Entscheidungsstichwort (Thema)

Rückzahlung persönlicher Beiträge durch eine Pensionskasse und Beendigung der Mitgliedschaft in der Pensionskasse. Abhängigkeit der Mitgliedschaft zu einer Pensionskasse vom Bestand der Arbeitsverhältnisses zum Trägerunternehmen

 

Leitsatz (amtlich)

Es ist mit dem Grundrechtsschutz des ArbN aus Art. 12 GG vereinbar, daß er Mitglied einer Pensionskasse bleibt, solange sein Arbeitsverhältnis zum Trägerunternehmen besteht.

Das gilt trotz § 39 BGB, der das Austrittsrecht aus einem Wirtschaftsverein gewährleistet.

Das an sich berechtigte Interesse des ArbN, sich von Eigenzahlungen, die ihn belasten, loszusagen, hat hinter dem Interesse der Pensionskasse und der Versicherten zurückzutreten.

Das gilt jedenfalls dann, wenn der Beitritt zur Pensionskasse freiwillig erfolgte und wenn im Falle eines wirtschaftlichen Engpasses die Beitragszahlungen durch den ArbN vorübergehend ausgesetzt werden können, wodurch die Altersversicherung vorübergehend in eine beitragsfreie umgewandelt wird.

 

Verfahrensgang

ArbG Hamburg (Urteil vom 08.05.1995; Aktenzeichen 21 Ca 190/94)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 13.05.1997; Aktenzeichen 3 AZR 79/96)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 8. Mai 1995 – 21 Ca 190/94 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten in erster Linie darüber, ob sich der Kläger von der betrieblichen Altersversorgung wieder lossagen kann, und zwar mit der doppelten Folge, daß er die auf seinen eigenen Beiträgen beruhende Anwartschaft zurückverlangen kann und für die Zukunft seinen Nettolohn in voller Höhe ausgezahlt erhält.

Der Kläger ist bei der Fa. van Netten GmbH bzw. deren Rechtsvorgängerinnen seit dem 01.04.1985 als angelernter Facharbeiter beschäftigt.

Der MTV für die ArbN der Süßwarenindustrie i.V.m. der Tarifregelung für die Beschäftigten der co op AG vom 01.02.1983 wurde für anwendbar erklärt. Auf den Arbeitsvertrag wird ergänzend Bezug genommen (Bl. 21).

Der Kläger, der nach wie vor bei der Fa. van Netten beschäftigt ist, wurde ab 01.07.1985 aufgrund freiwilliger Erklärung Mitglied der Beklagten, die sich seinerzeit noch Pensionskasse der deutschen Konsumgenossenschaften VVaG, nannte. Die Erklärung gab der Kläger auf Formblatt ab, das ihm sein Arbeitgeber ausgehändigt hatte. Er unterzeichnete den oberen Teil des Formblatts, der folgende „Erklärung” enthält (Bl. 40):

„Nach den besonderen Bedingungen für die Versichertengruppe E (BBE) der Pensionskasse der deutschen Konsumgenossenschaften VVaG, Hamburg, kann die co op AG mich als Mitglied anmelden. Ich bitte um Anmeldung zur Pensionskasse ab 01.07.85.”

Im unteren Teil befindet sich folgender, vom Kläger nicht unterzeichneter Passus:

„Aus persönlichen Gründen bitte ich die Geschäftsleitung, von der Anmeldung Abstand zu nehmen. Die möglichen Auswirkungen der Nichtanmeldung beim Ausscheiden aus dem Arbeitsleben sind mir bewußt. Ich nehme alle evtl. negativen Konsequenzen für mich und meine Angehörigen in Kauf; ich möchte auf keinen Fall Mitglied der Pensionskasse werden.”

Mit Schreiben vom 30.07.1993 erkundigte sich die Gewerkschaft des Klägers bei der beklagten Pensionskasse danach, welche Möglichkeiten es für den Kläger gebe, seine Mitgliedschaft zu beenden. Der Kläger sei im Hinblick auf seine noch junge Familie gegenwärtig nicht in der Lage, den Beitrag von monatlich ca. DM 100,– zu leisten (Bl. 22). Die Beklagte antwortete, daß der Kläger so lange Mitglied bleiben müsse, wie er bei der Mitgliedsunternehmung (d.i. die Fa. van Netten) beschäftigt sei (Bl. 23).

Mit Schreiben vom 15.11.1993 kündigte der Kläger seine Mitgliedschaft in der Pensionskasse gegenüber seinem Arbeitgeber (Bl. 24). Unter Hinweis auf die Satzung der Beklagten teilte die Fa. van Netten dem Kläger mit, daß sie weiterhin die Beiträge an die Pensionskasse abführen werde (Bl. 25). Der Kläger hat daraufhin bei dem Arbeitsgericht Dortmund, wo sich der Sitz seines Arbeitgebers befindet und wo der Kläger auch wohnt, Klage auf Zahlung seines ungekürzten Nettolohns erhoben. Am 22.03.1995 ist die Fa. van Netten antragsgemäß verurteilt worden.

Die Gewerkschaft NGG des Klägers wandte sich mit Schreiben vom 05.01.1994 an die Beklagte, das im Text als Beschwerde gemäß § 27 Ziff. 3 AVB bezeichnet wird. Im Betreff heißt es „Kündigung Ihres Mitglieds Uwe Grünewälder” (d.i. der Kläger). Auf das Schreiben wird Bezug genommen (Bl. 26–27).

Auf die dem Gericht vorliegenden Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB), auf die Besonderen Bedingungen für die Versichertengruppe E (BBE) und auf die Satzung der Beklagten (Stand: Januar 1994) wird verwiesen (Bl. 11–12, 13–14 und 15–16).

Zur Beitragszahlung an die Beklagte ist unstreitig, daß der Arbeitgeber des Klägers seit Juli 1985 monatlich 7,5 % des versicherungspflichtigen Einkommens des Klägers an die Beklagte abführt, und zwar 4,5 % aus Mitteln des Arbeitgebers und 3 % vom Entgelt des Klägers, das sie gleich einbehält. Zum Zeitpunkt der Klageerhebung war...

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