechen, kommen Schadensersatz- bzw. Entschädigungsansprüche gemäß § 15 AGG nicht in Betracht.
3. Ein auf die Geltendmachung derartiger Ansprüche gerichteter Prozesskostenhilfeantrag ist in solchen Fällen offensichtlich mutwillig.
Normenkette
AGG § 15; ZPO § 114
Verfahrensgang
ArbG Hamburg (Beschluss vom 11.06.2008; Aktenzeichen 27 Ca 136/08) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Hamburg vom 11. Juni 2008 – 27 Ca 136/08 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Tatbestand
I.
Der Kläger macht mit der Klage vom 18. März 2008 einen Entschädigungsanspruch wegen behaupteter geschlechtsdiskriminierender Benachteiligung bei einer Bewerbung geltend und begehrt hierfür Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung seines Prozessbevollmächtigten.
Der Kläger bewarb sich mit Schreiben vom 29. Oktober 2007 auf eine Stellenanzeige der Beklagten im HA vom 27./28. Oktober 2007, mit der eine „Bürokauffrau o.ä.” gesucht wurde. Mit Schreiben vom 31. Oktober 2007 teilte die Beklagte dem Kläger mit, sie habe sich für einen anderen Bewerber entschieden. Daraufhin machte der Kläger mit Schreiben vom 23. Dezember 2007 gegenüber der Beklagten geltend, diese habe seine Bewerbung in diskriminierender Weise zurückgewiesen; zugleich wies der Kläger darauf hin, dass die Höhe des vorgesehenen Schadensersatzes auf drei Bruttomonatsgehälter begrenzt sei, sofern der Bewerber auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre, anderenfalls gelte diese Obergrenze nicht. In Beantwortung des Schreibens vom 23. Dezember 2007 wandten sich die nunmehrigen Prozessbevollmächtigten der Beklagten mit Schreiben vom 2. Januar 2008 an den Kläger und teilten mit, seine Bewerbung sei nicht aus diskriminierenden bzw. geschlechtsspezifischen Gründen erfolglos geblieben, vielmehr aus betriebsinternen Umständen im Zusammenhang mit einer Umstrukturierung und dem Umzug des Geschäftsbetriebes der Beklagten; nunmehr bestehe wieder Vakanz, so dass der Kläger zu einem Vorstellungsgespräch bei der Beklagten am 16. Januar 2008 um 10 Uhr eingeladen werde. Hierauf ließ der Kläger mit anwaltlichem Schreiben vom 8. Januar 2008 erwidern, nach der diskriminierenden Ablehnung seiner Bewerbung sei ihm eine Tätigkeit im Unternehmen der Beklagten nicht zumutbar.
Das Arbeitsgericht wies den Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seines Prozessbevollmächtigten mit Beschluss vom 11. Juni 2008 wegen Fehlens einer hinreichenden Erfolgsaussicht zurück. Gegen den ihm am 30. Juni 2008 zugestellten Beschluss richtet sich die sofortige Beschwerde des Klägers vom 29. Juli 2008, der das Arbeitsgericht nicht abgeholfen hat.
Entscheidungsgründe
II.
Die sofortige Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet.
1. Die sofortige Beschwerde ist zulässig.
Sie ist gemäß §§ 127 Abs. 2 Satz 2, 567 Abs. 1 Ziffer 1 ZPO statthaft, weil der Streitwert der Hauptsache den in § 511 ZPO genannten Betrag überschreitet.
Die sofortige Beschwerde ist formgerecht im Sinne des § 569 Abs. 2 ZPO eingelegt worden. Die Beschwerdefrist ist eingehalten, weil die angefochtene Entscheidung dem Beschwerdeführer am 30. Juni 2008 zugestellt worden ist und die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde innerhalb der in § 127 Abs. 2 Satz 3 ZPO vorgesehenen Frist von einem Monat nach Zustellung, nämlich am 29. Juli 2008 eingegangen ist.
2. Die Beschwerde ist jedoch unbegründet.
Gemäß § 114 ZPO i.V.m. § 11 a Abs. 3 ArbGG erhält eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.
Die Rechtsverfolgung des Klägers bietet keine hinreichende Aussicht auf Erfolg und erscheint darüber hinaus offensichtlich mutwillig.
Voraussetzung für einen Schadensersatz- oder Entschädigungsanspruch gemäß § 15 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) ist, dass der Arbeitgeber gegen das sich aus § 7 Abs. 1 i. V. m. § 1 AGG ergebende Benachteiligungsverbot verstößt. Erforderlich ist also eine Benachteiligung aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität. Macht im Streitfall der Arbeitnehmer Tatsachen glaubhaft, di...