Entscheidungsstichwort (Thema)
Prozesskostenhilfe. Bewilligungsverfahren. Mutwilligkeit. Prozesskostenhilfe: Keine mutwillige Geltendmachung von Verzugslohnansprüchen
Leitsatz (amtlich)
Bei drohender Zahlungsunfähigkeit oder Insolvenz des Arbeitgebers ist es nicht mutwillig i. V. m. § 114 ZPO, wenn der Arbeitnehmer nach einem erstinstanzlich obsiegenden Urteil in einem Kündigungsrechtsstreit Verzugslohnansprüche geltend macht, obwohl der Arbeitgeber gegen das Urteil in dem Kündigungsrechtsstreit Berufung eingelegt hat.
Normenkette
ZPO § 114
Verfahrensgang
ArbG Lübeck (Beschluss vom 29.04.2009; Aktenzeichen 5 Ca 315/09) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde des Klägers wird der zurückweisende Prozesskostenhilfebeschluss des Arbeitsgerichts Lübeck vom 29.04.2009, Az. 5 Ca 315/09, abgeändert und dem Kläger für seine angekündigten Anträge vom 30.01.2009 und 04.03.2009 Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt A. aus H. bewilligt. Eine Ratenzahlung findet derzeit nicht statt.
Tatbestand
I.
Im Beschwerdeverfahren ist ein zurückweisender Prozesskostenhilfebeschluss streitgegenständlich.
In einem vorangegangen Kündigungsschutzprozess (1 Ca 2736/08) stellte das Arbeitsgericht mit Urteil vom 22.01.2009 fest, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch die betriebsbedingte Kündigung vom 26.09.2008 zum 31.10.2008 endete. Dieses Urteil ist nicht rechtskräftig und ist in der Berufungsinstanz anhängig (5 Sa 65/09).
Nach Zustellung des vorgenannten erstinstanzlichen Urteils hat der Kläger im vorliegenden Hauptsacheverfahren Verzugslohnansprüche in Höhe von monatlich EUR 3.112,69 brutto sowie vermögenswirksame Leistungen in Höhe von monatlich EUR 40,00 für die Zeit von November 2008 bis April 2009 unter Anrechnung des unstreitig bezogenen Arbeitslosengeldes und Zwischenverdienstes geltend gemacht. Ab dem 01.11.2008 bezieht der Kläger ein kalendertägliches Arbeitslosengeld in Höhe von EUR 46,55. Seit dem 13.03.2009 arbeitet der Kläger wieder für die Beklagte im Rahmen eines Prozessarbeitsverhältnisses. Für März 2009 zahlte die Beklagte an den Kläger EUR 1.604,69 brutto (Bl. 65 d. A.) und für April 2009 EUR 2.745,25 brutto.
Der Kläger hat im vorliegenden Hauptsacheverfahren vorgetragen,
dass die Parteien im Arbeitsvertrag eine Monatsvergütung von EUR 2.432,00 brutto bei einer 35-Stundenwoche vereinbart hätten. Im Jahre 2007 sei seine Arbeitszeit auf 40 Stunden hochgesetzt worden und die Beklagte habe ihm ein entsprechend höheres Monatsgehalt von EUR 2.830,75 brutto gezahlt zuzüglich der Sondergratifikation für Weihnachts- und Urlaubsgeld in Höhe von monatlich 241,94 brutto (1/12 eines Monatsgehalts). Zum Beweis dessen hat er eine Gehaltsabrechnung von September 2008 vorgelegt.
Die Beklagte hat die Angaben zur Höhe der Zahlungsanträge nicht bestritten.
Der Kläger hat für die mit der Klagschrift vom 30.01.2009 und den Klagerweiterungen vom 05.03.2009 und vom 29.05.2009 geltend gemachten Zahlungsanträgen (Bl. 3 und 20 d. A.) Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt A… beantragt.
Mit Beschluss vom 29.04.2009 hat das Arbeitsgericht den Prozesskostenhilfeantrag für die Anträge vom 30.01.2009 und 04.03.2009 (Verzugslohnansprüche für die Zeit von November 2008 bis einschließlich Februar 2009) zurückgewiesen. Die geltend gemachten Zahlungsansprüche bestünden nur dann, wenn rechtskräftig feststehe, dass das Arbeitsverhältnis über den 01.11.2008 hinaus fortbestehe. Dies stehe aufgrund des noch anhängigen Berufungsverfahrens indessen noch nicht fest. Eine verständige, die Prozesskosten selbst tragende Partei hätte in diesem Fall den Ausgang des Kündigungsschutzverfahrens abgewartet und erst nach einer rechtskräftigen Entscheidung über die Kündigungsschutzklage ggf. ihr zustehende Vergütungsansprüche unter dem Gesichtspunkt des Verzugslohns eingeklagt. Eine Klagerhebung zu diesem vom Kläger gewählten Zeitpunkt sei nicht notwendig gewesen und erscheine daher im Hinblick auf die Prozesskostenhilfe mutwillig.
Gegen diesen Beschluss hat der Kläger am 04.06.2009 sofortige Beschwerde eingelegt. Die ihm antragsgemäß verlängerte Frist zur Begründung der sofortigen Beschwerde bis zum 26.06.2009 ist fruchtlos verstrichen.
Mit Beschluss vom 29.06.2009 hat das Arbeitsgericht der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen. Der Kläger habe Gründe, die zu einer abändernden Entscheidung hätten führen können, nicht vorgetragen.
Über den PKH-Antrag für die Klagerweiterung vom 29.05.2009 hat das Arbeitsgericht noch nicht entschieden.
Zur Begründung der PKH-Beschwerde trägt der Kläger vor,
dass die Beklagte selbst durch den mehrfachen Hinweis auf drohende Insolvenz Anlass für die Lohnklage gegeben habe.
Entscheidungsgründe
II.
Die sofortige Beschwerde ist zulässig, insbesondere gemäß § 127 Abs. 2 S. 2 ZPO statthaft und gemäß § 127 Abs. 2 S. 3 fristgemäß eingelegt worden.
Die sofortige Beschwerde ist auch begründet.
Gemäß § 114 ZPO setzt die Bewilligung von Prozesskostenhilfe zum einen eine hinreichende Aussicht auf Erfolg der beabsichtigte...