Verfahrensgang

ArbG Hamburg (Beschluss vom 17.08.1987; Aktenzeichen 19 Bv 3/87)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 1) wird der Beschluß des Arbeitsgerichts Hamburg vom 17. August 1987 – 19 Bv 3/87 – wie folgt geändert:

 

Gründe

Die Beschwerde ist an sich statthaft und, weil form- und fristgerecht eingelegt auch zulässig. Sie ist begründet.

Die Festsetzung des Gegenstandswertes im vorliegenden Beschlußverfahren bemißt sich nach § 8 Abs. 2 BRAGO.

Für die Festsetzung des Gegenstandswertes kommt § 12 Abs. 7 ArbGG als Anknüpfungspunkt nicht in Betracht. Er ist für die Bewertung des vorliegenden Verfahrensgegenstandes weder direkt noch analog anwendbar. Einer Anwendung dieser Vorschrift auf das Zustimmungsersetzungsverfahren steht die fehlende Vergleichbarkeit dieses Verfahrensgegenstandes mit denen in § 12 Abs. 7 Satz 1 ArbGG geregelten Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses entgegen. Nach allgemeiner Ansicht sind diese Rechtsstreitigkeiten vermögensrechtlicher Natur (vgl. Grunsky, Arbeitgerichtsgesetz, 5. Auflage 1987, § 12 Rdn. 2 b, mit Verweis auf Grunsky, a.a.O. § 80 Rdn, 53; anderer Ansicht offensichtlich: LAG-Hamm Beschluß vom 19.3.1987, Der Betrieb 1987, Seite 1847, veröffentlicht ohne nähere Begründung).

Der Antrag des Arbeitgebers nach § 99 Abs. 4 BetrVG hingegen ist ein Anspruch betriebsverfassungsrechtlicher, also kollektiver Art, und nichtvermögensrechtlicher Natur. Der Widerspruch des Betriebsrats hinsichtlich der Einstellung eines Arbeitnehmers tangiert nicht den Arbeitsvertrag. Dieser bleibt wirksam. Finanzielle Ansprüche des Arbeitnehmers werden nicht berührt. Streitpunkt ist deshalb ausschließlich die betriebsverfassungsrechtliche Ausgestaltung des personsellen Mitbestimmungsrechtes, und zwar ohne Anknüpfungspunkte finanzieller Art.

In Ermangelung spezifischer Wertvorschriften ist der Gegenstandswert gemäß § 8 Abs. 2 BRAGO nach billigem Ermessen zu bestimmen (Tschischgale/Satzki, Das Kostenrecht in Arbeitssachen, 3, Aufl. 1982, Seite 63–64; Wenzel, Der Streitwert des arbeitsgerichtlichen Beschlußverfahrens, Der Betrieb 1977, Seite 722 ff).

Er kann bei Fehlen genügender tatsächlicher Anhaltspunkte für eine Schätzung auf DM 6.000,–, jedoch nicht unter DM 300,– und nicht über DM 1.000.000,– festgesetzt werden. Bei der Ermittlung des Gegenstandswertes in einem Verfahren wie dem Vorliegenden sind die Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen, insbesondere die Bedeutung der Angelegenheit für die Beteiligten. (vgl. hierzu Hartmann, Kostengesetze, 22, Aufl. 1987, § 8 BRAGO Anm. 3 C). Der von § 8 Abs. 2 BRAGO genannte Ausgangswert von DM 6.000,– stellt, entgegen der häufig vertretenen Ansicht, keinen Regelwert dar, der grundsätzlich in nichtvermögensrechtlichen Streitfällen anzusetzen ist (vgl. Wenzel, a.a.O., Seite 723; Tschischgale/Satzki, a.a.O., Seite 64; Vetter, Probleme der Festsetzung des Gegenstandswerts im Beschlußverfahren, NZA 1986, Seite 182 ff, anderer Ansicht: LAG-Hamm in ständiger Rspr. bis zum 19.3.1987, vgl. Beschluß vom 3.4.1974 – 8 TaBv 8/74 – zitiert nach Wenzel a.a.O.). Tatsächlich handelt es sich um einen Hilfswert „für den Fall, daß eine individuelle Bewertung nicht möglich ist” (so richtig: LAG-Stuttgart vom 5. November 1981, AR-Blattei, Arbeitsgerichtsbarkeit XIII, Entsch. Nr. 120). Allein die Annahme eines Hilfswertes läßt sich mit dem Wortlaut, Sinn und Zweck der Norm in Einklang bringen (vgl. u.a. Hartmann, a.a.O., § 8 BRAGO Anm. 3 C).

Die am jeweiligen Einzelfall orientierte Bestimmung des Gegenstandswerts, wie sie nach § 8 Abs. 2 BRAGO vorzunehmen ist, bezweckt nicht zuletzt eine gerechte Bewertung anwaltlicher Tätigkeit. Nur in Fällen, in denen sich keinerlei Anhaltspunkte für die Festsetzung eines Gegenstandswertes bieten, kann der Vert von DM 6.000,– als Vertmaßstab dienen. In der Regel werden sich jedoch genügende Anhaltspunkte finden lassen. So spielt sowohl das Interesse der Beteiligten wie auch der Umfang oder/und Schwierigkeitsgrad des Verfahrens eine wesentliche Rolle (hierzu Vetter, a.a.O., Seite 185 m.w.N.).

Im übrigen ist zu beachten, daß die Vorschrift des § 8 Abs. 2 BRAGO restriktiv und vorsichtig auszulegen ist (Vetter, a.a.O., Seite 185 III), weil derartige Verfahren, wie das Zustimmungsersetzungsverfahren, gegen den Arbeitgeber ohne dessen Einflußnahme geführt werden, er jedoch gemäß § 40 BetrVG die Kosten des vom Betriebsrat beauftragten Rechtsanwalts zu tragen hat (zur Kostentragung: Fitting/Auffarth/Kaiser/Heither, BetrVG, 15. Aufl. 1987, § 40 Rdn. 3 m.w.N.). Deshalb muß jede nach § 10 BRAGO geäußerte Wertvorstellung sorgfältig geprüft werden.

Nach Auffassung des Gerichts war nach allem bei der Entscheidung der vorliegenden Art grundsätzlich auf die wirtschaftliche Interessenlage der Beteiligten und den Umfang und die Schwierigkeit des Rechtsstreits abzustellen. Einen Anhaltpunkt bietet das wirtschaftliche Interesse des Beteiligten zu 1) an der Einstellung der Frau … als Sekretärin. Frau …...

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