REVISION / RECHTSBESCHWERDE / REVISIONSBESCHWERDE ZUGELASSEN NEIN

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Nichtvermögensrechtliche Streitigkeit. Gegenstandswert. Anwaltsgebühren

 

Leitsatz (amtlich)

1. Bei betriebsverfassungsrechtlichen Streitigkeiten handelt es sich grundsätzlich um nichtvermögensrechtliche Streitigkeiten, es sei denn, es werden bezifferte oder bezifferbare Zahlungsanträge gestellt, z. B. nach § 37 Abs. 6, 7, § 40 BetrVG. Das gilt auch für das Verfahren nach § 99 Abs. 4 BetrVG (anders für einen Einzelfall, siehe die V. Kammer des LAG Schl.-Holst., 5 Ta 188/87 vom 24.04.1988).

2. Bei dem in § 8 Abs. 2 2. Halbs. BRAGO festgelegten Gegenstandswert von 6.000,– DM handelt es sich um einen Regelwert, von dem nach Lage des Falles abgewichen werden kann. Mit dem Begriff „nach Lage des Falles” sind sämtliche Umstände des Einzelfalles gemeint, wie Umfang der Sache und deren Bedeutung für die Parteien sowie der zeitliche Aufwand des Anwaltes.

3. Eine Minderung „nach Lage des Falles” kommt in Betracht, wenn der Anwalt in einer Vielzahl gleichgelagerter Fälle tätig war. Sie scheidet jedoch grundsätzlich aus, wenn der mit den Kosten des Anwalts gemäß § 40 BetrVG belastete Antragsteller eine Vielzahl isolierter Verfahren einschlägt, obwohl ein kostengünstigeres und prozeßökonomisches Vorgehen möglich gewesen wäre.

 

Normenkette

BRAGO § 8 Abs. 2 S. 2 Hs. 2; BetrVG § 99 Abs. 4

 

Verfahrensgang

ArbG Lübeck (Beschluss vom 05.10.1987; Aktenzeichen 2 BV 46/87)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 1. wird der den Gegenstandswert festsetzende Beschluß des Arbeitsgerichts Lübeck vom 5. Oktober 1987 geändert und der Gegenstandswert neu auf 4.000,– DM festgesetzt.

Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.

 

Tatbestand

I.

Die Beteiligte zu 1. beantragte mit Schreiben vom 23. Juni 1987 die Zustimmung des Beteiligten zu 2. zur bis zum 28. August 1987 befristeten Einstellung des Maschinenschlossers Ralph L.. Nachdem der Beteiligte zu 2. mit Schreiben vom 25. Juni 1987 der Einstellung widersprochen hatte, beschäftigte die Beteiligte zu 1. Herrn L. mit Wirkung vom 24. Juni 1987.

Am 26. Juni 1987 unterrichtete die Beteiligte zu 1. den Beteiligten zu 2. von der vorläufigen personellen Maßnahme. Am 29. Juni 1987 beantragte sie bei dem Arbeitsgericht Lübeck die Ersetzung der Zustimmung sowie die Feststellung der Eilbedürftigkeit gemäß § 100 Abs. 2 S. 3 BetrVG, nachdem der Beteiligte zu 2. bestritten hatte, daß die vorläufige personelle Maßnahme aus sachlichen Gründen dringend erforderlich sei. Die Beteiligte zu 1. hat am gleichen Tage entsprechende Beschlußverfahren für acht weitere Arbeitnehmer beim Arbeitsgericht anhängig gemacht.

Der Beteiligte zu 2. beantragte die Zurückweisung der Anträge sowie die Feststellung, daß die Eilmaßnahme nicht erforderlich war. Der Verfahrensbevollmächtigte des Beteiligten zu 2. begründete diese Anträge mit einem knapp dreiseitigen Schriftsatz.

Durch Beschluß vom 14. September 1987 hat das Arbeitsgericht Lübeck das Verfahren gemäß § 83 a Abs. 2 ArbGG eingestellt, nachdem die Beteiligten ihre Anträge am 9. September 1987 bzw. 14. September 1987 zurückgenommen hatten.

Auf den Antrag des Verfahrensbevollmächtigten des Beteiligten zu 2. hat das Arbeitsgerichts durch Beschluß vom 5. Oktober 1987 den Gegenstandswert auf 9.000,– DM festgesetzt.

Gegen diesen ihr am 7. Oktober 1987 zugestellten Beschluß hat die Beteiligte zu 1. am 20. Oktober 1987 Beschwerde eingelegt, die sie wie folgt begründet:

Das Arbeitsgericht habe zu Unrecht den geringen Arbeitsaufwand des Verfahrensbevollmächtigten des Beteiligten zu 2. unberücksichtigt gelassen. Dieser geringe Arbeitsaufwand ergebe sich daraus, daß das vorliegende Beschlußverfahren eines von neun Verfahren sei, in denen die Verfahrensbevollmächtigten des Beteiligten zu 2. mit im wesentlichen gleichlautenden Schriftsätzen aufgetreten seien. Der Beschluß widerspreche damit dem Beschluß des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein vom 29. März 1984 – 4 Ta 139/83 – und einem Beschluß des Arbeitsgerichts Lübeck vom 3. Januar 1986 (5 BV 49/85).

Der Beteiligte zu 1. beantragt,

den Beschluß zu ändern und den Gegenstandswert auf 2.000,– DM festzusetzen.

Das Arbeitsgericht Lübeck hat durch Beschluß vom 21. Oktober 1987 der Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Beschwerde ist zulässig, jedoch nur teilweise begründet.

1) Die Beschwerde ist statthaft (§ 10 Abs. 3 S. 1 BRAGO) und fristgerecht eingelegt worden (§ 10 Abs. 3 S. 3 BRAGO). Die Beteiligte zu 1. ist ferner beschwerdebefugt, denn sie kommt nach § 40 BetrVG als erstattungspflichtige Gegnerin im Sinne von § 10 Abs. 2 S. 2 BRAGO in Betracht. Auch die erforderliche Beschwer gemäß § 10 Abs. 3 S. 1 BRAGO ist erfüllt.

2) Die Beschwerde der Beteiligten zu 1. hat teilweise Erfolg. Der Gegenstandswert für das Beschlußverfahren ist neu auf 4.000,– DM festzusetzen.

1. Bei der Festsetzung des Gegenstandswertes im arbeitsgerichtlichen Beschlußverfahren – insbesondere auch i...

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