Entscheidungsstichwort (Thema)
Beschäftigungssicherungstarifvertrag. Unterlassungsanspruch. Kündigungsverbot. einstweiligen Verfügung
Leitsatz (amtlich)
1. Der Beschäftigungssicherungstarifvertrag vom 12.12.1996 für den Bereich Nordmetall Tarifgebiet Hamburg kommt in allen Fällen zur Anwendung, in denen eine Sicherung und ein Erhalt von Arbeitsplätzen im Wege der Herabsetzung der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit in Betracht kommt, unabhängig davon, auf welche Ursachen der drohende Verlust von Arbeitsplätzen zurückzuführen ist und ob die vom Arbeitgeber geplante Maßnahme eine Betriebsänderung im Sinne von §§ 111 ff. BetrVG darstellt.
2. Die tarifliche Schaffung eines Mitbestimmungsrechtes des Betriebsrates zur Absenkung der Arbeitszeit mit dem Ziel, auf diese Weise einen drohenden Personalabbau entgegenzuwirken, verstößt weder gegen zwingende Kompetenzregelungen des Betriebsverfassungsgesetzes, noch ergibt sich daraus ein unzulässiger Eingriff in Grundrechte der Arbeitgeberseite.
3. Aufgrund des dem Betriebsrat durch den Beschäftigungssicherungstarifvertrag eingeräumten Mitbestimmungsrechts bei der Absenkung der Arbeitszeit zum Zweck des Erhalts von Arbeitsplätzen ist grundsätzlich auch ein Anspruch des Betriebsrates gegen den Arbeitgeber gegeben, es zu unterlassen, bereits vor Abschluß des tariflichen Mitbestimmungsverfahrens die Kündigungen auszusprechen, die der Betriebsrat durch die von ihm ergriffene Initiative zu einer Absenkung der regelmäßigen Arbeitszeit überflüssig machen will. Dieser Unterlassungsanspruch ist auch dann nicht auf die in § 113 Abs. 3 BetrVG i.d. Fassung des sog. arbeitsrechtlichen Beschäftigungsförderungsgesetzes vom 25. September 1996 vorgesehene Frist beschränkt, wenn man der Auffassung folgen sollte, nach der der Unterlassungsanspruch zur Sicherung des Interessenausgleichsverfahrens nach §§ 111 f. BetrVG nunmehr einer solchen zeitlichen Beschränkung unterliegt.
4. Ein auf Antrag des Beriebsrates zur Sicherung des Mitbestimmungsrechts des Beriebsrates nach dem Beschäftigungssicherungstarifvertrag im Wege der einstweiligen Verfügung gegen des Arbeitgeber erlassenes Kündigungsverbot ist regelmäßig auf den Zeitraum zu befristen, innerhalb dessen bei unterstellter angemessener Förderung des Mitbestimmungsverfahrens dieses in der tariflichen Einigungsstelle abgeschlossen sein kann. Falls das Verfahren nicht innerhalb dieser Frist abgeschlossen wird, kann der Betriebsrat durch einen erneuten Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung eine Verlängerung des Kündigungsverbots beantragen, über das unter Berücksichtigung der dann gegebenen Interessenlage zu entscheiden ist.
Normenkette
BetrVG § 113 Abs. 3
Verfahrensgang
ArbG Hamburg (Beschluss vom 28.05.1997; Aktenzeichen 13 GaBV 2/97) |
Tenor
Die Beschwerde der Beteiligten zu 2. gegen den Beschluß des Arbeitsgerichts Hamburg vom 28. Mai 1997 – 13 GaBV 2/97 – wird zurückgewiesen.
Auf die Beschwerde des Beteiligten zu 1. wird der Beschluß des Arbeitsgerichts Hamburg vom 28. Mai 1997 – 13 GaBV 2/97 – teilweise abgeändert und wie folgt neu gefaßt:
Der Beteiligten zu 2. und den gesetzlichen Vertretern der Beteiligten zu 2. wird im Wege der einstweiligen Verfügung
bis zum 25. August 1997,
längstens jedoch bis zu einer dem Antrag auf Bestellung eines unparteiischen Vorsitzenden der tariflichen Einigungsstelle vom 7. Mai 1997 gegebenenfalls im Beschwerdeverfahren zu dem Beschlußverfahren des Arbeitsgerichts Hamburg – 14 BV 5/97 – zurückweisenden Beschluß des Landesarbeitsgerichts Hamburg
bzw. längstens bis die von der IG Metall angerufene Einigungsstelle über den Antrag des Beteiligten zu 1. mit vorübergehender Absenkung der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit für Beschäftigte des Werkes Hamburg entschieden hat,
untersagt, den Arbeitnehmern bzw. Arbeitnehmerinnen des Werkes Hamburg … … aus Anlaß der geplanten Schließung der Fertigung … zu kündigen.
Der Beteiligten zu 2. wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung Ordnungsgeld bis zu DM 20.000,– (i.W. Deutsche Mark zwanzigtausend) und für den Fall, daß dieses nicht beitreibbar ist, Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, zu vollstrecken an den gesetzlichen Vertretern der Beteiligten zu 2., angedroht.
Im übrigen wird die Beschwerde des Beteiligten zu 1. zurückgewiesen.
Tatbestand
A.
Der Betriebsrat macht im Wege der einstweiligen Verfügung geltend, der Arbeitgeberin zu untersagen, Arbeitnehmern des Betriebes Hamburg aus Anlaß der geplanten Schließung der Fertigung … zu kündigen, bis die von der IG Metall angerufene tarifliche Einigungsstelle über den Antrag des Betriebsrats auf vorübergehende Absenkung der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit für Beschäftigte des Werks Hamburg entschieden hat oder aber das Arbeitsgericht Hamburg den Antrag auf Bestellung eines unparteiischen Vorsitzenden der tariflichen Einigungsstelle vom 07. Mai 1997 rechtskräftig zurückgewiesen hat, soweit der Betriebsrat den Kündigungen widersprochen hat.
Die Arbeitgeberin unterliegt den tarifvertraglichen Regelungen für den Bereich Nordmetall T...