Entscheidungsstichwort (Thema)

Prozesskostenhilfe-Erfolgsaussichten. Reisekosten

 

Leitsatz (amtlich)

1. Schlüsselt eine Arbeitnehmer die behauptet eingehaltene Arbeitszeit nach Arbeitstag, Arbeitsbeginn und Arbeitsende auf, so liegt ein hinreichend schlüssiger Sachvortrag für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe vor.

2. Ein Arbeitnehmer, der (behauptet) an 7 Tagen in der Woche gearbeitet hatte, kann Urlaubsabgeltung ausgehend von einem Jahresurlaub von 28 Tagen begehren. Das Bundesurlaubsgesetz will dem Arbeitnehmer 4 Wochen Jahresurlaub gewähren, der von einem 24-tätigren Jahresurlaub nicht erreicht wäre. Der Umstand, dass eine regelmäßige Arbeit an 7 Wochentagen gesetzwidrig ist, steht dem nicht entgegen.

3. Ein auswärtiger Rechtsanwalt ist einer Partei im Wege der Prozesskostenhilfe kraft Gesetzes nur dann beizuordnen, wenn dadurch keine Mehrkosten entstehen. Dem beigeordneten auswärtigen Rechtsanwalt stehen daher weder Abwesenheits- noch Tagegelder oder Reisekosten zu.

4. Mit der bloßen Antragstellung des auswärtigen Rechtsanwalts, im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordnet zu werden, liegt regelmäßig eine konkludente Zustimmung zu seiner beschränkten Beiordnung vor. 5. Ist die Partei wegen der weiten Entfernung zum Gerichtsort, der Schwierigkeit der Rechtssache und/oder ihrer eigenen Schreibungewandtheit außer Stande, mit einem am Gerichtsort ansässigen Rechtsanwalt zu kommunizieren, ist ggf. ein Verkehrsanwalt beizuordnen. Die Voraussetzungen für die erforderliche Beiordnung eines Verkehrsanwalts sind vorzutragen.

 

Normenkette

ZPO §§ 114, 121 III; RVG § 46

 

Verfahrensgang

ArbG München (Beschluss vom 30.10.2009; Aktenzeichen 39 Ca 13110/09)

 

Tenor

1. Der Beschluss des Arbeitsgerichts München vom 30. Okt. 2009 – 39 Ca 13110/09 wird teilweise abgeändert.

2. Dem Kläger wird Prozesskostenhilfe hinsichtlich der Anträge 1. und 5. der Klageschrift in unbeschränkter Höhe bewilligt.

3. Die weitergehende sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen.

 

Tatbestand

I.

Der Kläger, gelernter Restaurantkaufmann, war beim Beklagten in dessen Gaststätte vom 1. Feb. 2009 bis 14. Juni 2009 beschäftigt gewesen. Ein schriftlicher Arbeitsvertrag bestand nicht. Allerdings hatte der Kläger eine Arbeitsvereinbarung vom 26. Jan. 2009 unterzeichnet, auf die Bezug genommen wird (Anlage B 1, Bl. 29 d. A.). Er erhielt eine Vergütung von monatlich EUR …. Das Arbeitsverhältnis endete auf Grund fristloser Eigenkündigung des Klägers.

Mit seiner Klage vom 20. Aug. 2009 machte der Kläger weitere Vergütung, Schadenersatz, Urlaubsabgeltung und Erteilung von Arbeitspapieren geltend. Er hat für das Klageverfahren mit der Klageerhebung Prozesskostenhilfe beantragt.

Er behauptet, er habe täglich bis zu 12 Stunden an 7 Tagen in der Woche als Schaukellner (wohl: Schankkellner) gearbeitet; hierfür sei tariflich ein Lohn von EUR 1.313.– und ab dem 4. Monat von EUR 1.426.– bei 39 tariflichen Monatsstunden üblich. Die Stundenaufstellung, die er gearbeitet haben will, legt der Kläger als Anlage K 1 (Bl. 12 d. A.) vor.

Ferner trägt er vor, er habe wegen der mehrfach angesprochenen, aber seitens des Beklagten nicht abgestellten Missstände im Betrieb, insbesondere wegen des nicht erteilten Arbeitsvertrages, der sittenwidrig geringen Entlohnung und des nicht gewährten freien Tages, fristlos gekündigt. Angesichts dessen begehre er nach § 628 Abs. 2 BGB Schadenersatz.

Schließlich ist er der Ansicht, ihm sei der offene Urlaub ausgehend von 28 Urlaubstagen pro Jahr abzugelten, da er an 7 Tagen in der Woche gearbeitet habe.

Das Arbeitsgericht München hat dem Kläger mit Beschluss vom 30. Okt. 2009 Prozesskostenhilfe für seine Klageanträge 2, 3 und 6 (Arbeitsbescheinigung, Arbeitszeugnis und Zahlung von 50.– EUR) uneingeschränkt, für den Klageantrag 1. nur im Umfang von EUR 3.639,58 (statt begehrter EUR 7.350,61), für Antrag 5 nur in Höhe von EUR 438,76 (statt begehrter EUR 614,06) bewilligt und den Antrag im Übrigen zurückgewiesen. Ferner hat es klargelegt, dass für den beigeordneten Rechtsanwalt Dr. M. weder Reisekosten noch Tage- oder Übernachtungsgelder erstattet werden. Auf den Beschluss und dessen Begründung wird vollinhaltlich Bezug genommen (Bl. 50 ff. d. A.).

Gegen diesen ihm am 4. Nov. 2009 zugestellten Beschluss hat der Kläger mit Schriftsatz vom 3. Dez. 2009, der am selben Tag per Telefax beim Arbeitsgericht eingegangen war, sofortige Beschwerde eingelegt.

Er meint, er habe die geleistete Arbeitszeit in hinreichender Hinsicht schlüssig dargetan. Auch ist er der Ansicht, er habe ausgeführt, er habe auf die Missstände, die ihn zum Ausspruch der fristlosen Eigenkündigung bewogen hätten, hingewiesen, eine genauere Darlegung sei nicht zu fordern. Weiter hält er daran fest, dass angesichts der Arbeitsleistung an 7 Tagen/Woche auch einen erhöhten Urlaubsanspruch habe.

Schließlich wendet er sich gegen den Ausschluss von Reisekosten sowie Tage- und Übernachtungsgeldern.

Das Arbeitsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und den Rechtsstreit dem Landesarbeitsgericht vorgelegt (Besc...

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