Entscheidungsstichwort (Thema)
Bindung des Urkundsbeamten im Kostenfestsetzungsverfahren an gerichtlich bewilligte Prozesskostenhilfe für mehrere jeweils parallel geführte Verfahren
Leitsatz (amtlich)
Durch den bewilligenden Prozesskostenhilfebeschluss des Gerichts steht mit bindender Wirkung für das Kostenfestsetzungsverfahren (§ 48 Abs. 1 RVG) fest, dass die Klageerhebung nicht gegen die Verpflichtung zur kostensparenden Rechtsverfolgung verstößt. Hat das Arbeitsgericht der klagenden Partei für mehrere parallel geführte Verfahren jeweils Prozesskostenhilfe bewilligt, ist der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle an diese Bewilligung gebunden. Er kann diese Verfahren im Rahmen der Kostenfestsetzung nach § 55 RVG nicht unter Zusammenrechnung der Streitwerte wie ein Verfahren behandeln.
Normenkette
ZPO § 91 Abs. 1, §§ 103-104, 114; RVG § 48 Abs. 1, § 55
Verfahrensgang
ArbG Hamburg (Entscheidung vom 10.03.2016; Aktenzeichen 13 Ca 311/13) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Prozessbevollmächtigten des Klägers wird der im Verfahren zum Az. 13 Ca 311/13 mit Wirkung auch für die Verfahren zu den Az.13 Ca 309/13, 13 Ca 310/13, 13 Ca 398/13 sowie 13 Ca 84/14 ergangene Beschluss des Arbeitsgerichts Hamburg vom 10. März 2016 abgeändert und der Kostenfestsetzungsbeschluss vom 5. Oktober 2015 aufgehoben.
Der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle wird aufgegeben, die Kostenfestsetzungsanträge der Prozessbevollmächtigten des Klägers in den Verfahren zu den Az. 13 Ca 309/13, 13 Ca 310/13, 13 Ca 311/13, 13 Ca 398/13 sowie 13 Ca 84/14 unter Berücksichtigung der rechtlichen Erwägungen des vorliegenden Beschlusses neu zu bescheiden.
Gründe
I.
Die Prozessbevollmächtigte des Klägers wendet sich als Beschwerdeführerin in den Verfahren zu den Az. 13 Ca 309/13, 13 Ca 310/13, 13 Ca 311/13, 13 Ca 398/13 sowie 13 Ca 84/14 gegen die Festsetzung der ihr zu zahlenden Vergütung durch den Festsetzungsbeschluss gemäß § 55 RVG vom 5. Oktober 2015.
Der Kläger wurde in allen arbeitsgerichtlichen Verfahren von der Beschwerdeführerin als Prozessbevollmächtigter anwaltlich vertreten. Er griff mit seiner am 13. September 2013 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage zum Az. 13 Ca 309/13 eine Arbeitszeitweisung der Beklagten sowie die Aufforderung an, bei krankheitsbedingtem Fernbleiben vom Arbeitsplatz ab dem 1. Tag eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung des Arztes vorzulegen. Ferner forderte er die Überlassung einer Kopie seines Arbeitsvertrages. In zwei weiteren am 13. September 2013 eingeleiteten Verfahren zu den Az. 13 Ca 310/13 und 13 Ca 311/13 wendete sich der Kläger gegen die Wirksamkeit von Abmahnungen. Am 20. November 2013 erhob der Kläger eine neue Klage zum Az. 13 Ca 398/13, mit der er die Erteilung eines qualifizierten Zwischenzeugnisses verlangte. Mit seiner Klage vom März 2014 zum Az. 13 Ca 84/14 griff der Kläger eine fristgemäße, betriebsbedingte Kündigung der Beklagten an. Dem Kläger wurde in allen Verfahren Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seiner Prozessbevollmächtigten bewilligt. Durch Vergleichsbeschluss des Arbeitsgerichts vom 27. Mai 2014 im Verfahren zum Az. 13 Ca 311/13 wurden neben diesem Verfahren auch die weiteren Verfahren zu den Az. 13 Ca 309/13,13 Ca 310/13,13 Ca 398/13 und 13 Ca 84/14 erledigt.
Die Prozessbevollmächtigte des Klägers stellte in allen Verfahren Kostenfestsetzungsanträge. Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle hörte die Prozessbevollmächtigte des Klägers zur beabsichtigten geänderten Kostenfestsetzung an. Sie wies darauf hin, dass durch die Einreichung der Klagen zu den Az. 13 Ca 309/13, 13 Ca 310/13 und 13 Ca 311/13 gegen den Grundsatz der prozesssparenden Prozessführung verstoßen worden sei. Es sei nicht ersichtlich, aus welchem Grund hier an einem Tag statt eines Verfahrens drei anhängig gemacht worden sein. Die Verfahren seien als ein Verfahren zusammenzuziehen und bei der Berechnung entsprechend zu behandeln. Als Gegenstandswert seien die addierten Werte der drei Verfahren zu Grunde zu legen. Mit Beschluss vom 5. Oktober 2015 setzte die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle die Vergütung der Prozessbevollmächtigten in allen 5 Verfahren fest. Hierbei zog sie, wie in der Anhörung angekündigt, die am 13. September 2013 beim Arbeitsgericht Hamburg eingegangenen Verfahren zu den Az. 13 Ca 309/13, 13 Ca 310/13 und 13 Ca 311/13 zusammen und behandelte sie bei der Berechnung als ein Verfahren.
Gegen den ihr am 9. Oktober 2015 zugegangenen Festsetzungsbeschluss wandte sich die Prozessbevollmächtigte des Klägers mit ihrer Erinnerung vom 23. Oktober 2015. Mit Beschluss vom 2. November 2015 half die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle der Erinnerung nicht ab. Das Arbeitsgericht wies die Erinnerung mit Beschluss vom 10. März 2016 unter Zulassung des Rechtsmittels der Beschwerde zurück. Gegen den ihr am 15. März 2016 zugegangenen Beschluss legte die Prozessbevollmächtigte des Klägers am 29. März 2016 Beschwerde ein. Das Arbeitsgericht hat der Beschwerde durch Beschluss vom 30. März 2016 nicht abgeholfen und sie dem Landesarbeitsgericht ...