Zahlung eines Altersteilzeit-Aufstockungsbetrags nach Rentenbeginn

Dies gilt immer dann, wenn die betreffende Person den Aufstockungsbetrag zusätzlich zu seinem reduzierten Altersteilzeitarbeitslohn für seine Arbeitsleistung während seiner Altersteilzeit erhalten hat. Was gilt aber wenn ein Aufstockungsbeitrag erst nach dem Renteneintritt gezahlt wird?
Aufstockungsbeitrag erst nach dem Renteneintritt: Fall des FG Köln
Im Rahmen eines Klageverfahrens beim FG Köln war der Kläger bei einer GmbH angestellt und von 2009 bis 2015 im Rahmen einer Altersteilzeit tätig. Er war in dieser Zeit zu 50 % beschäftigt und erhielt in dieser Höhe ein Arbeitsentgelt sowie einen Aufstockungsbetrag i. H. v. 40 % des Brutto-Arbeitsentgelts für die Altersteilzeitarbeit, welcher im Zeitraum der Altersteilzeit gemäß § 3 Nr. 28 EStG als steuerfrei behandelt wurde. Seit 2015 bezieht er Renten und Versorgungsbezüge.
Auf Grundlage einer Vereinbarung aus 2013 partizipierte der Kläger an einem Programm eines Konzerns, welches auf den Zeitraum 2013 bis 2016 angelegt war. Dabei handelte es sich um eine Zusage, die das Unternehmen allen Mitarbeitern einer bestimmten Vertragsstufe machte und deren Auszahlungsbetrag sich nach der Entwicklung des Aktienkurses einer AG in einer vierjährigen Periode der Unternehmensentwicklung richtete.
Erst zum Ende des Zeitraums 2016 konnte die Unternehmensentwicklung in dieser Zeit ermittelt und sodann Anfang 2017 ausgezahlt werden. In der Zusage war festgelegt, dass ab dem Eintritt in die Altersteilzeit die Zielbeträge für alle Performance-Perioden, in denen ein Teilnehmer zu Beginn der Altersteilzeit aktiv an dem Programm teilnimmt, anteilig basierend auf 50 % des bisherigen Vollzeit-Funktionseinkommens berechnet werden. Zusätzlich erfolgt eine Aufstockung in Höhe von 40 % des anteiligen Zielbetrages während der Altersteilzeit" Anfang 2017 erhielt der Kläger einen Betrag ausgezahlt. Hinzu kam ein Altersteilzeit-Aufstockungsbetrag.
Finanzamt: Aufstockungsbetrag ist steuerpflichtiger Arbeitslohn
Das Finanzamt behandelte den Aufstockungsbetrag als steuerpflichtigen Arbeitslohn. Eine Steuerbefreiung im Rentenalter sei nicht Ziel des § 3 Nr. 28 EStG und würde dem Sinn und Zweck der Norm widersprechen.
Die Altersteilzeit solle älteren Arbeitnehmern einen gleitenden Übergang vom Erwerbsleben in die Altersrente über den Weg der Arbeitszeitverkürzung bei ausreichender Versorgung ermöglichen. Damit dem Arbeitnehmer die staatliche Förderung durch Aufstockungsbeträge ungeschmälert zufließe, stelle § 3 Nr. 28 EStG bestimmte Arbeitgeberleistungen steuerfrei, die während der Altersteilzeit gezahlt würden. Mit dieser Zielrichtung wäre eine Steuerbefreiung für Zahlungen an Steuerpflichtige, die sich bereits im Rentenalter befänden, nicht vereinbar. Zum Zuflusszeitpunkt im Jahr 2017 habe der Kläger bereits Versorgungsbezüge erhalten und somit nicht mehr zum begünstigten Personenkreis des § 2 ATZG gehört.
FG: Aufstockungsbetrag ist steuerfrei
Dies sieht das FG Köln (Urteil v. 22.11.2021, 6 K 1902/19) aber anders. Der Aufstockungsbetrag ist steuerfrei, da der Kläger den Aufstockungsbetrag zusätzlich zu seinem reduzierten Altersteilzeitarbeitslohn für seine Arbeitsleistung während seiner Altersteilzeit erhalten hat.
Ungeschriebene Voraussetzung der Steuerbefreiung gemäß § 3 Nr. 28 EStG i. V. m. § 3 Abs. 1 Nr. 1 ATZG sei es, dass die persönlichen Voraussetzungen nach § 2 ATZG erfüllt sind. § 3 Nr. 28 EStG und das Altersteilzeitgesetz dienen dazu, Arbeitnehmern Anreize für eine vorzeitige Reduktion der Arbeitszeit zu liefern, damit Arbeitgeber erforderliche Umstrukturierungen im Personalbestand durchführen können. Dieser Zweck soll und könne indessen nur bei Personen erreicht werden, die die persönlichen Voraussetzungen des § 2 ATZG erfüllen, d.h. noch nicht im Ruhestand sind.
Zeitpunkt des Vorliegens der Voraussetzunegn
Anders als das Finanzamt meine, müssten die Voraussetzungen aber nicht im Zeitpunkt des Zuflusses vorliegen, sondern in dem Zeitraum, für den die fraglichen Einnahmen geleistet werden. Gerade der vom Finanzamt bemühte Gesetzeszweck lege diese Auslegung nahe.
So sollen die Aufstockungsbeträge steuerfrei belassen werden, um Arbeitgebern Instrumente zur personellen Umstrukturierung an die Hand zu geben. Um diese Umstrukturierungen zu ermöglichen, zahlt der Arbeitgeber Aufstockungsbeträge i. S. d. § 3 Abs. 1 Nr. 1 ATZG. Diese gesetzgeberisch geforderte und intendierte Finalität der Zahlung, die dem für die Steuerbarkeit auf Grundlage von § 19 Abs. 1 Nr. 1 EStG erforderlichen Veranlassungszusammenhang entspricht, könne nicht durch einen späteren Zu-lusszeitpunkt durchbrochen werden.
Ebenso wie der steuerpflichtige Arbeitslohn wird auch die Zahlung des steuerfreien Arbeitslohnes in Form des Aufstockungsbetrages während der Altersteilzeit durch die Tätigkeit des Steuerpflichtigen veranlasst. Nach Beendigung der Altersteilzeit, also dem Eintritt in den Ruhestand, kann kein Veranlassungszusammenhang mehr bestehen und damit auch kein Aufstockungsbetrag erdient werden.
Revisionsverfahren beim BFH anhängig
Da soweit ersichtlich, bislang noch keine Entscheidung des Bundesfinanzhofs zur Frage ergangen ist, ob die Auszahlung des Aufstockungsbetrages nach Eintritt des Steuerpflichtigen in den Ruhestand die Steuerbefreiung gemäß § 3 Nr. 28 EStG ausschließt, hat das FG Köln die Revision zugelassen, welche auch eingelegt wurde. Die Entscheidung des BFH bleibt abzuwarten (Az beim BFH VI R 4/22).
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