Verfahrensgang
ArbG Hamburg (Urteil vom 27.10.2000; Aktenzeichen 2 Ca 115/00) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 27. Oktober 2000 – 2 Ca 115/00 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Berechtigung der Beklagten, vom Nettoeinkommen der Klägerin monatlich einen Anteil von 1,25 % ihres Bruttoeinkommens als Beitrag zu einer betrieblichen Altersversorgung einzubehalten.
Die Klägerin ist seit dem 01. Oktober 1981 als Abteilungssekretärin bei der Beklagten, einer Anstalt des öffentlichen Rechtes, zu einem Gehalt entsprechend der Vergütungsgruppe V c der Anlage 1 a zum Bundesangestellten-Tarifvertrag (BAT) beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis findet der BAT auch im Übrigen kraft einzelvertraglicher Vereinbarung Anwendung (Arbeitsvertrag, Blatt 30, 32 der Akte). Ferner regelt der Arbeitsvertrag:
„§ 6
Die zusätzliche Alters- und Hinterbliebenenversorgung richtet sich nach dem Gesetz über die zusätzliche Alters- und Hinterbliebenenversorgung für Angestellte und Arbeiter der Freien und Hansestadt Hamburg (Ruhegeldgesetz) in der jeweils geltenden Fassung in Verbindung mit § 6 des Personalstatuts der Hamburgischen Wohnungsbaukasse.”
Das Personalstatut der Hamburgischen Wohnungsbaukasse vom 02. November 1954 in der geänderten Fassung vom 29. Mai 1984 (Blatt 32 der Akte) bestimmt:
„§ 6
Zusätzliche Alters- und Hinterbliebenenversorgung
(1) Die zusätzliche Alters- und Hinterbliebenenversorgung regelt sich für die Angestellten sinngemäß nach dem Gesetz über Gewährung von Ruhegeld und Hinterbliebenenversorgung für Hamburgische Staatsangestellte in der jeweils geltenden Fassung.
Für die Arbeitnehmer der Freien und Hansestadt Hamburg ist die Zusatzversorgung durch Gesetz geregelt. Das 1. Ruhegeldgesetz in der Form der Bekanntmachung vom 30. Mai 1995 (HmbGVBl S. 107) gilt für die vor dem 01. April 1995 eingestellten Arbeitnehmer, das 2. Ruhegeldgesetz vom 07. März 1995 (HmbGVBl S. 53) für die nach dem 31. März 1995 eingestellten Arbeitnehmer. Eine Zusatzversorgung über die Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL) findet mit einigen, hier nicht einschlägigen Abweichungen, nicht statt.
§ 1 a des 1. RGG wurde im Anschluss an den Tarifabschluss über die Zusatzversorgung durch die VBL durch das 14. Gesetz zur Änderung des 1. Ruhegeldgesetzes (Drucksache 16/2259) wie folgt geändert:
„Die Arbeitnehmer leisten einen Beitrag zu den Versorgungsausgaben. Der Anfangsbeitragssatz beträgt 1,25 v. H.”
Das Aufkommen aus diesen Beiträgen wird nach § 1 d des 1. RGG einem Sondervermögen zugeführt. Dieses Sondervermögen wird nach § 8 des Gesetzes über das Sondervermögen „Zusatzversorgung der Freien und Hansestadt Hamburg” getrennt vom übrigen Vermögen der Stadt Hamburg gehalten und darf nach § 3 des Gesetzes ausschließlich zur Entlastung von Zusatzversorgungsaufwendungen verwendet werden.
Nach § 1 e des 1. RGG erfolgt bei einem vorzeitigen Ausscheiden des Arbeitnehmers die Erstattung der vom Arbeitnehmer entrichteten Beiträge ohne Zinsvergütung und ohne Erhebung von Verwaltungskosten oder Auslagen.
Auf Grund dieser Gesetzesänderung zog die Beklagte erstmals von der Vergütung der Klägerin für August 1999 vom Nettoverdienst einen rechnerischen Anteil von 1,25 % der Bruttovergütung ab, nämlich 35,37 DM (Blatt 39 f d.A.). Bis einschließlich Januar 2000 behielt die Beklagte Abzugsbeträge von insgesamt 230,93 DM ein. Sie beabsichtigt, auch künftig diesen Anteil von der Vergütung der Klägerin einzubehalten.
Nach einer Mitteilung der Oberfinanzdirektion vom 11. Februar 2000 (Blatt 75 d.A.), sind die Versorgungsbeiträge der Arbeitnehmer als Werbungskosten bei den Einkünften aus nicht selbständiger Tätigkeit abzugsfähig.
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, der Beklagten stehe ein Anspruch auf diesen Einbehalt von ihrem Nettoverdienst nicht zu. Dazu sei die Beklagte schon arbeitsvertraglich nicht berechtigt, weil die Anwendung der „Jeweiligkeitsklausel” im Arbeitsvertrag gegen § 315 BGB, § 2 Kündigungsschutzgesetz und § 134 BGB verstoße. Außerdem sei die Geschäftsgrundlage des Arbeitsvertrages weggefallen, die sich auf eine beitragsfreie Zusatzversorgung erstreckt habe.
Ferner verstoße das Änderungsgesetz der Freien und Hansestadt Hamburg vom 14. Juli 1999, das die Beitragspflicht einführe, gegen höherrangiges Recht. Der Freien und Hansestadt Hamburg fehle die Gesetzgebungskompetenz, weil es sich um Regelungen auf dem Gebiet der Sozialversicherung und des Arbeitsrechtes handele, für die der Bund insoweit, allein zuständig sei. Außerdem handele es sich um eine verfassungswidrige Sonderabgabe.
Materiell verletzte das Änderungsgesetz ihre Grundrechte aus Artikel 14 Grundgesetz, weil in ihre durch das 1. RGG begründeten Versorgungsanwartschaften und ihre Arbeitsvergütung ungerechtfertigt eingegriffen werde. Durch den Eigenanteil komme es zu einer Senkung des fiktiven Nettoeinkommens und zu einer Reduzierung des Wertes der zugesagten Versorgung. Dies...