Nachhaltige Ernährung am Arbeitsplatz: Wie Kantinen das Klima schützen
Die Esskultur in Unternehmen ist aktuell nicht nur eine Frage der Ernährung, sondern auch Ausdruck der Wertschätzung für die Mitarbeitenden und ein Spiegel der Unternehmenskultur. Während der Coronapandemie war der Kantinenbetrieb in vielen Unternehmen eingeschränkt. Mit dem Ende der Homeoffice-Pflicht kehrten die Mitarbeitenden jedoch nicht nur in ihre Büros, sondern auch in die Kantinen zurück. Die Bedeutung der Gemeinschaftsverpflegung hat seitdem zugenommen und wird heute noch stärker mit Zusammengehörigkeit, Kommunikation und Mitarbeiterbindung assoziiert.
Nachhaltigkeit spielt dabei eine zentrale Rolle. Kantinen haben ein enormes Potenzial im Klimaschutz – schließlich erreichen wir die Klimaziele nur, wenn die Ernährung mit einbezogen wird. Es gibt jedoch keine universellen Lösungen; vielmehr muss jeder Ansatz die spezifischen Rahmenbedingungen des jeweiligen Unternehmens berücksichtigen.
Nachhaltige Betriebsverpflegung: Herausforderungen und Lösungen
Die Planung und Umsetzung nachhaltiger Kantinenverpflegung birgt Herausforderungen wie Logistik, unterschiedliche Geschmäcker und Akzeptanz. Da ökologische Produkte meist teurer sind als konventionelle, ist eine kostenneutrale Umstellung nur bedingt möglich. Unternehmen können aber mit kleinen Schritten beginnen. Allerdings sollten die Maßnahmen keine Einzelhandlungen sein, sondern im Idealfall Bestandteil einer nachhaltigkeitsorientierten Unternehmensstrategie.
Die Rolle der Nachhaltigkeitsmanager ist in diesem Kontext deshalb besonders wichtig. Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) förderte von 2017 bis 2020 das Projekt 'NACHHALTIG B | UND GESUND', das sich auf ökologische und gesundheitliche Aspekte der Betriebsverpflegung konzentrierte. Der im Projekt entwickelte Leitfaden für mehr Nachhaltigkeit in der Betriebsverpflegung gibt Tipps, wie die Betriebsverpflegung nachhaltiger gestaltet werden kann.
Umsetzungsempfehlungen für nachhaltige Betriebsverpflegung
Das können Verantwortliche in Unternehmen tun, damit die Betriebsverpflegung nachhaltiger wird:
Planung und Strategieentwicklung
- Bestimmen Sie einen Ansprechpartner: Setzen Sie einen Nachhaltigkeitsmanager ein, der sich um gesundheitsfördernde Mahlzeiten und Nachhaltigkeit kümmert.
- Führen Sie eine Bestandsaufnahme und Bedarfsanalyse durch: Verwenden Sie die „Checkliste Betriebsverpflegung“, um den aktuellen Stand zu erfassen und notwendige Maßnahmen abzuleiten.
- Leiten Sie Maßnahmen ab: Arbeiten Sie mit allen relevanten Akteuren zusammen, um ein Biokonzept zu entwickeln, das Biokalkulation, -einkauf und -kommunikation einschließt.
Operative Umsetzung
- Wählen und beschaffen Sie Produkte sorgfältig aus: Kaufen Sie Bioprodukte wie Kaffee, Tee und Milch und achten Sie auf Biosiegel sowie Fair-Trade-Zeichen. Reduzieren Sie den Fleischanteil und fördern Sie den Kauf von saisonalem, regionalem und ökologischem Obst und Gemüse.
- Setzen Sie auf nachhaltige Verpackungen und optimieren Sie die Lagerhaltung: Verwenden Sie biologisch abbaubare Verpackungen und optimieren Sie Ihre Lagerbestände.
- Binden Sie das Küchenteam ein: Integrieren Sie das Küchenteam aktiv in den Umstellungsprozess, um Engagement und Zielorientierung zu fördern.
Qualitätsmanagement und Evaluation
- Erfassen und überprüfen Sie Daten: Sammeln Sie Daten wie Warmhaltezeiten und Absatzzahlen, um die Qualität zu überprüfen und Anpassungen vorzunehmen.
- Evaluieren und zertifizieren Sie die Maßnahmen: Evaluieren Sie regelmäßig die umgesetzten Maßnahmen und streben Sie gegebenenfalls eine externe Zertifizierung, z.B. durch die JOB&FIT-Zertifizierung der Deutschen Gesellschaft für Ernährung e.V., an.
Kommunikation und Verhaltensänderung
- Nutzen Sie Nudging und kommunizieren Sie aktiv mit den Gästen: Setzen Sie Nudging-Techniken ein, um eine gesündere Mahlzeitenwahl zu fördern und kommunizieren Sie aktiv mit den Gästen über das nachhaltige und gesundheitsfördernde Speisenangebot.
- Schulen und bilden Sie Ihre Mitarbeitenden weiter: Qualifizieren Sie Ihre Mitarbeitenden im Umgang mit den Standards der nachhaltigen Betriebsverpflegung und sorgen Sie für kontinuierliche Weiterbildung.
Paxisbeispiele: So versuchen Unternehmen, nachhaltige Kantinen zu schaffen
Die Bundesregierung hat Bio-Lebensmittel als wesentliches Element ihrer Nachhaltigkeitsstrategie benannt und zielt darauf ab, bis 2030 einen Bio-Anteil von mindestens 30 Prozent in den Kantinen des Bundes zu erreichen. Unternehmen wie VW, Daimler, BASF oder Fischer bieten bereits gesundheitsfördernde, qualitativ hochwertige und nachhaltige Verpflegungsoptionen an. Sie kochen frisch mit biologischen, regionalen und saisonalen Zutaten und setzen sich aktiv gegen Lebensmittelverschwendung ein. In den Betriebsrestaurants von Technologieunternehmen wie Google, Spotify oder Dropbox steht nachhaltiger Genuss, bewusste Ernährung, Entspannung sowie Kommunikation und Vernetzung im Vordergrund. Bei Infineon in München wird der spezifische CO2-Fußabdruck der Mahlzeiten berechnet und kommuniziert, sodass die Gäste per App die Treibhausgasemissionen ihrer Mahlzeiten einsehen können.
Cateringfirmen wie Dussmann, Sodexo und Apleona führen CO₂-Kennzeichnungen ein und setzen sich für ökologische Standards ein, einschließlich der Unterstützung der Initiative 'DEUTSCHLAND WIRD KÄFIGFREI' und der Umsetzung der Europäischen Masthuhn-Initiative bis 2026. Speisereste werden sinnvoll verwertet und Lebensmittelabfälle durch Rücklaufanalysen minimiert. Transparente Abfallsysteme tragen dazu bei, Überproduktion zu erkennen. Nass-Abfälle werden in Bio-Gasanlagen verarbeitet. Darüber hinaus werden zahlreiche Aktionen zur Sensibilisierung der Gäste und Mitarbeitenden durchgeführt, wie die Klimawoche, und Schulungen im Bereich Nachhaltigkeit angeboten.
Vorteile einer nachhaltigen Betriebsgastronomie
- Attraktiver Arbeitgeber: Nachhaltige Betriebsgastronomie verbessert das Image am Arbeitsmarkt.
- Sozialer Austausch und Teambuilding: Sie fördert den sozialen Austausch und stärkt das Teambuilding.
- Klimaschutz: Der Einsatz von Biolebensmitteln trägt wesentlich zum Klimaschutz bei.
- Gesundheit und Produktivität: Ein positiver Einfluss auf das Wohlbefinden und die Leistungsfähigkeit der Mitarbeitenden erhöht die Produktivität.
- Reduzierung der CO2-Emissionen: Kurze Liefer- und Beschaffungswege senken die CO2-Emissionen deutlich.
- Lebensmittelverschwendung minimieren: Effektive Maßnahmen reduzieren die Lebensmittelverschwendung und Überproduktion.
- Lokale Wirtschaft stärken: Die Nutzung lokaler Produkte stärkt die lokale Wirtschaft.
- Mitarbeiterzufriedenheit: Nachhaltige Ernährungsstrategien steigern nachweislich die Zufriedenheit der Mitarbeitenden.
- SDGs umsetzen: Ernährungsstrategien in Unternehmen sind ein wirkungsvolles Instrument, um die Sustainable Development Goals (SDGs) konkret umzusetzen.
Übrigens: Die Deutsche Umwelthilfe und NAHhaft suchen in einem Wettbewerb die grünste Betriebskantine Deutschlands, um Unternehmen zu ehren, die innovative Konzepte für mehr Nachhaltigkeit in der Gemeinschaftsverpflegung umsetzen.
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