Entscheidungsstichwort (Thema)
Verpflichtung einer Körperschaft des öffentlichen Rechts zur Zahlung eines jährlich wiederkehrender Gratifikationen. Entgeltsteigerungen gemäß den Tariflohnerhöhungen nach dem Vergütungstarifvertrag
Leitsatz (redaktionell)
Es ist die Kenntnis bei Arbeitnehmern vorauszusetzen, dass sich Vergütungssysteme aus Komponenten unterschiedlicher Rechtsnatur zusammensetzen können. Nur wenn der Arbeitgeber zweifelsfrei zum Ausdruck bringt, eine bestimmte Leistung solle, unabhängig vom Schicksal ihrer gegenwärtigen Rechtsgrundlage, zukünftig verlangt werden können, liegt eine eigenständige individualvertragliche Zusage vor.
Normenkette
BGB § 154 Abs. 2, § 305 c Abs. 2
Verfahrensgang
ArbG Hamburg (Entscheidung vom 17.02.2006; Aktenzeichen 27 Ca 441 /04) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 17. Februar 2006 - 27 Ca 441 /04 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Verpflichtung der Beklagten, der Klägerin eine jeweils im April fällige Sonderzahlung (14. Monatsgehalt) zu gewähren. Weiterhin sind Verpflichtungen der Beklagten zur Zahlung der Entgeltsteigerungen gemäß den Tariflohnerhöhungen nach dem Vergütungstarifvertrag zum Bundesangestelltentarifvertrag (BAT) seit dem 01. Januar 2004, dem nach dem BAT zustehenden 13. Monatsgehalt sowie zur Zahlung der Sonderzuwendung nach dem Tarifvertrag über eine Zuwendung für Angestellte (Zuwendungstarifvertrag) im Streit. Darüber hinaus streiten die Parteien über eine Sonderzuwendung nach dem Tarifvertrag VKE-West.
Die Beklagte ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts mit ca. 370 Mitarbeitern. Sie gehört keinem Arbeitgeberverband an. Die Klägerin ist bei der Beklagten seit dem 1. Juli 1991 beschäftigt. Der Einstellung ging ein Einstellungsgespräch voraus. Dem Arbeitsverhältnis liegt der Arbeitsvertrag vom 01. November 1994 (Anl. K1, BI. 34 d. A.) zu Grunde, welcher u. a. folgende Bestimmungen enthält:
"§ 3
Das Arbeitsentgelt errechnet sich nach Vergütungsgruppe VII BAT.
§ 6
.... Die im BAT enthaltenen Pflichten, insbesondere die Schweigepflicht, sind von ihr - ihm zu beachten. "
Die Beklagte traf mit dem bei ihr gebildeten Personalrat erstmals am 31. März 1964 eine "besondere Vereinbarung". Darin vereinbarten die Beklagte und der Personalrat unter anderem, welche Tarifverträge bei der Beklagten zur Anwendung gebracht werden sollten und trafen Regelungen zur Arbeitszeit. Daneben verpflichtete sich die Beklagte in der "besonderen Vereinbarung" vom 31. März 1964, mit dem Gehalt für den Monat April eine weitere zusätzliche Sonderzahlung in Höhe von zwei Dritteln eines Monatsgehaltes an die Arbeitnehmer zu leisten.
Die "besondere Vereinbarung" vom 31 .03.1964 wurde in der Folgezeit von mehreren, im Wesentlichen inhaltsgleichen Vereinbarungen ersetzt. Die letzte Vereinbarung dieser Art stammt vom 22 .05.2000 und trägt den Titel "Betriebsvereinbarung zwischen Geschäftsführung, Vorstand und Personalrat der XXX Hamburg" (Anl. K 5, BI. 40 ff. d. A.). Da die Vereinbarung anfangs auf gelbem Papier gedruckt war, wird sie im Betrieb der Beklagten allgemein als "BV Gelbe Seiten" bezeichnet.
Die BV Gelbe Seiten enthält unter anderem Regelungen zur Arbeitszeit, zu Beschäftigungszeiten, zur Dienstzeit und zu Zulagen und Zuschlägen, mit denen sie von den Regelungen des BAT abweicht. Unter Ziffer 8. c) enthält die BV Gelbe Seiten eine Regelung, nach der die dort aufgelisteten Tarifverträge bei der Beklagten gelten sollen. Genannt ist hier unter dem 3. Spiegelstrich der "Tarifvertrag über eine Zuwendung für Angestellte". Ziffer 8. e) der BV Gelbe Seiten lautet auszugsweise:
"Zusätzlich erhalten die Mitarbeiter eine weitere Sonderzahlung. Die Sonderzahlung wird in Höhe des Gehaltes bzw. des Lohnes für den Monat April einschließlich der in Monatsbeträgen gezahlten Zulagen geleistet.
Die Sonderzahlung ist mit der April-Vergütung fällig. Ausscheidende Mitarbeiter erhalten die anteilige Sonderzahlung mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses .
Ein Urlaubsgeld nach Tarifvertrag wird nicht gezahlt."
Weiterhin enthält die BV Gelbe Seiten folgende Schlussbestimmungen
"1. Stellt sich durch rechtskräftiges Gerichtsurteil heraus, dass Teile dieser Vereinbarung rechtswidrig sind, werden diese Teile durch die für rechtmäßig anerkannten Regelungen ersetzt. Die übrigen Teile dieser Vereinbarung bleiben davon unberührt und in Kraft.
2. Diese Vereinbarung löst alle bisherigen Vereinbarungen zwischen dem Personalrat und dem Vorstand der XXX Hamburg ab. Sie tritt am 01.Juli 2000 in Kraft.
3. Die Regelungen dieser Vereinbarung können mit einer Frist von drei Monaten zum Jahresende einzeln oder in ihrer Gesamtheit gekündigt werden. Die Kündigung ist erstmals möglich zum 31 .12.2000."
Mit den von ihr gewährten Leistungen wollte die Beklagte gegenüber der im öffentlichen Dienst üblichen Vergütung einen deutlichen Abstand wahren, um der besonderen Motivation ihrer Mitarbeiter und deren guter Leistungen ...