Entscheidungsstichwort (Thema)
Zulässigkeit des Rechtsweges. Geschäftsführerdienstvertrag und Arbeitsverhältnis. Aufhebung eines Arbeitsverhältnisses durch Abschluss eines Geschäftsführerdienstvertrags
Leitsatz (redaktionell)
1. Schließt ein Arbeitnehmer mit seinem Arbeitgeber einen Geschäftsführerdienstvertrag, so wird vermutet, dass hierdurch zugleich das bisherige Arbeitsverhältnis zum Zeitpunkt des Beginns des Geschäftsführerdienstverhältnisses aufgelöst wird, soweit nicht klar und eindeutig etwas anderes vertraglich vereinbart worden ist. Durch den Geschäftsführerdienstvertrag werden die vertraglichen Beziehungen der Parteien zueinander auf eine neue Grundlage gestellt, die bisherige Grundlage entfällt.
2. Mit dem Abschluss des Geschäftsführerdienstvertrages und der damit einhergehenden Bestellung zum Geschäftsführer werden für den Beschäftigten bereits von Gesetzes wegen zahlreiche neue Rechte und Pflichten aus dem GmbHG begründet, die sich von der arbeitsvertraglichen Verpflichtung deutlich unterscheiden.
3. Der zu Grunde liegende Anstellungs- bzw. Geschäftsführerdienstvertrag verwandelt sich mit dem Verlust der Organstellung insbesondere auch nicht (wieder) in einen Arbeitsvertrag. Ein wirksam aufgehobenes früheres Arbeitsverhältnis lebt durch die Abberufung als Geschäftsführer nicht – jedenfalls nicht ohne weiteres – wieder auf, ebenso wenig entsteht ein neues Arbeitsverhältnis.
Normenkette
GVG § 17a; GmbHG § 35; BGB §§ 623, 126, 133, 157, 305c Abs. 2; ArbGG §§ 78, 5 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Hamburg (Beschluss vom 08.07.2008; Aktenzeichen 9 Ca 481/07) |
Nachgehend
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Klägers (Beschwerdeführers) gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Hamburg vom 8. Juli 2008 – 9 Ca 481/07 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Tatbestand
I.
Die Parteien streiten um die Beendigung des zwischen ihnen begründeten Anstellungsverhältnisses, vorrangig um die Zulässigkeit des Rechtsweges.
Die Beklagte (Beschwerdegegnerin) verfügt über einen freiwilligen Aufsichtsrat nach § 52 GmbHG. Ausweislich Ziff. 5 der Geschäftsordnung (Anl. B2, Bl. 34 d.A.), die auf einem Beschluss der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 19. April 1985 beruht (Anl. B3, Bl. 35 ff d.A.), ist der Aufsichtsrat berechtigt, Anstellungsverträge mit den Geschäftsführern zu schließen.
Der Kläger war zunächst aufgrund eines Arbeitsvertrages vom 17. Februar 1995 (Anl. Bf 2, Bl. 79 d.A.) ab dem 1. Juli 1995 bei der Beklagten angestellt. Mit Arbeitsvertrag vom 11. November 1996 (Anl. Bf 3, Bl. 80 d.A.) wechselte er mit Wirkung zum 1. Januar 1997 als Büroleiter zur P. GmbH (zuk. P. GmbH), einer damals fünfzigprozentigen Tochtergesellschaft der Beklagten. Unter dem 7. Februar 1997 wurde der Kläger als Gesamtprokurist dieser Gesellschaft im Handelsregister eingetragen. Am 7. Februar 2002 unterzeichnete der Kläger ein Schreiben, in welchem er dieses Beschäftigungsverhältnis zum 31. März 2002 kündigte (Anl. BG 1, Bl. 100 d.A.). Der Zugang dieser Kündigung bei der Beklagten ist zwischen den Parteien streitig; nach Erinnerung des Klägers legte er diese Kündigung in der von ihm selbst geführten Personalakte der P. GmbH ab. Auf Grund eines Gesellschafterbeschlusses der P. GmbH vom 16. Juli 2002 (Anl. Bf 7, Bl. 115 d.A.) wurde der Kläger ausweislich des Handelsregisterauszuges unter dem 13. Dezember 2002 als alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer der P. GmbH im Handelsregister eingetragen; die unter dem 30. Januar 2002 für ihn eingetragene Gesamtprokura erlosch zum selben Datum.
Ab dem 1. April 2002 wurde der Kläger auf der Grundlage eines mit der Beklagten abgeschlossenen Arbeitsvertrages vom 28. Januar 2002 (Anl. Bf 4, Bl. 81 d.A.) bei der Beklagten als kaufmännischer Angestellter zu einem monatlichen Bruttogehalt von EUR 4.250,00 beschäftigt. Ausweislich einer Mitteilung der Beklagten vom 23. Mai 2002 (Anl. Bf 5, Bl. 86 d.A.) wurde das Gehalt ab Mai 2002 auf EUR 4.400,00 erhöht. Nach eigenem Vortrag des Klägers blieb er parallel zu seiner Tätigkeit bei der Beklagten weiterhin für die P. GmbH als Büroleiter tätig.
Am 12. Juni 2002 schlossen die Parteien einen „Anstellungsvertrag” (Anl. B 1, Bl. 28 f d.A.), wonach der Kläger auf Grundlage eines Bestellungsbeschlusses der Gesellschafter der Beklagten vom 24. April 2002 ab dem 1. Juli 2002 als Geschäftsführer der Beklagten tätig sein sollte. Die Beklagte wurde hierbei durch ihren damaligen Aufsichtsratsvorsitzenden vertreten.
Auf der Grundlage eines Verschmelzungsvertrages vom 24. Juni 2003 verschmolz die P. GmbH als übertragender Rechtsträger mit der Beklagten; die Eintragung der Verschmelzung ins Handelsregister erfolgte am 14. Oktober 2003.
Mit Schreiben vom 16. Oktober 2007 (Anl. K 1, Bl. 3 d.A.) ihres jetzigen Aufsichtsratsvorsitzenden hat die Beklagte nunmehr die fristgerechte Kündigung des Anstellungsvertrages zum 30. April 2008 erklärt. Durch Beschlüsse des Aufsichtsrats vom 12. Oktober 2...