Entscheidungsstichwort (Thema)
Prozesskostenhilfe. Beiordnung eines zweiten Rechtsanwalts
Leitsatz (amtlich)
1. Der Antrag der mittellosen Partei, ihr statt des zunächst beigeordneten einen anderen Prozessbevollmächtigten beizuordnen, setzt regelmäßig voraus, dass dieses Begehren nicht mutwillig ist. Dies ist dann der Fall, wenn eine vermögende, vernünftige Partei die durch einen Anwaltswechsel entstehenden Mehrkosten auf sich nehmen würde.
2. Diese Voraussetzungen liegen vor, wenn die Partei ihrem zunächst beigeordneten Rechtsanwalt das Mandat aus einem triftigen Grund – z.B. wegen einer nachhaltigen und tiefgreifenden Störung des Vertrauensverhältnisses – gekündigt hat oder wenn der zunächst beigeordnete Anwalt das Mandat ohne einen von der mittellosen Partei zu vertretenen Grund niedergelegt hat.
3. Von einer nachhaltigen und tiefgreifenden Störung des Vertrauensverhältnisses ist ausgehen, wenn der ehemalige Prozessbevollmächtigte gegen den erklärten Willen der Partei beharrlich die Aussetzung des Rechtsstreits beim Arbeitsgericht beantragt und das Mandat niederlegt, ohne dass ein von der mittellosen Partei zu vertretener Grund vorliegt.
Normenkette
ZPO §§ 114, 117 Abs. 2, 4, §§ 121, 127 Abs. 2
Verfahrensgang
ArbG Hamburg (Beschluss vom 11.10.2010; Aktenzeichen 10 Ca 62/09) |
ArbG Hamburg (Beschluss vom 04.09.2009; Aktenzeichen 10 Ca 62/09) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde des Klägers vom 12. November 2010 werden die Beschlüsse des Arbeitsgerichts Hamburg vom 04. September 2009 und vom 11. Oktober 2010 – 10 Ca 62/09 teilweise abgeändert und zur Klarstellung wie folgt neu gefasst:
Die Beiordnung des Herrn Rechtsanwalt S.K., H.Straße, H., durch Beschluss des Arbeitsgerichts Hamburg vom 04. September 2009 wird mit Wirkung des 18. März 2010 aufgehoben. Im Übrigen bleibt die Prozesskostenhilfe für den ersten Rechtszug im bisherigen Umfang gemäß Beschluss des Arbeitsgerichts Hamburg vom 04. September 2009 bewilligt und es wird zur Wahrnehmung der Rechte im ersten Rechtszug Herr Rechtsanwalt B.K., K.Stieg, H. beigeordnet.
Tatbestand
I.
Am 31. Juli 2009 erhob der Kläger beim Arbeitsgericht Hamburg eine Kündigungsschutzklage gegen die von der Beklagten ausgesprochene fristlose Kündigung vom 24. Juli 2009, die durch die Klageerweiterung vom 30. September 2009 im Hinblick auf die von der Beklagten ausgesprochene Kündigung vom 15. September 2009 zum 31. Oktober 2009 erweitert wurde, und beantragte gleichzeitig Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seines ehemaligen Prozessbevollmächtigten, Herrn Rechtsanwalt S.K..
Durch Beschluss des Arbeitsgerichts Hamburg vom 04. September 2009 wurde dem Kläger für die erste Instanz Prozesskostenhilfe für die Klage bewilligt und ihm sein ehemaliger Prozessbevollmächtigter beigeordnet. Aufgrund der glaubhaft gemachten persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse wurden weder Monatsraten noch aus dem Vermögen zu zahlende Beträge festgesetzt.
Mit Schriftsatz vom 13. November 2009 teilte der ehemalige Prozessbevollmächtigte des Klägers dem Arbeitsgericht Hamburg mit, dass das Amtsgericht Hamburg am 02. Oktober 2009 – 67c IN 418/09 – das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Klägers eröffnet habe und die Rechtsauffassung vertreten, dass das Verfahren damit unterbrochen sei und darüber hinaus das Mandat mit Insolvenzeröffnung beendet worden sei.
Am 06. Dezember 2009 teilte das Arbeitsgericht Hamburg durch gerichtlichen Hinweis den Parteien mit, dass das Verfahren nicht aufgrund der Insolvenz des Klägers unterbrochen sei und deshalb weiter betrieben werden könne; wegen der Einzelheiten wird auf die Verfügung vom 06. Dezember 2009 Bezug genommen. Am 09. Dezember 2009 erschien der Kläger bei der Rechtsantragstelle des Arbeitsgerichts Hamburg und erklärte gegenüber der Rechtspflegerin Frau …, dass das Insolvenzverfahren den Rechtsstreit nicht ruhen lasse und beantragte deshalb die Fortführung des Verfahrens. Unter dem 09. Dezember 2009 nahm der ehemalige Prozessbevollmächtigte des Klägers zum gerichtlichen Hinweis des Arbeitsgerichts vom 6. Dezember 2009 Stellung und teilte mit, dass aus seiner Sicht höchstrichterlich nicht geklärt sei, ob ein Kündigungsschutzprozess in der Insolvenz des Arbeitnehmers nach § 240 ZPO unterbrochen werde. Er vertrat daher weiterhin die Auffassung, dass das Verfahren unterbrochen sei. Unter dem 22. Dezember 2009 teilte das Arbeitsgericht Hamburg den Prozessbevollmächtigten der Parteien und den Parteien mit, dass die Kammer weiterhin an ihrer Rechtsauffassung festhalte und das Verfahren trotz Insolvenz des Klägers nicht unterbrochen sei. Dem Prozessbevollmächtigten des Klägers ist ferner aufgegeben worden, binnen zwei Wochen mitzuteilen, ob er das Mandat niederlege oder die Interessen des Klägers weiterhin vertreten wolle. Mit Schriftsatz vom 28. Dezember 2009 reagierte der Prozessbevollmächtigte des Klägers in der Weise, dass er weiterhin die Interessen des Klägers vertreten werde, solange dieser dies wünsche und deshalb eine Mandatsniederlegung nicht erfolgen werde. U...