Entscheidungsstichwort (Thema)

Anfechtung wegen Drohung. Eigenkündigung. Ausgleichsquittung

 

Leitsatz (redaktionell)

Bei einer bereits ausgesprochenen Kündigung kann nicht mehr von einem „drohenden” Übel ausgegangen werden. Es ist allerdings möglich, dass dem Arbeitnehmer die Kündigung noch nicht als endgültig erscheint und so der Arbeitnehmer mit dem künftigen Übel einer „definitiven Entscheidung” konfrontiert ist.

 

Normenkette

BGB § 123

 

Verfahrensgang

ArbG Hamburg (Urteil vom 06.06.2002; Aktenzeichen 8 Ca 470/01)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 06. Juni 2002 – 8 Ca 470/01 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Rechtswirksamkeit einer Eigenkündigung des Klägers vom 28. September 2001 zum 30. September 2001, unzutreffend auf den 27. September 2001 datiert, sowie einer vom Kläger unterzeichneten Ausgleichsquittung einerseits – beide Erklärungen hat der Kläger wegen angeblicher widerrechtlicher Drohung der Beklagten angefochten – sowie über die Rechtswirksamkeit einer fristlosen, hilfsweise zum 31. Oktober 2001 ausgesprochenen ordentlichen Kündigung der Beklagten zum 28. September 2001.

Der Kläger war seit 1997 bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten und seit 01. August 1998 bei der Beklagten (vergl. Anl. des Klägers 1 bis 3) als Nachtschichtleiter zu einem Gehalt von zuletzt DM 4.600,– brutto beschäftigt. Zu seinen Hauptaufgaben als Leiter einer Gruppe von ca. 30 Mitarbeitern gehörte es, für den ordnungsgemäßen Verschluss der alarmgesicherten Bereiche eines Großmarktes Sorge zu tragen. Die Beklagte beschäftigt regelmäßig ca. 350 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Bei der Beklagten ist ein Betriebsrat gebildet.

Wegen des Vorwurfs der Verletzung seiner Aufsichtspflichten erhielt der Kläger mit Schreiben vom 30. Mai 2000 und 20. Juni 2000 jeweils eine Abmahnung, deren Anlass und Berechtigung zwischen den Parteien umstritten ist.

Nachdem der ehemalige Betriebsleiter der Beklagten gemeinsam mit dem Betriebsratsvorsitzenden in den Nächten vom 26. auf den 27. September 2001 und 27. auf den 28. September 2001 wegen eines gegen zwei Mitarbeiter gerichteten Diebstahlsverdachts den Markt überwacht und dabei festgestellt hatte, dass in der Nacht vom 26. auf den 27. September 2001 die Personaleingangstür nicht verschlossen war, die der Kläger hätte abschließen müssen – für die Nacht vom 27. auf den 28. September 2001 wurden dem Kläger Pflichtverletzungen nicht vorgeworfen – wurde der Kläger am 28. September 2001 gegen 14 Uhr in das Büro des damaligen Betriebsleiters gebeten, wo ihm nach seinem Vorbringen ohne weitere Begründung eine fristlose, hilfsweise fristgemäße Kündigung der Beklagten vom 28. September 2001 ausgehändigt wurde. Nach in der Berufungsinstanz nunmehr unstreitig gewordenem Sachverhalt gab es nur diese eine Besprechung und nicht zuvor am Vormittag ein erstes Gespräch. Nach Aushändigung der Arbeitgeberkündigung wurde der Kläger sodann im Laufe dieses Gesprächs dazu veranlasst, eine ihm präsentierte vorformulierte Eigenkündigung mit Datum 27. September 2001 und eine ihm präsentierte vorformulierte Ausgleichsquittung zu unterschreiben (vergl. Anl. des Klägers 5 und 6). Nach seinem Vortrag wurde dem Kläger hierbei erklärt, er, der Kläger, könne jetzt entscheiden, ob er die „harte Tour” oder ein „menschliches Vorgehen” wolle, wobei der Kläger unter letzterem nach eigenem Vorbringen eindeutig aus dem Kontext heraus verstanden hat, dass damit die Aufrechterhaltung der von der Beklagten ausgesprochenen fristlosen und hilfsweise ordnungsgemäßen Kündigung ausgeschlossen sein sollte; nach Vortrag der Beklagten soll der Verkaufsleiter der Beklagten dem Kläger erklärt haben, er könne die Wirkungen der fristlosen Kündigung beseitigen, wenn er selbst eine Eigenkündigung zum 30. September 2001 ausspreche und eine entsprechende Ausgleichsquittung unterzeichne.

Nachdem der Kläger sich mit der Klagerhebung vom 05. Oktober 2001 zunächst nur gegen die Arbeitgeberkündigung vom 28. September 2001 gewandt und Weiterbeschäftigung begehrt hat, hat er mit Schriftsatz vom 10. Oktober 2001 die Anfechtung seiner Erklärungen in den Schreiben vom 27. und 28. September 2001 (Anl. 5 und 6) ausgesprochen, weil er zur Abgabe dieser Erklärungen widerrechtlich durch Drohung bestimmt worden sei.

Der Kläger hat vorgetragen, mit der Alternative, ob er die „harte Tour” oder ein „menschliches Vorgehen” wolle, sei ihm damit gedroht worden, dass es für den Fall, dass er diese Schreiben nicht unterzeichne, bei der fristlosen Kündigung verbleibe. Er habe sich nichts zu Schulden kommen lassen, was aus der Sicht eines verständigen Arbeitgebers eine Kündigung gerechtfertigt hätte. Damit sei die Drohung, die ihn zur Unterzeichnung der Eigenkündigung und Ausgleichsquittung veranlasst habe, widerrechtlich gewesen. Der Kläger hat außerdem die ordnungsgemäße Anhörung des Betriebsrats zur Arbeitgeberkündigung bestritten.

Die Beklagte hat bestritten, ...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?