Entscheidungsstichwort (Thema)
Streit zwischen ver.di und der „DHV – die Berufsgewerkschaft” (ehemals Deutscher Handels- und Industrieangestellten Verband) um die Tarifzuständigkeit für den DRK-Landesverband Sachsen e.V.. Anforderungen an die in der Verbandssatzung festzulegende. Organisationszuständigkeit. Auslegung der Satzung
Leitsatz (amtlich)
Auch nach Änderung der Satzung während des Beschwerdeverfahrens vor dem Landesarbeitsgericht keine uneingeschränkte Tarifzuständigkeit für alle beim DRK Landesverband Sachsen beschäftigten Arbeitnehmer, sondern nur für die kaufmännischen und verwaltenden Berufsgruppen.
Mit dem Wort „insbesondere” ist die Tarifzuständigkeit nicht für andere als die kaufmännischen und verwaltenden Berufsgruppen begründbar.
Auch soweit dem Hauptvorstand der DHV in der Satzung die Möglichkeit eingeräumt wird, Arbeitnehmer aus anderen Berufsgruppen aufzunehmen, führt dies nicht zu einer rechtlich beachtlichen Erweiterung der Tarifzuständigkeit.
Normenkette
ArbGG §§ 97, 2a Abs. 1 Nr. 4
Nachgehend
Tenor
1. Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 1) gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Hamburg vom 21. Juni 2005 – 9 BV 7/04 – wird unter Zurückweisung der Beschwerde im Übrigen auf ihren Hilfsantrag festgestellt, dass die Beteiligte zu 2) nicht zuständig ist für den Abschluss von Tarifverträgen für bei dem D. Verband S. e.V. sowie dessen Untergliederungen, Einrichtungen und Gesellschaften aller Art beschäftigte Arbeitnehmer, die nicht zu den kaufmännischen und verwaltenden Berufen gehören.
Der Hauptantrag wird abgewiesen.
2. Der Feststellungsantrag der Beteiligten zu 2) wird abgewiesen.
3. Die Entscheidung ergeht gerichtskostenfrei.
4. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Tatbestand
A.
Die Beteiligten streiten über die Tarifzuständigkeit der Beteiligten zu 2) für den Beteiligten zu 7), den D. Verband S. e.V.
Die Beteiligte zu 1), (Antragstellerin), ist die Gewerkschaft V. Gewerkschaft e.V. (zuk. V. Gewerkschaft e.V.). Sie ist Mitglied des D.-Bund (D.-Bund), Beteiligter zu 5). Die Beteiligte zu 2) (Antragsgegnerin) ist eine Gewerkschaft vorrangig für kaufmännische und verwaltende Berufe, die ursprünglich als „D.-Verband” firmierte und auf ihrem ordentlichen Verbandstag am 28. Oktober 2006 in „D.-Gewerkschaft e.V..” umbenannt worden ist (zuk. D.-Gewerkschaft e.V.). Sie ist Mitglied im C.-Bund (C.-Bund), Beteiligter zu 6). Bei dem Beteiligten zu 7) handelt es sich um den D. Verband S. e.V. (D. Verband S. e.V.). Weitere Beteiligte sind die Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (Beteiligte zu 3), der Freistaat Sachsen, vertreten durch das Sächsische Staatsministerium für Wirtschaft und Arbeit (Beteiligter zu 4) sowie als Beteiligte zu 8) die D.-Tarifgemeinschaft Land Sachsen.
Zu den satzungsmäßigen Aufgaben von V. Gewerkschaft e.V. gehört der Abschluss von Tarifverträgen für Verwaltungen, Betriebe und Einrichtungen des öffentlichen und privaten Gesundheitswesens sowie Verwaltungen, Betriebe und Einrichtungen der karitativen und kirchlichen Einrichtungen. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf ihre Satzung in Verbindung mit Anhang 1 (Anl. A 1 zur Antragsschrift, Bl. 6 bis 45 d.A.) verwiesen. Zu den Zielen der D.-Gewerkschaft e.V., die ihren Sitz in H. mit hier ca. neun hauptamtlichen Mitarbeitern hat und deren Tätigkeitsgebiet sich wie das der Beteiligten zu 1) über das gesamte Gebiet der Bundesrepublik Deutschland erstreckt, gehören ebenfalls Tarifverhandlungen und Tarifabschlüsse mit Arbeitgebern und deren Verbänden. Ihre Organe sind nach der zuletzt gültigen Satzung i.d.F. vom 28. Oktober 2006 der Bundesgewerkschaftstag, der Aufsichtsrat und der Hauptvorstand; sie gliedert sich in Landesverbände und regionale Gruppen. Hinsichtlich der Rechtsform des D., seiner Aufgaben und seines Selbstverständnisses etc. wird auf die Mustersatzung für Kreisverbände (Anl. zur Antragsschrift, Bl. 67 ff d.A.) verwiesen.
Die vom 17. Verbandstag der Beteiligten zu 2) am 8./9. Juni 2002 beschlossene Satzung der Beteiligten zu 2) (Anl. 1 zum Schriftsatz der Bet. zu 7) und 8) vom 21.05.2004, Bl. 112 ff d.A.) enthielt u.a. folgende Bestimmungen:
1. Der D.-Gewerkschaft e.V. ist eine Gewerkschaft der Arbeitnehmer in kaufmännischen und verwaltenden Berufen, die in der privaten Wirtschaft und dem öffentlichen Dienst tätig sind. Die Mitgliedschaft können auch Berufsanwärter erwerben, die sich in der Berufsausbildung, einer Berufs- oder Handelsschule oder in einem Studium befinden. Er vertritt die Interessen der Mitglieder in christlich-sozialer Grundhaltung.
Er fördert ein auf die Stärkung des Persönlichkeitsbewusstseins gerichtetes Berufsethos. Er bekennt sich zu einem politisch und wirtschaftlich in Freiheit vereinten Europa.
Diesem Ziel dienen:
a) Tarifverhandlungen und Tarifabschlüsse mit den Arbeitgebern und ihren Verbänden. Zur Durchsetzung seiner Forderungen ist er bereit, Arbeitsniederlegungen oder andere Kampfmaßnahme...