Entscheidungsstichwort (Thema)

Verpflichtung einer arbeitgebenden Körperschaft des öffentlichen Rechts einer bei ihr beschäftigten Sachbearbeiterin eine weitere Sonderzahlung als 14. Monatsgehalt zu gewähren

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Bei einem öffentlichen Arbeitgeber ist der Hinweis auf bestimmte bestehende Regelungen in Einstellungsgesprächen grundsätzlich nicht als Angebot im rechtsgeschäftlichen Sinne zu werten, diese Regelungen individualrechtlich zu vereinbaren. 2. Der Arbeitnehmer kann einen Anspruch auf ein 14. Monatsgehalt nicht auf eine bestimmte Betriebsvereinbarung stützen, wenn diese Vereinbarung wirksam gekündigt worden ist. Betriebsvereinbarungen sind unabhängig von ihrem Regelungsgegenstand frei kündbar.

 

Normenkette

BGB § 305b

 

Verfahrensgang

ArbG Hamburg (Entscheidung vom 02.05.2005; Aktenzeichen 21 Ca 448/04)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 23.05.2007; Aktenzeichen 10 AZR 414/06)

 

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin und die Anschlussberufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 02. Mai 2005 - 21 Ca 448/04 - werden zurückgewiesen.

2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet gewesen ist, im Kalendermonat November 2005 einen Betrag in Höhe von brutto Euro 1.782, 16 (13. Gehalt) an die Klägerin zu zahlen.

Im Übrigen wird die (erweiterte) Klage abgewiesen.

3. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

4. Die Revision wird zugelassen

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Verpflichtung der Beklagten, der Klägerin eine jeweils im April fällige weitere Sonderzahlung (14. Monatsgehalt) zu gewähren. Weiterhin sind Verpflichtungen der Beklagten zur Zahlung der Entgeltsteigerungen gemäß den Tariflohnerhöhungen nach dem Vergütungstarifvertrag zum Bundesangestelltentarifvertrag (BAT) seit dem 01. Januar 2004 sowie zur Zahlung der Sonderzuwendung nach dem Tarifvertrag über eine Zuwendung für Angestellte (Zuwendungstarifvertrag) im Streit.

Die Beklagte ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts mit ca. 370 Mitarbeitern. Sie gehört keinem Arbeitgeberverband an.

Die Klägerin ist bei der Beklagten seit dem 01. Oktober 1991 als Sachbearbeiterin beschäftigt. Der Einstellung ging ein Vorstellungsgespräch am 4. September 1991 voraus, an dem neben der Klägerin für die Beklagte Herr XXX teilnahm. Dem Arbeitsverhältnis liegt der Arbeitsvertrag vom 01. Oktober 1991 (Anlage K 1, Blatt 34 d. A.) zu Grunde. Der Arbeitsvertrag enthält u. a. folgende Bestimmungen:

"§ 2

Für das Arbeitsverhältnis gelten die Bestimmungen des Bundesangestelltentarifvertrages (BAT soweit nicht zwischen dem Vorstand und dem Personalrat der XXX besondere Vereinbarungen Arbeitsvertrages sind .

§3

Die Angestellte wird gemäß § 22 BAT in die Vergütungsgruppe VIII BAT eingereiht. ... "

Mittlerweile wird die Klägerin nach Vergütungsgruppe VI b BAT vergütet.

Die Beklagte traf mit dem bei ihr gebildeten Personalrat erstmals am 31. März 1964 eine sogenannte "Besondere Vereinbarung". Darin vereinbarten die Beklagte und der Personalrat u. a., welche Tarifverträge bei der Beklagten zur Anwendung gebracht werden sollten und trafen Regelungen zur Arbeitszeit. Daneben enthielt die "Besondere Vereinbarung" vom 31 . März 1964 die Verpflichtung der Beklagten, mit dem Gehalt für den Monat April eine weitere zusätzliche Sonderzahlung in Höhe von 2/3 eines Gehaltes an die Arbeitnehmer zu leisten. Die "Besondere Vereinbarung" vom 31. März 1964 wurde in der Folgezeit von mehreren, im Wesentlichen inhaltsgleichen Vereinbarungen ersetzt. Die letzte Vereinbarung dieser Art stammt vom 22. Mai 2000 und trägt den Titel "Betriebsvereinbarung zwischen Vorstand und Personalrat der XXX (Anlage K 5, Blatt 40 f d. A.). Da die Vereinbarung anfangs auf gelbem Papier gedruckt war, wird sie im Betrieb der Beklagten allgemein als "BV Gelbe Seiten" bezeichnet.

Die "BV Gelbe Seiten" enthält u. a. Regelungen zur Arbeitszeit, zu Beschäftigungszeiten, zur Dienstzeit und zu Zulagen und Zuschlägen, mit denen sie von den Regelungen des BAT abweicht.

Des Weiteren enthält die "BV Gelbe Seiten" unter Ziffer 8 c) eine Regelung, nach der die dort aufgelisteten Tarifverträge bei der Beklagten gelten sollen. Genannt ist hier unter dem dritten Spiegelstrich der "Tarifvertrag über eine Zuwendung für Angestellte".

Unter Ziffer 8 e) enthält die BV Gelbe Seiten folgende Regelung:

"Zusätzlich erhalten die Mitarbeiter eine weitere Sonderzahlung. Die Sonderzahlung wird in Höhe des Gehaltes bzw. des Lohnes für den Monat April einschließlich der in Monatsbeträgen gezahlten Zulagen geleistet.

...

Die Sonderzahlung ist mit der April-Vergütung fällig. Ausscheidende Mitarbeiter erhalten die anteilige Sonderzahlung mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses . Ein Urlaubsgeld nach Tarifvertrag wird nicht gezahlt. "

Weiterhin enthält die "BV Gelbe Seiten" folgende Schlussbestimmungen:

"1. Stellt sich durch rechtskräftiges Gerichtsurteil heraus, dass Teile dieser Vereinbarung rechtswidrig sind, werden diese Teile durch die rechtmäßig anerkannten Regelungen ersetzt. Die übrigen Te...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge