Entscheidungsstichwort (Thema)
Wertfestsetzung. Anfechtung Einigungsstellenspruch. Sozialplan
Leitsatz (redaktionell)
1. Bei einem Beschlussverfahren, das die Unwirksamkeit eines Einigungsstellenspruchs betrifft, der einen Sozialplan im Sinne von § 112 BetrVG zum Inhalt hat, handelt es sich um eine „nichtvermögensrechtliche” Streitigkeit i. S. von § 8 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 2 BRAGO.
2. Bei der Wertfestsetzung ist von dem Sozialplanvolumen auszugehen, wobei der Wert zu beschränken ist auf den Betrag der Sozialplanleistungen, der zwischen den Betriebsparteien streitig ist.
Normenkette
BRAGO § 8 Abs. 2 S. 2; BetrVG § 112
Tenor
Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird auf EUR 210.000,00 festgesetzt.
Gründe
1. Die Beteiligten haben über die Rechtswirksamkeit eines Einigungsstellenspruches gestritten, mit dem nach einer Betriebsschließung der Beteiligten zu 2) ein Sozialplan aufgestellt worden ist. Der Beteiligte zu 1) hat den Einigungsstellenspruch mit der Begründung angefochten, dass er zum Teil unmittelbar rechtswidrig und zum Teil auf einer Ermessensüberschreitung beruhe. Streitpunkte im Anfechtungsverfahren waren in erster Linie, ob bei der Sozialplanfestsetzung die wirtschaftlichen Verhältnisse im Konzern zu berücksichtigen waren (a), weiterhin eine Sozialplanregelung, nach der die Abfindung für die gem. § 102 BetrVG weiterzubeschäftigenden Arbeitnehmer auf 50 % gekürzt werden kann (b) sowie letztlich Sozialplanbestimmungen hinsichtlich Zuschlägen für kinderreiche Arbeitnehmer und Schwerbehinderte und die Frage der Berücksichtigung der betrieblichen Altersversorgung (c).
Der Beteiligte zu 1) gibt das Volumen der im angefochtenen Sozialplan vereinbarten Abfindungen mit DM 2.600.000,00 (EUR 1.329.359,00 = EUR 1,33 Millionen) an, während sich nach seiner Darlegung bei einem von ihm angestrebten Sozialplanfaktor von 0,5 ein Gesamtvolumen an Abfindungen in Höhe von EUR 3,42 Millionen ergeben hätte. Die Beteiligte zu 2) errechnet bei Zugrundelegung eines Sozialplanfaktors von 0,5 ein Sozialplanvolumen von EUR 2,35 Millionen. Dem hat der Beteiligte zu 1) nicht mehr widersprochen.
Der Beteiligte zu 1) bewertet die Differenz beim Abfindungsfaktor mit DM 4.100.000,00 (EUR 2.096.296,70) (a), die Kürzung wegen Weiterbeschäftigung gemäß § 102 Abs. 5 BetrVG mit DM 360.000,00 (EUR 184.065,07) und die Gesichtspunkte zu (c) mit DM 16.000,00 (EUR 8.180,67) und hat beantragt, den Gegenstandswert unter Beachtung der Kappungsgrenze auf DM 4.476.000 festzusetzen.
Die Beteiligte zu 2) bestreitet eine individuelle Bewertungsmöglichkeit und beantragt, den Gegenstandswert insbesondere in Rücksicht des Kapitalstandes der Beteiligten zu 2) von Ende 2002 mit – EUR 4,71 Million auf maximal den dreifachen Regelwert, d. h. EUR 12.000,00 festzusetzen. Ein Faktor 0,5 sei niemals offizieller Gegenstand des Einigungsstellenverfahrens gewesen. Kürzungen im Hinblick auf § 102 Abs. 5 BetrVG seien allenfalls in Höhe von EUR 14.734,92 und EUR 871,93 zu erwarten.
2. Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist eine nichtvermögensrechtliche Streitigkeit. Mit beiden Beteiligten und der überwiegenden Rechtsprechung und Literatur handelt es sich bei einem Beschlussverfahren, das die Unwirksamkeit eines Einigungsstellenspruchs betrifft, der einen Sozialplan im Sinne von § 112 BetrVG zum Inhalt hat, um eine „nichtvermögensrechtliche” Streitigkeit i. S. von § 8 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 2 BRAGO (vgl. nur LAG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 06.08.1992 – 9 Ta 163/92 – NZA 1993,93; LAG Düsseldorf, Beschluss vom 29.11.1994 – 7 Ta 1336/94 – LAGE § 8 BRAGO Nr. 25; LAG Hamm, Beschluss vom 13.10.1988 – 8 Ta BV 53/88 – LAGE § 8 BRAGO Nr. 8; a. A. LAG Brandenburg, Beschluss vom 20.11.1992 – 1 Ta 41/92 – LAGE § 8 BRAGO Nr. 20). Dem folgt die angerufene Kammer.
Im Einzelnen sind dabei die nachfolgenden Rechtsgrundsätze zur Anwendung zu bringen:
Bei der nach § 10 Abs. 1 BRAGO vorzunehmenden Wertfestsetzung für eine nichtvermögensrechtliche Streitigkeit hat, soweit dieses möglich ist, eine Bewertung nach individuellen Gesichtspunkten zu erfolgen. Der Streitwert ist gemäß § 8 Abs. 2 BRAGO nach billigem Ermessen zu bestimmen; nur in Ermangelung genügender tatsächlicher Anhaltspunkte für eine Schätzung und bei nichtvermögensrechtlichen Gegenständen hat eine Festsetzung auf den in § 8 Abs. 2 Satz 2 BRAGO genannten Wert von EUR 4.000,00, nach Lage des Falles niedriger oder höher, jedoch nicht über EUR 500.000,00 stattzufinden. Neben dem Umfang und der Schwierigkeit einer Sache und dem daraus resultierenden Arbeitsaufwand für den Rechtsanwalt findet insbesondere die Bedeutung der Angelegenheit für die Beteiligten und deren ideelles und materielles Interesse Berücksichtigung. Nach der Rechtsprechung des 7. Senats des Bundesarbeitsgerichts handelt es sich bei dem Wert von EUR 4.000,00 um einen „Ausgangs-” oder „Anknüpfungswert”, von dem ausgehend zu prüfen ist, ob die Umstände des konkreten Falles eine Erhöhung oder auch eine Reduzierung des Gegenstandswertes gebieten, wobei die Bedeut...