Entscheidungsstichwort (Thema)

Zur Berechnung des Gegenstandwerts für Anträge nach § 18 Abs. 2 BetrVG

 

Leitsatz (amtlich)

Für die Bestimmung des Gegenstandswerts eines Verfahrens nach § 18 II BetrVG ist auf die Anzahl der Mitarbeiter abzustellen, die in der oder den von der Frage betroffenen Organisationseinheiten insgesamt beschäftigt sind. Dies gilt unabhängig davon, ob in der Vergangenheit ein oder mehrere Betriebsräte gewählt worden sind, und unabhängig von der Betriebsstruktur die der Antragsteller für gegeben hält.

Auf die Anzahl der betroffenen Mitarbeiter ist die Staffelung des § 9 BetrVG in der Weise anzuwenden, dass für die erste Stufe (1 – 20 Arbeitnehmer) ein Grundbetrag in Höhe des doppelten Hilfswerts gemäß § 23 III RVG in Ansatz zu bringen ist (derzeit EUR 8.000,–) und für jede weitere Stufe des § 9 BetrVG ein Betrag in Höhe eines halben Hilfswerts (derzeit EUR 2.000,–).

Fortführung der Rechtsprechung des LAG Hamburg insb. Beschlüsse vom 30.06.2011 (8 Ta 11/11) und vom 30.11.2009 (4 Ta 12/09).

 

Normenkette

BetrVG § 18 Abs. 2; RVG § 33; BetrVG § 19

 

Verfahrensgang

ArbG Hamburg (Beschluss vom 17.02.2011; Aktenzeichen 13 BV 32/09)

 

Tenor

1. Auf die Beschwerden der Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten zu 3) und 4) wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Hamburg vom 17.02.2011 (13 BV 32/09) teilweise abgeändert. Der Gegenstandswert für den Antrag zu 2) wird auf EUR 18.000,– festgesetzt. Im Übrigen werden die Beschwerden zurückgewiesen.

2. Die Kosten der Beschwerdeverfahren haben die Beschwerdeführer jeweils zur Hälfte zu tragen.

 

Tatbestand

I. Im Ausgangsverfahren beantragten die Beteiligten zu 1) und 2) (Arbeitgeberinnen) festzustellen, dass 1. die Wahl des Gesamtbetriebsrats bei der Beteiligten zu 1) vom 09.12.2009 unwirksam ist und 2) die Betriebsteile der Beteiligten zu 1) und 2) gemäß § 18 II BetrVG einen gemeinsamen Betrieb bilden. Das Verfahren wurde eingestellt, nachdem die Beteiligten zu 1) und 2) ihre Anträge zurückgenommen hatten.

Mit Beschluss vom 17.02.2011 setzte das Arbeitsgericht den Gegenstandswert für den Antrag zu 1) auf EUR 20.000,– und für den Antrag zu 2) auf EUR 14.000,– fest. Der Beschluss wurde den Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten zu 3) und zu 4) jeweils am 22.02.2011 zugestellt. Mit ihren am 03. bzw. 04.03.2011 bei Gericht eingegangenen Beschwerden vertreten die Verfahrensbevollmächtigten den Standpunkt, bei der Festsetzung des Gegenstandswerts für den Antrag nach § 18 II BetrVG sei auf die Anzahl der Mitglieder der in der Vergangenheit gewählten Einzelbetriebsräte abzustellen. Der Antrag sei daher mit EUR 68.000,– zu bewerten. Hilfsweise sei auf die Anzahl der Mitglieder eines Betriebsrats für den Gesamtbetrieb abzustellen, wobei die Verfahrensbevollmächtigten für Grundbetrag und Erhöhungen unterschiedliche Auffassungen vertreten. Die Beteiligten zu 1) und zu 2) haben den Beschluss des Arbeitsgerichts verteidigt. Das Arbeitsgericht hat am 21.04.2011 beschlossen, den Beschwerden nicht abzuhelfen.

 

Entscheidungsgründe

II. 1. Die Beschwerden sind gemäß § 33 III RVG zulässig, sie sind insbesondere von Antragsberechtigten (§ 33 II 2 RVG) form- und fristgerecht eingelegt worden. Die Beschwer übersteigt EUR 200,–. In der Sache haben die Beschwerden keinen Erfolg.

2. In der Sache haben die Beschwerden nur in geringem Umfang Erfolg. Der Gegenstandswert für den Antrag zu 2) ist auf EUR 18.000,– festzusetzen.

Im Ausgangspunkt unstreitig ist, dass bei der Festsetzung des Gegenstandswerts eines Antrags nach § 18 II BetrVG auf die sich in der Größe des oder der Mitbestimmungsorgane wiederspiegelnde Anzahl der betroffenen Arbeitnehmer abzustellen ist. Streitig ist, ob dabei auf die Teileinheiten abzustellen ist, die in der Vergangenheit eigene Betriebsräte gewählt haben (a), oder auf die Größe eines Betriebsrats oder eines ggf. zu bildenden Gesamtbetriebsrats (b). Unterschiedliche Auffassungen werden darüber hinaus zur Höhe des Grundbetrags und zum Betrag der Erhöhung pro Staffel des § 9 vertreten (c).

a) Unabhängig davon, von welcher Betriebsstruktur in der Vergangenheit ausgegangen wurde, ist stets auf die Anzahl der insgesamt betroffenen Arbeitnehmer abzustellen. Dies hat das Arbeitsgericht im Ausgangspunkt zutreffend erkannt (ebenso LAG Hamm v. 01.03.2006 – 10 Ta 21/06 – Tz 12; Bes. v. 03.01.2008 – 8 Ta 277/07 – Tz 18).

Die von den Beschwerdeführern zur Begründung ihrer Hauptanträge vertretene Auffassung, es sei auf die Anzahl der Mitarbeiter der Teileinheiten abzustellen, die in der Vergangenheit als Betriebe bewertet worden sind, und auf die Größe der dort gewählten Betriebsräte abzustellen, ist nicht sachgerecht. Das Verfahren nach § 18 II BetrVG dient dazu, für Betriebsratswahlen relevante Fragen im Vorfeld zu klären. Es geht nicht um Bestandsschutz für gewählte Betriebsratsmitglieder. Ist streitig, ob eine Organisationseinheit aus einem oder mehreren Betrieben besteht, so dass entweder nur ein Betriebsrat oder mehrere Betriebsräte und ein Gesamtbetriebsrat zu wählen sind, dann hän...

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