Entscheidungsstichwort (Thema)

Ablehnung der Betriebsrentenanpassung aus wirtschaftlichen Gründen

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die Arbeitgeberin kann die Betriebsrentenanpassung im Hinblick auf ihre wirtschaftliche Lage ablehnen, wenn ihr Unternehmen durch die Anpassung übermäßig belastet und ihre Wettbewerbsfähigkeit gefährdet wird; das ist dann der Fall, wenn die Arbeitgeberin annehmen darf, dass es ihr mit hinreichender Wahrscheinlichkeit nicht möglich sein wird, den Teuerungsausgleich aus den Unternehmenserträgen und den verfügbaren Wettbewerbszuwächsen des Unternehmensvermögens in der Zeit bis zum nächsten Anpassungsstichtag aufzubringen.

2. Bei der Berechnung der Eigenkapitalverzinsung ist einerseits auf die Höhe des Eigenkapitals, andererseits auf das erzielte Betriebsergebnis abzustellen; beide Bemessungsgrundlagen sind ausgehend von den handelsrechtlichen Jahresabschlüssen nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen zu bestimmen.

3. Die angemessene Eigenkapitalverzinsung besteht aus einem Basiszins und einem Zuschlag für das Risiko, dem das im Unternehmen investierte Kapital ausgesetzt ist.

4. Die künftige Belastbarkeit der Arbeitgeberin setzt eine langfristig zum Anpassungsstichtag zu stellende Prognose voraus; dabei ist grundsätzliche die bisherige wirtschaftliche Entwicklung des Unternehmens vor dem Anpassungsstichtag zu Grunde zu legen, soweit daraus Schlüsse für dessen weitere Entwicklung gezogen werden können.

5. Für eine zuverlässige Prognose muss die bisherige Entwicklung über einen längeren repräsentativen Zeitraum von in der Regel mindestens drei Jahren ausgewertet werden; auch die wirtschaftliche Entwicklung nach dem Anpassungsstichtag kann sich auf die Überprüfung der Anpassungsentscheidung der Arbeitgeberin auswirken, indem sie ihre frühere Prognose bestätigen oder entkräften kann.

6. Unerwartete Veränderungen der wirtschaftlichen Verhältnisse des Unternehmens können erst bei der nächsten Anpassungsprüfung berücksichtigt werden.

 

Normenkette

BetrAVG § 16 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Hamburg (Entscheidung vom 20.06.2011; Aktenzeichen 11 Ca 141/10)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 02.09.2014; Aktenzeichen 3 AZR 854/12)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 20. Juni 2011 - 11 Ca 141/10 - abgeändert:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt von der Beklagten eine Anpassung seiner Versorgungsbezüge ab dem 1. Januar 2010.

Der Kläger war vom 1. April 1955 bis zum 30. Juni 1998 Arbeitnehmer der Dr. B. AG, deren Verschmelzung auf die Beklagte am 11. Mai 2009 beim Handelsregister des Amtsgerichts Frankfurt/M (Anlage B 1 zum Schriftsatz vom 7. September 2010, Bl. 27 d. A.) eingetragen wurde.

Das Arbeitsverhältnis zwischen dem Kläger und der Dr. B. AG war seinerzeit durch den Abschluss eines Vorruhestandsvertrages beendet worden. Das letzte monatliche Grundgehalt des Klägers bei der Dr. B. AG betrug brutto ca. DM 10.310,00.

Im Jahr 2005 gründete die Dr. B. AG den Pensions-Trust e. V. Nach der Präambel des Treuhandvertrages, geschlossen zwischen der Dr. B. AG, dem Pensions-Trust der Dr. B. e. V. und dem Mitarbeiter-T. der Dr. B. e. V. war der Zweck, die insolvenzfeste Sicherung der Ansprüche von aktiven und ausgeschiedenen Mitarbeitern der Gesellschaft, aktiven und ausgeschiedenen Mitgliedern des Vorstandes der Gesellschaft sowie - nach Versterben der vor genannten Personen - ihrer Hinterbliebenen. Hinsichtlich der Einzelheiten dieses Treuhandvertrages wird auf die Anlage B 15 zum Schriftsatz vom 18. Mai 2011 (Bl. 128 - 155 d. A.) verwiesen. Durch Änderungsvereinbarung vom 16. März 2009 mit Wirkung zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Verschmelzung der Dr. B. AG auf die Beklagte wurde dieser Treuhandvertrag geändert und an den zwischen der Beklagten und der Co. Pensions-Trust e. V. abgeschlossenen Treuhandvertrag angepasst (Anlage B 16 zum Schriftsatz vom 18. Mai 2011, Bl. 156 - 174 d. A.). Nach Ziff. 3 der Präambel sollte mit dem Abschluss des Treuhandvertrages und der Übertragung der Vermögensgegenstände nach Maßgabe des Vertrages der Zweck verfolgt werden, die Erfüllung der Versorgungsansprüche, mit Ausnahme der bei Eintritt des Sicherungsfalls noch verfallbaren Anwartschaften, auch für den Fall zu sichern, dass ein Insolvenzverfahren über das Vermögen eröffnet bzw. die Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse abgelehnt wird oder zwischen der Gesellschaft und den betreffenden Gläubigern ein außergerichtlicher Vergleich zur Abwendung eines Insolvenzverfahrens geschlossen oder die Betriebstätigkeit vollständig eingestellt wird und ein Insolvenzverfahren mangels Masse offensichtlich nicht in Betracht kommt. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten dieses Treuhandvertrages wird auf die genannte Anlage verwiesen.

Der Kläger bezieht seit dem 1. November 2001 eine Betriebsrente, die sich zuletzt auf € 1.490,00 brutto belief, die letztmalig in den Jahren 2004 und 2007 gemäß § 16 Betriebsr...

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