Entscheidungsstichwort (Thema)
Unterschiedliche Kündigungsfristen für Arbeiter und Angestellte in einem Tarifvertrag
Leitsatz (amtlich)
In der unterschiedlichen Regelung der Kündigungsfristen für Arbeiter und Angestellte in § 15 des Manteltarifvertrags für gewerbliche Arbeitnehmer und Angestellte des Gas- und Wasserinstallateur- und Klempner-Handwerks im Gebiet der Freien und Hansestadt Hamburg in der Fassung vom 12. April 1995 liegt kein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 ff.
Normenkette
MTV Art. 3; MTV § 15
Verfahrensgang
ArbG Hamburg (Urteil vom 31.01.1997; Aktenzeichen 3 Ca 381/96) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 31. Januar 1997 – 3 Ca 381/96 – wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten der Berufung.
Die Revision gegen dieses Urteil wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Länge der einzuhaltenden Kündigungsfrist.
Der Kläger war bei der Beklagten, die ein Unternehmen für Sanitär-Installationen betreibt, als Installateur seit dem 01. Oktober 1995 beschäftigt. Kraft einzelvertraglicher Vereinbarung fanden die Bestimmungen des Manteltarifvertrages für gewerbliche Arbeitnehmer und Angestellte des Gas- und Wasserinstallateur- und Klempner-Handwerks im Gebiet der Freien und Hansestadt Hamburg in der Fassung vom 12. April 1995 (im folgenden MTV) auf das Arbeitsverhältnis der Parteien Anwendung. Die Beklagte beschäftigt in der Regel nicht mehr als fünf Arbeitnehmer ausschließlich der Auszubildenden.
Die Beklagte kündigte dem Kläger das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 19. September 1996 zum 30. September 1996 aus betrieblichen Gründen.
Gemäß § 15 Nr. 6 AbMTV (Bl. 16 d.A.) gilt für gewerbliche Arbeitnehmer nach einer Betriebszugehörigkeit von über einem Jahr eine Kündigungsfrist von 6 Werktagen. Nach § 15 Nr. 6 Ba gilt für Angestellte nach Ablauf der Probezeit eine Kündigungsfrist von 6 Wochen zum Schluß eines Kalendervierteljahres.
Der Kläger hat die Ansicht vertreten, die unterschiedlichen Kündigungsfristen für gewerbliche Arbeitnehmer und Angestellte gemäß den Regelungen des MTV verstießen gegen den aus Artikel 3 Grundgesetz (GG) hergeleiteten arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz. Sachliche Gründe für eine unterschiedliche Behandlung zwischen gewerblichen Arbeitnehmern und Angestellten seien nicht erkennbar. Der Kläger habe daher Anspruch auf die Einhaltung der Kündigungsfrist, wie sie für die Angestellten vorgesehen sei.
Der Kläger hat beantragt,
festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung vom 19. September 1996, zugegangen am 21. September 1996, nicht aufgelöst worden ist, sondern bis zum 31. Dezember 1996 fortbestanden hat.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat im wesentlichen vorgetragen, das Klempnergewerbe sei mit dem Hauptbaugewerbe vergleichbar. Die Arbeitgeber des Klempnerhandwerks seien gehalten, auf Witterungseinflüsse schnell zu reagieren. Witterungsbedingt könnten häufig Arbeiten nicht weiter durchgeführt werden. Aus diesem Grunde seien die Kündigungsregelungen auch bei der Neufassung des Tarifvertrages im Jahr 1995 in Kenntnis der Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesarbeitsgerichts aus den früheren Tarifverträgen nach ausdrücklicher Verhandlung beibehalten worden.
Das Arbeitsgericht Hamburg hat mit Urteil vom 31. Januar 1997 – 3 Ca 381/96 – die Klage abgewiesen. Es hat seine Entscheidung im wesentlichen damit begründet, die Tarifvertragsparteien seien durch § 622 Abs. 4 Satz 1 BGB zwar nicht zu Regelungen ermächtigt, die den Gesetzgeber selbst durch die Verfassung verboten seien und den Artikel 3 GG verletzen. Das gelte aber nur, wenn sachliche Gründe für eine unterschiedliche Behandlung nicht vorlägen. An sachlichen Gründen für eine unterschiedliche Regelung fehle es nur dann, wenn eine schlechtere Rechtsstellung der gewerblichen Arbeitnehmer nur auf einer pauschalen Differenzierung zwischen den Gruppen der Angestellten und Arbeitern beruhe. Für das Klempnerhandwerk sei aber eine sachliche Differenzierung gegeben. Es lägen vergleichbare Gründe wie für das Bauhauptgewerbe vor. Es sei deswegen ein besonderes Interesse der Arbeitgeberseite anzuerkennen, auf Konjunktureinbrüche und Auftragsrückgänge unmittelbar und ohne erhebliche Verzögerung reagieren zu können.
Hinsichtlich der weiteren Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils (Bl. 32 – 34 d.A.) verwiesen.
Gegen dieses ihm am 26. Februar 1997 zugestellte Urteil hat der Kläger am 26. März 1997 Berufung eingelegt und diese am 22. April 1997 begründet.
Zur Begründung seiner Berufung führt der Kläger im wesentlichen an, das Klempnergewerbe sei nicht mit dem Bauhauptgewerbe vergleichbar. Sowohl im Bauhauptgewerbe als auch im Gärtnereibereich komme es witterungsbedingt zu starken saisonalen Schwankungen, so daß eine sachliche Rechtfertigung von unterschiedlichen Kündigungsfristen durchaus noch nachvollziehbar sei. Für da...