Entscheidungsstichwort (Thema)
Tarifliche Zulage für die Tätigkeit der Schichtleitung bei Abwesenheit der Wohnbereichsleitung in einer Wohngruppe der kirchlichen und diakonischen Altenpflege
Leitsatz (amtlich)
1) Sieht eine Stellenbeschreibung vor, dass ein Arbeitnehmer in Abwesenheit der Wohnbereichsleitung als Schichtleitung tätig ist, nimmt der Arbeitnehmer überwiegend die Funktion der Schichtleitung wahr, wenn die Wohnbereichsleitung in der überwiegenden Zeit seiner Tätigkeit nicht anwesend ist.
2) Die Funktion der Schichtleitung wird auch dann ausgeübt, wenn keine für die Schichtleitung zugewiesenen Arbeitsaufgaben wahrgenommen werden.
3) Für die Erfüllung des Merkmals Schichtleitung ist es nicht erforderlich, weitere Aufgaben zur ständigen Wahrnehmung übertragen zu bekommen.
Normenkette
TVG § 4 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Hamburg (Entscheidung vom 21.03.2017; Aktenzeichen 21 Ca 250/16) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 21. März 2017 (21 Ca 250/16) wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger verlangt von der Beklagten die Zahlung einer tariflichen Zulage für die Tätigkeit der Schichtleitung.
Der 52jährige Kläger ist seit 2001 bei der Beklagten und zuvor bei der früheren Betreiberin des Seniorenhauses M. in Hamburg-1 in der Altenpflege beschäftigt, und zwar von 2001 bis 2004 als Pflegehelfer und seit Dezember 2004 als examinierter Altenpfleger. Er wird im Seniorenhaus M. in der Wohngruppe III eingesetzt. Die Beklagte ist aufgrund Zugehörigkeit zum Verband der kirchlichen und diakonischen Anstellungsträger (VDKA) jedenfalls seit 2014 tarifgebunden.
In dem Wohnbereich, in dem der Kläger tätig ist, gibt es eine Wohnbereichsleitung, nicht aber eine stellvertretende Wohnbereichsleitung. Wegen der Einzelheiten der Stellenbeschreibung des Klägers wird auf die Anlage K 3 zur Klagschrift (Bl. 18 bis 20 d.A.) verwiesen. Dort ist unter anderem vorgesehen, dass der Stelleninhaber die Wohnbereichsleitung als Schichtleitung vertritt.
Der Kirchliche Tarifvertrag Diakonie (KTD) vom 15. August 2002 in der Fassung vom 4. Mai 2015 sieht in § 14 Folgendes vor:
"(1) Das Entgelt der Arbeitnehmerin wird nach der Entgeltgruppe und der Entgeltstufe bemessen. Es wird für den Kalendermonat (Entgeltzeitraum) berechnet. Der Entgeltzeitraum beginnt am Ersten des Monats null Uhr und endet am Monatsletzten um 24 Uhr.
Die Entgeltgruppe ergibt sich aus der Entgeltordnung (Anlage 1 bzw. Anlage 5 Nr. 3 Abs. 1). Die Arbeitnehmerin ist in der Entgeltgruppe eingruppiert, deren Tätigkeitsmerkmalen die gesamte von ihr nicht nur vorübergehend auszuübende Tätigkeit entspricht. Die gesamte auszuübende Tätigkeit entspricht den Tätigkeitsmerkmalen einer Entgeltgruppe, wenn zeitlich mindestens zur Hälfte Arbeitsvorgänge anfallen, die für sich genommen die Anforderung eines Tätigkeitsmerkmals oder mehrere Tätigkeitsmerkmale dieser Entgeltgruppe erfüllen. Kann die Erfüllung einer Anforderung in der Regel erst bei der Betrachtung mehrerer Arbeitsvorgänge festgestellt werden, sind diese Arbeitsvorgänge für die Feststellung, ob die Anforderung erfüllt ist, insoweit zusammen zu beurteilen. Arbeitsvorgänge sind Arbeitsleistungen (einschließlich Zusammenhangsarbeiten), die, bezogen auf den Aufgabenkreis der Arbeitnehmerin, zu einem bei natürlicher Betrachtung abgrenzbaren Arbeitsergebnis führen. Werden in einem Tätigkeitsmerkmal mehrere Anforderungen gestellt, gilt das in Unterabsatz 2 Satz 3 bestimmte Maß, ebenfalls bezogen auf die gesamte auszuübende Tätigkeit, für jede Anforderung. Ist in einem Tätigkeitsmerkmal als Anforderung eine Voraussetzung in der Person der Arbeitnehmerin bestimmt, muss auch diese Anforderung erfüllt sein.
Die Entgelte in den verschiedenen Entgeltstufen sind in der Anlage 1 a, Anlage 3 Nr. 2 und Anlage 5 Nr. 3 Abs. 2 zu diesem Tarifvertrag festgelegt. Die Entgelte richten sich, mit Ausnahme des Geltungsbereichs der Anlage 5, nach folgenden Stufen:
Beginn des Beschäftigungsverhältnisses - 1. Entgeltstufe,
nach Vollendung von 3 Jahren Erfahrungszeit - 2. Entgeltstufe,
nach Vollendung von 7 Jahren Erfahrungszeit - 3. Entgeltstufe und
nach Vollendung von 12 Jahren Erfahrungszeit - 4. Entgeltstufe.
Der Anspruch auf das Entgelt der nächst höheren Entgeltstufe entsteht jeweils mit Beginn des Monats, in dem die Erfahrungszeit der höheren Entgeltstufe vollendet wird. Die Beschäftigungszeit (§ 22) gilt als Erfahrungszeit. Daneben werden durch nachgewiesene einschlägige Berufserfahrung mit der Qualifikation und in der Tätigkeit, die die Entgeltgruppe voraussetzt, in die die Arbeitnehmerin eingruppiert ist, bis zu drei Jahren Berufserfahrung als Erfahrungszeit anerkannt.
Unabhängig von Unterabsatz 5 kann der Anstellungsträger bei der Einstellung zur Deckung des Personalbedarfs ganz oder teilweise weitere Zeiten in förderlicher Tätigkeit als Erfahrungszeit anerkennen. Ein Rechtsanspruch besteht nicht. Ein ...