Entscheidungsstichwort (Thema)
Einstellung der Zwangsvollstreckung. Vollstreckungsabwehrklage. Nicht zu ersetzender Nachteil
Leitsatz (redaktionell)
1. Bei einer Entscheidung über die Einstellung der Zwangsvollstreckung nach § 769 Abs. 1 ZPO ist die in § 62 Abs. 1 S. 2 ArbGG genannte Voraussetzung des „nicht zu ersetzenden Nachteils” nicht zusätzlich zu berücksichtigen.
2. § 62 Abs. 1 S. 2 ArbGG findet bei § 769 Abs. 1 ZPO keine Anwendung. Anders als in den Fällen des Ausschlusses der Zwangsvollstreckung im Urteil selbst nach § 62 Abs. 1 S. 2 ArbGG und der Einstellung der Zwangsvollstreckung im Fall der Wiederaufnahme des Verfahrens oder eines Rechtsmittels gegen das Urteil nach § 707 Abs. 1 und § 719 Abs. 1 ZPO, § 62 Abs. 1 S. 3 ArbGG, muss bei einer Einstellung der Zwangsvollstreckung nach § 769 Abs. 1 ZPO ein bei Zustandekommen des Titels noch nicht berücksichtigter Umstand geprüft werden.
3. § 767 Abs. 2 ZPO ist bei einer Vollstreckungsgegenklage gegen die Zwangsvollstreckung aus einem gerichtlichen Vergleich nicht anwendbar.
4. Das Beschwerdeverfahren nach § 769 ZPO vor dem Beschwerdegericht stellt ein selbstständiges Verfahren dar, da das Beschwerdegericht nicht mit der Hauptsache selbst befasst ist. Die Entscheidung des Beschwerdegerichts bedarf auch einer eigenen Kostenentscheidung.
Normenkette
ZPO § 769 Abs. 1, § 767 Abs. 2, § 707 Abs. 1, § 719 Abs. 1; ArbGG § 62 Abs. 1 Sätze 2-3
Verfahrensgang
ArbG Hamburg (Beschluss vom 30.08.2002; Aktenzeichen 16 Ca 334/02) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde des Beklagten wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Hamburg vom 30. August 2002 in der Fassung des Beschlusses des Arbeitsgerichts Hamburg vom 15. Oktober 2002 teilweise abgeändert. Es wird angeordnet, dass der Beklagte bis zum Erlass eines Urteils über die Klage in dem Verfahren 16 Ca 334/02 Arbeitsgericht Hamburg die Zwangsvollstreckung aus dem Pfändungs- und Überweisungsbeschluss des Amtsgerichts Wiesbaden vom 24. Juni 2002 (Az. 63 M 5626/02) nur gegen eine Sicherheitsleistung in Höhe von EUR 4000 fortsetzen darf.
Im Übrigen wird die sofortige Beschwerde zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt bei einem Beschwerdewert in Höhe von EUR 917,67 ein Drittel der außergerichtlichen Kosten der sofortigen Beschwerde, der Beklagte zwei Drittel. Die gerichtlichen Kosten der sofortigen Beschwerde trägt der Beklagte nach einem Beschwerdewert in Höhe von EUR 611,11.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Tatbestand
I.
Die Beteiligten streiten sich um eine Anordnung, die Zwangsvollstreckung aus einem Prozessvergleich bis zum Erlass eines Urteils einzustellen.
Die Klägerin begehrte mit einer Vollstreckungsgegenklage überschriebenen Klagschrift die Zwangsvollstreckung aus einem Vergleich für unzulässig zu erklären und vorab im Wege der vorläufigen Anordnung einen vom Beklagten erwirkten Pfändungs- und Überweisungsbeschluss des Amtsgerichts Wiesbaden (63 M 5626/02) vom 24. Juni 2002 sowie ein vorläufiges Zahlungsverbot vom 21. Juni 2002 aufzuheben. Wegen der Einzelheiten des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses und des vorläufigen Zahlungsverbotes wird auf die Anlagen K 2 und K 3 zur Klagschrift (Bl. 8 ff d.A.) verwiesen. Insoweit verlangte die Klägerin ausdrücklich eine Entscheidung nach § 769 Abs. 1 ZPO. Wegen der Einzelheiten des Schriftsatzes wird auf Bl. 19 ff d.A. verwiesen. Die Parteien hatten in dem Verfahren 16 Ca 71/02 Arbeitsgericht Hamburg einen Rechtsstreit umgekehrten Rubrums geführt, in dem sie am 12. April 2002 einen Vergleich schlossen, in dessen Ziffer 4 die Klägerin sich verpflichtete, an den Beklagten eine Abfindung in Höhe von EUR 17895,22 zu zahlen. Wegen der Einzelheiten des Vergleichs wird auf die Anlage K 1 zur Klagschrift (Bl. 24 f d.A.) verwiesen. Neben einer erfolgten Zahlung und einem zwischen den Parteien unstreitigen Abzug behielt die Klägerin EUR 9176,67 ein und begründete dieses damit, dass der Beklagte für den Verlust von drei „Lifter-Geräten” in diesem Werte schadensersatzpflichtig sei.
Die Klägerin hat beantragt,
im Wege der vorläufigen Anordnung den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss des Amtsgerichts Wiesbaden vom 12. April 2002 sowie das vorläufige Zahlungsverbot des Amtsgerichts Wiesbaden vom 21. Juni 2002 (beide Az.: 16 Ca 71/02) aufzuheben.
Der Beklagte hat vorgebracht, dass er die „Lifter-Geräte” bei einem Auftrag über EUR 90000,- statt weiterer Rabatte als Zugabe gewährt habe. Dieses sei mit dem Verkaufsleiter der Klägerin abgestimmt gewesen und mit dem Kunden bei Abgabe der Bestellung für den Auftrag vereinbart worden. Die Geräte seien bereits sechs bzw. acht Jahre alt gewesen und bei der Klägerin abgeschrieben. Dem Verlangen der Klägerin stehe § 767 Abs. 2 ZPO entgegen.
Das Arbeitsgericht Hamburg hat durch Beschluss vom 30. August 2002 den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss und das Zahlungsverbot bis zur Rechtskraft einer Entscheidung über die Vollstreckungsgegenklage aufgehoben.
Gegen diesen Beschluss, der dem Beklagten am 5. September 2002 zugestellt wurde, hat dieser mit Schriftsatz vom 10....