Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebsübergang. Pächterwechsel einer Betriebskantine ohne Übernahme des Personals. Abgrenzung zum Catering-Vertrag
Leitsatz (amtlich)
Kündigt ein Unternehmer den Pachtvertrag über eine Betriebskantine und schließt einen Pachtvertrag mit einem neuen Kantinenbetreiber, der die Betriebskantine auf eigene Rechnung ohne Unterbrechung in den von dem Unternehmen zur Verfügung gestellten selben Räumen mit den ebenfalls von dem Unternehmen zur Verfügung gestellten selben Geräten weiterbetreibt, so liegt auch dann ein Betriebsübergang im Sinne des § 613 a Abs. 1 S. 1 BGB vor, wenn das Personal des Vorpächters nicht übernommen wird, der Kantinenbetrieb für Außenstehende nicht zugänglich ist und Preise für einigen Speisen und Getränke (ein Tellergericht, ein Menü und Kaffee und Tee) durch Vereinbarung mit der Verpächterin festgelegt werden.
Normenkette
BGB § 613a
Verfahrensgang
ArbG Hamburg (Urteil vom 27.05.1998; Aktenzeichen 9 Ca 48/98) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 27. Mai 1998 – 9 Ca 48/98 – wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten der Berufung.
Die Revision gegen dieses Urteil wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Frage, ob zwischen ihnen infolge eines Betriebsübergangs (§ 613 a BGB) ein Arbeitsverhältnis besteht, und hieraus Lohnansprüche aus dem Gesichtspunkt des Annahmeverzuges (§ 615 BGB) herzuleiten sind.
Die Klägerinnen waren bis zum 31. Dezember 1997 bei … beschäftigt. Herr … war Pächter der Kantine der Niederlassung 4 der …. Die Klägerinnen waren für den Betrieb dieser Kantine tätig.
Die … kündigte … das Pachtverhältnis fristgerecht zum 31. Dezember 1997. Sie schloß mit der Beklagten im Sommer 1997 einen Pachtvertrag mit Wirkung vom 01. Januar 1998, der nach der Behauptung der Beklagten identisch ist mit dem Pachtvertrag für die Kantine der Niederlassung 2 der … vom 25. Oktober 1996 (Anlage B 4 zum Schriftsatz der Beklagten vom 26.11.1998, Bl. 205 ff d.A.). Nach diesem Pachtvertrag führt das Betriebsrestaurant die Firmenzeichnung der Beklagten mit dem Zusatz „Pächter des Betriebsrestaurants der … Niederlassung 2 Hamburg”. Das Betriebsrestaurant ist vom Pächter auf eigene Gefahr zu führen. Alle Räume des Betriebsrestaurants dürfen nur vertragsgemäß genutzt werden. Der Beklagten werden die für den Betrieb des Betriebsrestaurants erforderlichen Räume mietfrei überlassen. Die erforderlichen Parkplätze werden mietfrei zur Verfügung gestellt. Über die Speiseräume kann die Beklagte außerhalb der gemeinsam mit der … festgelegten Öffnungszeiten nur mit deren Zustimmung verfügen. Die … hat die Beklagte über die Planung von Neu-, Um- und Erweiterungsbauten der Betriebsräume sowie deren Neuausstattung und Änderung der Ausstattung rechtzeitig zu unterrichten und die vorgesehene Maßnahme mit ihr zu besprechen. Die Kosten für bauliche Veränderungen der Räume sowie deren Instandsetzung und Unterhaltung werden von der … getragen. Die Ausstattung des Betriebsrestaurants wurde der Beklagten zum Gebrauch überlassen. Die Kosten der Unterhaltung und des Ersatzes der Einrichtungsgegenstände obliegt der Beklagten. Sie hat auch entsprechenden Ersatz zu beschaffen. Die Energiekosten trägt die …. Der Beklagten obliegt die Reinigung der Betriebsräume. Dabei hat sie Gesundheits- und Hygienevorschriften zu beachten. Sie hat die Personalkosten des Küchen- und Verkaufspersonals zu tragen. Die Öffnungszeiten sind vorgegeben, und zwar montags bis donnerstags 07.30 – 15.00 Uhr und freitags 07.30 – 14.00 Uhr. Die Abgabepreise für die Stammessen I und II sowie für Tee und Kaffee werden auf Antrag der Beklagten von der Deutschen Telekom festgesetzt. Als Besucher des Betriebsrestaurants sind grundsätzlich nur Angehörige der … zugelassen. Andere Personen dürfen das Betriebsrestaurant nur nach vorheriger schriftlicher Genehmigung der … aufsuchen. Für die Einzelheiten der vertraglichen Vereinbarungen wird auf die vorgenannte Anlage (Bl. 205 ff d.A.) verwiesen.
Die Beklagte hat keinerlei Personal des früheren Pächters, … übernommen.
Die Klägerinnen haben der Beklagten Anfang Januar 1998 ihre Arbeitskraft angeboten. Die Beklagte hat diese nicht angenommen. Mit der vorliegenden Klage begehren die Klägerinnen ihren Lohn aus dem Gesichtspunkt des Annahmeverzuges unter Berücksichtigung der Leistungen des Arbeitsamtes sowie anderweitigen Verdienstes in rechnerisch unstreitiger Höhe für die Monate Januar bis einschließlich April 1998.
Die Klägerinnen vertreten die Auffassung, zwischen den Parteien bestehe ein Arbeitsverhältnis aufgrund eines Betriebsübergangs. Die Beklagte betreibe in nahtloser Fortsetzung den Kantinenbetrieb des …. Der Betrieb werde mit denselben Einrichtungsgegenständen und Geräten bis einschließlich zur Tischdekoration in denselben Räumen nahtlos weiter betrieben. Der Betriebszweck sei identisch. Der Kundenkreis sei ebenfalls identisch. Auch sei ein Abweichen des Betriebskonzepts nicht ersichtlich. Allenfalls hätte sich das Speisen...