Entscheidungsstichwort (Thema)
Beiordnung zu den Bedingungen eines ortsansässigen Anwalts
Leitsatz (amtlich)
– Die Beiordnung eines ortsfremden Rechtsanwalts zu den Bedingungen des ortsansässigen Anwalts ist zulässig, wenn der Rechtsanwalt mit der eingeschränkten Beiordnung einverstanden ist.
– Vom Vorliegen eines Einverständnis kann ohne weiteres ausgegangen, wenn ein Rechtsanwalt bei einem ortsfremden Gericht ohne Vorbehalt seine Beiordnung beantragt. Eines Hinweises gemäß § 139 ZPO bedarf es nicht.
– Eine Erstattung von Reisekosten des ortsfremden Rechtsanwalts bis zur Höhe von (fiktiven) Reisekosten, die der Partei für eine Informationsreise zu einem ortsansässigen Anwalt entstanden wäre, kommt grundsätzlich nicht in Betracht.
– Trotz Fehlendes einer ortsgebundenen Zulassung ist § 121 III ZPO im arbeitsgerichtlichen Verfahren in dem Sinne analog anzuwenden, dass durch die Beiordnung eines ortsfremden Anwalts keine Mehrkosten entstehen dürfen.
– Das Recht zur sofortigen Beschwerde gegen eine Entscheidung im PKH-Verfahren steht auch dem mit Einschränkungen beigeordneten Rechtsanwalt zu.
Rechtsbeschwerde vom 03.12.2003 AZ: 2 AZB 65/03
Normenkette
ZPO § 121 Abs. 3
Nachgehend
Tenor
1. Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts vom 7. 4. 2003 (8 Ca 14/03) wird zurückgewiesen.
2. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Tatbestand
I. Am 8.1.2003 erhob der Kläger beim Arbeitsgericht Hamburg Klage wegen Feststellung der Unwirksamkeit einer von der Beklagten ausgesprochenen Kündigung und wegen Lohnzahlung. Gleichzeitig beantragte er Prozesskostenhilfe und Beiordnung seines Prozeßbevollmächtigten, dessen Kanzleisitz ebenso wie der Wohnort des Klägers Köln ist. In der Güteverhandlung am 24.3.2003, zu welcher der Prozessbevollmächtigte des Klägers aus Köln angereist war, schlossen die Parteien einen Vergleich, der zur Erledigung des Rechtsstreits führte. Mit Beschluss vom 7.4.2003 bewilligte das Arbeitsgericht Prozesskostenhilfe für die Klage und den Vergleich und ordnete den Prozessbevollmächtigten des Klägers zu den Bedingungen eines Hamburger Anwalts, d. h. unter Ausschluss der Erstattung anwaltlicher Reisekosten bei. Mit seiner am 14.4.2003 bei Gericht eingegangenen „Beschwerde” wendet sich der Prozessbevollmächtigte des Klägers gegen diese Einschränkung der Beiordnung. Das Arbeitsgericht hat dem Rechtsbehelf nicht abgeholfen.
Entscheidungsgründe
II. Bei dem vom Prozessbevollmächtigten des Klägers eingelegten Rechtsbehelf handelt es sich um eine sofortige Beschwerde i. S. v. § 127 II ZPO. Diese ist zulässig aber nicht begründet.
1. Die Statthaftigkeit der sofortigen Beschwerde gegen Entscheidungen der Arbeitsgerichte im PKH-Verfahren ergibt sich aus § 78 ArbGG i. V. m. §§ 569, 567, 127 II ZPO. Das Recht zur sofortigen Beschwerde steht im vorliegenden Fall auch dem mit Einschränkungen beigeordneten Rechtsanwalt persönlich zu, da der Umfang der Beiordnung im Bewilligungsbeschluss mit Bindungswirkung für das Festsetzungsverfahren geregelt wird und dieser den Vergütungsanspruch des Prozessbevollmächtigten daher unmittelbar beeinflusst (vgl. OLG Hamburg v. 12. 2. 2000 – 12 WF 25/00 – FamRZ 00, 1227; LAG Thüringen v. 21. 7. 1997 – 8 Ta 100/97 – LAGE § 121 ZPO Nr. 4 m. w. N.; OLG Brandenburg v. 20. 1. 2000 – 9 WF 189/99 – FamRZ 00, 1385; Zöller-Philippi, ZPO, 23. Aufl. § 127 Rz 19; a. A. OLG Düsseldorf v. 23. 2. 1993 – 3 WF 13/93 – FamRZ 93, 819). Die sofortige Beschwerde ist auch form- und fristgerecht eingelegt worden.
2. In der Sache hat die sofortige Beschwerde keinen Erfolg, denn das Arbeitsgericht hat die Beiordnung des Beschwerdeführers zu Recht zu den Bedingungen eines Hamburger Anwalts vorgenommen und damit die Erstattung von Reise- und Übernachtungskosten ausgeschlossen.
a) Umstritten ist allerdings bereits, nach welcher Vorschrift die Zulässigkeit einer solchen Einschränkung zu beurteilen ist.
§ 121 III ZPO, wonach ein nicht bei dem Prozessgericht zugelassener Anwalt nur beigeordnet werden kann, wenn dadurch keine weiteren Kosten entstehen, wird teilweise für unanwendbar gehalten, weil es in der Arbeitsgerichtsbarkeit keine ortsgebundene Zulassung von Anwälten gibt (LAG Düsseldorf v. 28. 6. 1984 – 7 Ta 114/84 – EzA § 121 ZPO Nr. 1). Die h. M. wendet die Vorschrift wegen des erkennbaren Regelungszwecks, die Staatskasse von vermeidbaren Reisekosten zu entlasten, in dem Sinne analog an, dass durch die Beiordnung eines Rechtsanwalts, der nicht im Gerichtsbezirk seinen Sitz hat, keine Mehrkosten entstehen dürfen (LAG Thüringen – 8 Ta 100/97 – LAGE § 121 ZPO Nr. 4; LAG Rheinland-Pfalz v. 18. 10. 1985 – 1 Ta 218/85 – LAGE § 121 ZPO Nr. 2; LAG Hamm v. 10. 8. 2001 – 14 Ta 324/01 (zitiert nach juris); Zöller-Philippi, aaO § 121 Rz 12). Dafür spricht, dass § 121 III ZPO bei wortgetreuer Auslegung praktisch bedeutungslos wäre. Weder die Fachgerichtsbarkeiten noch die Amtsgerichte kennen eine ortsgebundene Zulassung von Anwälten. Durch die Neufassung ...