Entscheidungsstichwort (Thema)
Wert des Streitgegenstandes. Nichtvermögensrechtliche Streitigkeit. Anfechtung eines Sozialplans. Lage des Falles. Regelwert. strittiges Sozialplanvolumen
Leitsatz (amtlich)
In einem Beschlussverfahren, das die Anfechtung eines Sozialplans zum Inhalt hat, ist der Wert des Streitgegenstandes entsprechend der „Lage des Falles” im Sinne von § 8 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2 BRAGO zum einen nach der Bedeutung der Angelegenheit für den Betrieb zu bewerten; dabei ist die Leistungsfähigkeit des Betriebes zu beachten. Daneben ist der Arbeitsaufwand der Verfahrensbevollmächtigten, der sich nach Umfang, Schwierigkeit und Dauer des Verfahrens richtet, zu berücksichtigen. Je nach den Umständen des Einzelfalles ist ein mehrfacher Regelwert anzusetzen. Auf das strittige Sozialplanvolumen kommt es bei der Wertfestsetzung nicht an.
Normenkette
BRAGO § 8 Abs. 2 S. 2 Hs. 2
Verfahrensgang
ArbG Neumünster (Beschluss vom 29.09.2001; Aktenzeichen 4 BV 2 a/01) |
Tenor
wird auf die Beschwerde der Beteiligten zu 1. der Beschluss des Arbeitsgerichts Neumünster vom 21.09.2001 dahingehend geändert, dass der Wert des Gegenstandes auf 20.000,00 EUR festgesetzt wird.
Tatbestand
I.
Im Rahmen des Beschlussverfahrens 4 BV 2 a/01 des Arbeitsgerichts Neumünster (2 TaBV 20/01 des erkennenden Gerichts), in dem die Beteiligten zu 1. (Krankenhausbetrieb) und 2. (Betriebsrat) sich darüber auseinandergesetzt haben, ob der durch Spruch der Einigungsstelle vom 10.01.2001 zustande gekommene Sozialplan unwirksam ist (im Folgenden: Ausgangsverfahren), streiten die Beteiligten noch darüber, wie hoch der Gegenstandswert des Ausgangsverfahrens ist.
Der Beteiligte zu 2. hat vorgetragen,
die Bedeutung der Angelegenheit für die Beteiligten sei erheblich, insbesondere sei zwischen den Betriebsparteien eine Differenz im Sozialplanvolumen von 1,2 Mio. DM strittig. Umfang und Schwierigkeit des Rechtsstreits seien ebenfalls erheblich, so dass auch bei Anwendung von § 8 Abs. 2 BRAGO der Gegenstandswert auf 1 Mio. DM festzusetzen sei.
Der Beteiligte zu 2. hat beantragt,
den Gegenstandswert auf 1 Mio. DM festzusetzen.
Die Beteiligte zu 1. hat vorgetragen:
In betriebsverfassungsrechtlichen Streitigkeiten komme es bei der Bemessung des Gegenstandswerts nicht auf die wirtschaftlichen Auswirkungen an. Eine Abweichung vom Regelgegenstandswert in Höhe von 8.000,00 DM nach § 8 Abs. 2 BRAGO sei nur nach Lage des Falles gerechtfertigt. Dieser Begriff beziehe sich auf sämtliche Umstände des Einzelfalles, insbesondere Umfang und Bedeutung der Sache, tatsächliche und rechtliche Schwierigkeiten, zeitlichen Aufwand der Prozessbevollmächtigten und Verfahrensdauer. Zu berücksichtigen seien Arbeitsaufwand des Rechtsanwalts einerseits und die Leistungsfähigkeit des Arbeitgebers andererseits, wobei nicht zuletzt maßgeblich sei, dass die Beteiligte zu 1. die gesamten Kosten zu tragen habe. Vorliegend werde daher der „Lage des Falles” durch den Regelgegenstandswert hinreichend Rechnung getragen.
Das Arbeitsgericht hat durch Beschluss vom 21.09.2001 den Gegenstandswert auf 1 Mio. DM mit der Begründung festgesetzt, dass der in § 8 Abs. 2 Satz 2 BRAGO genannte Wert von 8.000,00 DM vorliegend nicht ausreichend sei. Für die individuelle Bewertung sei ein maßgebender Anhaltspunkt das strittige Leistungsvolumen, überdies Umfang und Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit. Andererseits sei zu berücksichtigen, dass die Kosten des arbeitsgerichtlichen Verfahrens möglichst nicht unangemessen ausgeweitet würden.
Gegen diesen Beschluss hat die Beteiligte zu 1. am 09.10.2001 Beschwerde eingelegt.
Sie trägt vor:
Der angefochtene Beschluss setze sich in Widerspruch zu der Rechtsprechung, dass der wirtschaftliche Wert nicht zur Berechnung des Gegenstandswert des Beschlussverfahrens heranzuziehen sei. Die Gerichte legten die strittige Differenz des Volumens eines Sozialplans dem Gegenstandswert nicht einmal dann zugrunde, wenn das Vorliegen einer vermögensrechtlichen Streitigkeit angenommen werde.
Die Beteiligte zu 1. beantragt,
den Streitwertbeschluss des Arbeitsgerichts Neumünster vom 21.09.2001 dahin abzuändern, dass der Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit auf 8.000,00 DM festgesetzt wird.
Der Beteiligte zu 2. regt an,
über den Streitwertbeschluss des Arbeitsgerichts Neumünster nicht zu entscheiden.
Er trägt vor:
Da in der Sache selbst die Rechtsbeschwerde zugelassen sei, werde ein Antrag auf Festsetzung des Gegenstandswerts beim BAG erfolgen, deshalb erscheine es prozessökonomisch sinnvoll, dessen Entscheidung abzuwarten. Vorsorglich sei darauf hinzuweisen, dass für die Bemessung des Gegenstandswerts bei der Anfechtung von Sozialplänen die Bedeutung der Angelegenheit zwischen den Betriebsparteien ausschlaggebend sei. Diese werde durch die Differenz der Vorstellungen von Arbeitgeber- und Betriebsratsseite über das Sozialplanvolumen bestimmt. Vorliegend betrage die Differenz 1,7 Mio. DM. Das Bundesarbeitsgericht habe in Anfechtungsverfahren gegen den Spruch einer Einigungsstelle wiederholt a...