Entscheidungsstichwort (Thema)

Anfechtung einer Betriebsratswahl. Gegenstandswert

 

Leitsatz (redaktionell)

Der Gegenstandswert für die Anfechtung einer Betriebsratswahl ist ausgehend von einem Grundbetrag in Höhe von 8.000 Euro abhängig von der Größe des Betriebsrats für jede in § 9 BetrVG vorgesehene Staffel um 2.000 Euro zu erhöhen.

 

Normenkette

BetrVG §§ 9, 19; RVG § 33

 

Verfahrensgang

ArbG Hamburg (Beschluss vom 18.04.2011; Aktenzeichen 7 BV 8/10)

 

Tenor

1. Die Beschwerden der Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats sowie der Beteiligten zu 16 – 21 gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Hamburg vom 18.04.2011 (7 BV 8/10) werden zurückgewiesen.

2. Der Beschwerdeführer haben die Kosten der Beschwerdeverfahren zu tragen.

 

Tatbestand

I. Im Ausgangsverfahren geht es um die Anfechtung der Wahl eines Betriebsrats mit 43 Mitgliedern.

Mit Beschluss vom 18.04.2011 setzte das Arbeitsgericht den Gegenstandswert für das Verfahren auf EUR 56.000,– fest. Dabei ging es von einem Grundbetrag in Höhe des doppelten Auffangwerts gemäß § 23 III RVG und von einer Erhöhung für jede der Staffeln des § 9 BetrVG um einen halben Auffangwert aus. Den sich daraus ergebenen Betrag von EUR 52.000,– hat das Arbeitsgericht im Hinblick die sich aus der Vielzahl der Antragsteller ergebende Schwierigkeit um einen weiteren Auffangwert auf insgesamt EUR 56.000,– erhöht. Der Beschluss wurde dem Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats am 19.04.2011 und dem Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten zu 16 – 21 am 28.04.2011 zugestellt. Mit der am 26.04.2011 bei Gericht eingegangenen Beschwerde begehrt der Verfahrensbevollmächtigte des Betriebsrats die Festsetzung des Gegenstandswerts auf EUR 90.000,– Er hält die Rechtsprechung des LAG Hamburg, auf die sich das Arbeitsgericht bezogen hat, für überholt. Auf die Einzelheiten der Begründung (Bl. 229 ff d.A.) wird Bezug genommen. Der Verfahrensbevollmächtigte der Beteiligten zu 16 – 21 hat mit am 03.05.2011 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz ebenfalls Beschwerde eingelegt und sich hinsichtlich der Gründe an die Ausführungen des Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats angeschlossen. Das Arbeitsgericht hat am 03.05.2011 beschlossen, der Beschwerde nicht abzuhelfen.

 

Entscheidungsgründe

II. Die Beschwerden sind gemäß § 33 III RVG zulässig, sie sind insbesondere von Antragsberechtigten (§ 33 II 2 RVG) form- und fristgerecht eingelegt worden. Das Fehlen eines ausdrücklichen Antrags ist unschädlich, da die für die Zulässigkeit zwingend erforderliche Erkennbarkeit eines bestimmten Begehrens (vgl. LAG Hamburg v. 23.12.2009 – 8 Ta 26/08 Tz 2) unter Berücksichtigung der Begründung der Beschwerde gegeben ist. Die Beschwer übersteigt EUR 200,–.

III. In der Sache haben die Beschwerden keinen Erfolg.

Bei der Festsetzung des Gegenstandswerts für die Anfechtung einer Betriebsratswahl ist von einem Grundbetrag auszugehen, der sich entsprechend der Größe des Betriebsrats für jede der Staffeln des § 9 BetrVG um einen bestimmten Wert erhöht. Über diesen Grundansatz besteht – soweit ersichtlich – in Rechtsprechung und Literatur Einigkeit. Unterschiedliche Auffassungen werden zur Höhe des Grundbetrags und der jeweiligen Erhöhungen pro Staffel vertreten:

Die Landesarbeitsgerichte Hamm (Bes. v. 25.05.10 – 10 Ta 243/10 – Tz 10f) und Baden Württemberg (Bes. v. 17.06.09 – 5 TaBVGa 1/09 – Tz 6) gehen vom 1½fachen Hilfswert als Grundbetrag aus und erhöhen diesen pro Staffel um einen Hilfswert. Diese Auffassung wurde früher auch vom LAG Hamburg vertreten (vgl. Bes. v. 13.06.02 – 6 Ta 13/02).

Das LAG Schleswig-Holstein geht dem gegenüber vom einfachen Hilfswert aus und erhöht diesen pro Staffel um EUR 1.000,– (vgl. Bes. v. 09.07.2003 – 3 Ta 215/02 – Tz 12).

Das LAG Hamburg hat sich im Beschluss vom 09.10.2003 (4 Ta 12/03 – Tz 12) dem Bundesarbeitsgericht angeschlossen, welches im Beschluss vom 10.07.2001 (7 ABR 42/99) vom 2fachen Hilfswert als Grundbetrag ausgegangen ist und diesen pro Staffel um einen halben Hilfswert, also um EUR 2.000,– erhöht. Dieser Auffassung folgen auch die meisten anderen Landesarbeitsgerichte vgl. LAG Köln v. 14.10.10 – 7 Ta 249/10 – Tz 6; LAG HB v. 16.02.07 – 3 Ta 4/07 – Tz 10; LAG Düsseldorf v. 25.02.04 – 17 Ta 65/04 – Tz 4).

Die Beschwerde zeigt keine Gründe auf, die Anlass böten, von der vorherrschenden Auffassung abzurücken. Sie gelangt zu wirtschaftlich sinnvollen Ergebnissen. Mit zunehmender Größe des Betriebsrats führen die vertretenen Ansätze zu sehr unterschiedlichen Wertfestsetzungen. Für die Anfechtung der Wahl eines 15köpfigen Betriebsrats ergibt sich nach Auffassung des LAG Hamm und Baden-Württemberg ein Gegenstandswert von EUR 34.000,–, während der Ansatz des LAG Schleswig-Holstein zu einem Wert von EUR 11.000,– führt. Die herrschende Auffassung. gelangt hingegen mit einem Gegenstandswert von EUR 22.000,– zu einem sinnvollen Kompromiss zwischen den Gebühreninteressen der Verfahrensbevollmächtigten und den wirtschaftlichen Interessen der betroffenen Arbeitgeber.

IV. Die Kostenentscheidungen b...

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