Entscheidungsstichwort (Thema)
mittelbare Diskriminierung. Altersteilzeit. Gleichbehandlung. Aufstockungsbetrag, Altersteilzeit, Teilzeitarbeitsverhältnis
Leitsatz (amtlich)
Kein Anspruch auf Aufstockungsbetrag im Altersteilzeitmodell, wenn schon zuvor Teilzeitvertrag aus anderen Gründen bestand, keine mittelbare Diskriminierung von Frauen.
Orientierungssatz
1. Hinweis der Kammer: Kein Anspruch auf Aufstockungsbetrag im Altersteilzeitmodell, wenn schon zuvor Teilzeitvertrag aus anderen Gründen bestand; keine mittelbare Diskriminierung von Frauen.
2. Kein Gleichstellungsanspruch aus § 612 Abs 3 BGB, Art 141 EGVtr.
3. Revision eingelegt unter dem Aktenzeichen 9 AZR 710/00.
Normenkette
EG-Vertrag Art. 141; BGB § 612 Abs. 3
Verfahrensgang
ArbG Hamburg (Urteil vom 26.10.1999; Aktenzeichen 4 Ca 302/99) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 26. Oktober 1999 – 4 Ca 302/99 – wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin verlangt von der Beklagten die Zahlung eines zusätzlichen Entgelts seit Oktober 1999.
Die Klägerin, die am 01. Oktober 1999 das 55. Lebensjahr vollendet hat, ist bei der Beklagten seit dem 17. August 1981 als Sozialpädagogin beschäftigt. Bis zum 31. Juli 1992 arbeitete die Klägerin mit einer regelmäßigen Arbeitszeit von 50 % der regelmäßigen Arbeitszeit einer Vollzeitbeschäftigten, vom 01. August 1992 bis zum 31. Dezember 1995 war sie vollzeitig tätig. Seitdem arbeitet sie wieder mit einer regelmäßigen Arbeitszeit von 50 % der regelmäßigen Arbeitszeit einer Vollzeitbeschäftigten, zur Zeit also mit 19,25 Stunden pro Woche.
Die Klägerin ist Leiterin einer Elternschule. Diese Tätigkeit umfasst die Führung und Leitung der Einrichtung, Anleitung von Praktikantinnen und Praktikanten, organisatorische und verwaltungsmäßige Durchführung des Betriebs, Programm- und Konzeptplanung, Entwicklung bedarfsdeckender Formen von Familienförderung, Kooperation mit Institutionen im Stadtteil, Öffentlichkeitsarbeit und Programmplanung, Rekrutierung und Beratung von Kursleitungen, Gestaltung und Weiterentwicklung praktischer Handlungsansätze sowie Kontakte zu und Informationen von Teilnehmerinnen und Teilnehmern.
Mit Schreiben vom 11. Februar 1999, wegen dessen Einzelheiten auf Blatt 7 der Akte verwiesen wird, beantragte die Klägerin erfolglos, ab dem 01. Oktober 1999 in den Genuss von Altersteilzeit zu kommen.
In dem für den Bereich der Beklagten seinerzeit geltenden Tarifvertrag zur Regelung der Altersteilzeitarbeit in der Fassung vom 05. Mai 1998 war unter anderem vorgesehen:
„§ 2 Voraussetzungen der Altersteilzeit
(1) Der Arbeitgeber kann mit vollbeschäftigten Arbeitnehmern, die das 55. Lebensjahr und eine Beschäftigungszeit von 5 Jahren vollendet haben und in den letzten 5 Jahren an mindestens 1080 Kalendertagen mit der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit beschäftigt waren, die Änderung des Arbeitsverhältnisses in ein Altersteilzeitarbeitsverhältnis auf der Grundlage des Altersteilzeitgesetzes vereinbaren …
(2) Arbeitnehmer, die das 60. Lebensjahr vollendet haben und die übrigen Voraussetzungen des Absatzes 1 erfüllen, haben Anspruch auf Vereinbarung eines Arbeitsteilzeitarbeitsverhältnisses …
(3) Der Arbeitgeber kann die Vereinbarung eines Altersteilzeitarbeitsverhältnisses ablehnen, soweit dringende dienstliche bzw. betriebliche Gründe entgegenstehen.”
Die Klägerin hat sich im ersten Rechtszug auf den Standpunkt gestellt, sie habe Anspruch auf Entgelt in der Höhe, wie dieses an ehemals Vollzeitbeschäftigte gezahlt wird, die jetzt in Altersteilzeit arbeiten. Sie hat vorgetragen, ihre Arbeitszeitreduzierung sei zunächst darin begründet gewesen, dass sie und ihr Ehemann, der seine Arbeitszeit auf 2/3 reduziert habe, drei Kinder großgezogen hätten. Als die Kinder größer gewesen seien, sei die Reduzierung der Arbeitszeit beibehalten worden, um es anderen zu ermöglichen, einen Arbeitsplatz zu bekommen oder zu behalten.
Die Klägerin erfülle zum 01. Oktober 1999 vom Alter her die Voraussetzungen der Altersteilzeit nach dem Altersteilzeitgesetz und dem Tarifvertrag zur Altersteilzeit. Die Beklagte handhabe das Gesetz und den Tarifvertrag zur Altersteilzeit so, dass auch den Anträgen der über 55-, aber noch nicht 60-Jährigen auf Vereinbarung eines Altersteilzeitarbeitsvertrages stattgegeben werde.
Die Beklagte sei verpflichtet, die Klägerin hinsichtlich ihres Entgelts bei Beibehaltung der bisherigen Arbeitszeit so zu stellen, als würde sie in einem Altersteilzeitarbeitsverhältnis beschäftigt. Der an ehemals Vollzeitbeschäftigte gezahlte Aufstockungsbetrag nach dem Altersteilzeitgesetz in Höhe von 20 % des Arbeitsentgelts für die reduzierte Arbeitszeit, mindestens jedoch auf 70 % des bisherigen Nettoentgelts, sei auch an die Klägerin zu entrichten, abgesehen davon, dass nach dem Tarifvertrag zur Altersteilzeit sogar eine Aufstockung auf 83 % des bishe...