Entscheidungsstichwort (Thema)
Prozesskostenhilfe
Leitsatz (redaktionell)
Nach ständiger Rechtsprechung des LAG Hamburg ist die gerichtliche Geltendmachung von Verzugslohnansprüchen, deren Begründetheit vom Ausgang eines Bestandsrechtsstreits abhängt, vor Abschluss dieses Bestandsrechtsstreits i.d.R. nicht erforderlich. Eine verständige, auf Begrenzung der prozessualen Risiken bedachte Partei, würde mit der gerichtlichen Geltendmachung der Entgeltansprüche warten, bis über den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses als in der Regel einzige streitige Tatbestandsvoraussetzung rechtkräftig entschieden worden ist. Etwas anderes gilt nur dann, wenn die Erhebung der Zahlungsklage zur Erhaltung der Zahlungsansprüche erforderlich ist.
Normenkette
ZPO § 114
Verfahrensgang
ArbG Hamburg (Beschluss vom 10.01.2011; Aktenzeichen 29 Ca 471/10) |
Tenor
1. Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Hamburg vom 10.01.2011 (29 Ca 471/10) wird zurückgewiesen.
2. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Tatbestand
I.
In der Hauptsache machte der Kläger vor dem Hintergrund mehrerer, im Zeitpunkt der Klageerhebung noch nicht abgeschlossener Beendigungsrechtsstreitigkeiten Verzugslohnansprüche für die Monate September und Oktober 2010 geltend. Das Arbeitsgericht lehnte den Antrag mit Beschluss vom 10.01.2011 ab, da die gerichtliche Geltendmachung von Verzugslohnansprüchen vor Abschluss des Beendigungsrechtsstreits mutwillig sei. Der Beschluss wurde dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 13.01.2011 zugestellt. Mit seiner am Montag, dem 14.02.2011 bei Gericht eingegangenen sofortigen Beschwerde begehrt der Kläger eine Abänderung des Beschlusses. Er meint, die aktive Verfolgung von Verzugslohnansprüchen sei insbesondere dann für eine effektive Rechtsverfolgung erforderlich, wenn – wie im vorliegenden Fall – ein Arbeitgeber über mehrere Jahre wiederholt versuche, ein Arbeitsverhältnis zu beenden. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf die Beschwerdeschrift vom 14.02.2011 (Bl. 31 ff PKH-Heft) Bezug genommen. Das Arbeitsgericht hat am 18.02.2011 beschlossen, der sofortigen Beschwerde nicht abzuhelfen.
Entscheidungsgründe
II.
Die sofortige Beschwerde des Klägers ist nicht begründet.
1. Nach § 11 a ArbGG i.V.m. § 114 S. 1 ZPO ist der bedürftigen Partei Prozesskostenhilfe zu gewähren, wenn ihre Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht hat und nicht mutwillig ist. Eine Rechtsverfolgung ist mutwillig, wenn eine verständige, nicht hilfsbedürftige Partei ihre Rechte nicht in gleicher Weise verfolgen würde (Zöller-Geisner ZPO, 28.Aufl. 2010, § 114 Tz 30 m.w.N.). Das ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rechtsverfolgung nicht erforderlich ist oder ein einfacherer Weg zur Wahrung der Rechte zur Verfügung steht.
Nach ständiger Rechtsprechung des LAG Hamburg (vgl. Bes. v. 01.12.2003 – 6 Ta 23/03 – juris; Bes. v. 31.03.2005 – 8 Sa 93/04) ist die gerichtliche Geltendmachung von Verzugslohnansprüchen, deren Begründetheit vom Ausgang eines Bestandsrechtsstreits abhängt, vor Abschluss dieses Bestandsrechtsstreits in der Regel nicht erforderlich. Eine verständige, auf Begrenzung der prozessualen Risiken bedachte Partei, würde mit der gerichtlichen Geltendmachung der Entgeltansprüche warten, bis über den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses als in der Regel einzige streitige Tatbestandsvoraussetzung rechtkräftig entschieden worden ist. Etwas anderes gilt nur dann, wenn die Erhebung der Zahlungsklage zur Erhaltung der Zahlungsansprüche erforderlich ist. Das ist z.B. dann der Fall, wenn eine zweistufige Ausschlussfrist anwendbar ist und der Arbeitgeber nicht erklärt hat, er werde auf die Ausschlusswirkung verzichten. Eine mutwillige Rechtsverfolgung ist auch dann zu verneinen, wenn der Arbeitgeber bereits erklärt hat, er werde das Entgelt auch nach dem Obsiegen des Arbeitnehmers im Beendigungsrechtsstreit nicht freiwillig bezahlen, oder wenn konkrete Anhaltspunkte für eine Insolvenz bestehen, so dass die Schaffung eines vorläufig vollstreckbaren Zahlungstitels zur effektiven Rechtsverfolgung geboten erscheint.
2. Die Anwendung dieser Rechtsgrundsätze führt dazu, dass das Arbeitsgericht des Prozesskostenhilfeantrag des Klägers zu Recht abgelehnt hat. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden kraft einzelvertraglicher Bezugnahme die Tarifverträge des Hamburger Einzelhandels Anwendung. § 21 MTV enthält lediglich eine einstufige Ausschlussfrist. Der Kläger konnte folglich seine Zahlungsansprüche durch schriftliche Geltendmachung gegenüber der Beklagten vor dem Verfall bewahren. Einer Verzichtserklärung der Beklagten bedurfte es nicht. Es kann deshalb dahinstehen, ob bei einer zweistufigen Ausschlussfrist eine Mutwilligkeit schon dann vorliegt, wenn der Arbeitnehmer den Arbeitgeber nicht zu einem Verzicht auf die Ausschlusswirkung auffordert od. nur dann, wenn der Arbeitgeber von sich aus den Verzicht auf die Ausschlusswirkung erklärt hat. Für das Vorliegen einer der anderen Gründe, welche die Geltendmachung von Verzugslo...